Nächster deutscher WM-Gegner:Gegen Kolumbien auf die harte Tour
von Frank Hellmann
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Wo stehen die DFB-Frauen bei der WM? Das 6:0 gegen Marokko war ein lockerer Aufgalopp, am Sonntag gegen Kolumbien dürfte ein anderer Wind wehen.
Die Herausforderungen für die DFB-Frauen im Kolumbienspiel: die Klasse des Top-Talents Linda Caicedo (rechts) und das robuste Spiel ihrer Teamkameradinnen
Quelle: REUTERS/Jaimi Joy
Joti Chatzialexiou - Sportlicher Leiter der DFB-Nationalmannschaften - hat für das zweite WM-Gruppenspiel der deutschen Frauen gegen Kolumbien (Sonntag, 11.30 Uhr MESZ/ARD) die Sinne geschärft. Man müsse sich gegen einen "Gegner auf Augenhöhe" auf eine ganz andere Gangart einstellen, sagte er am freien Mittwoch, den das Team zu einem Ausflug in einen Tierpark nutzte.
Wenn es "ein bisschen rustikaler" zugehen sollte, "dann sollte man auch das Beinchen nicht zurückziehen, sondern hinhalten", so Chatzialexiou: "Das ist die Devise." Darauf müssten die deutschen Fußballerinnen eingestellt sein, "und nicht groß lamentieren und nicht immer zur Schiedsrichterin schauen", warnte der 47-Jährige.
Großer Respekt vor Top-Talent Linda Caicedo
Überhaupt macht das nach eigenem Bekunden "turniererfahrenste Mitglied" der Delegation viele Themen aus, "an denen wir noch arbeiten können". Vor allem gelte es, "bessere Entscheidungen unter Druck zu treffen".
Weil Kolumbien mit der 18-jährigen Linda Caicedo ein Top-Talent aufbietet, wäre es wichtig, dass auf deutscher Seite endlich Lena Oberdorf mitwirken kann. Niemand grätscht anderen so gerne in die Parade wie sie.
Beindruckt ist Chatzialexiou - enger Vertrauter von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg - von den Topnationen, die "in der Kognition überragend, in der Spielgeschwindigkeit top" seien:
Brasilien möglicher Gegner im Achtelfinale
Zudem hat ihm Brasilien als möglicher deutscher Achtelfinalgegner außerordentlich gut gefallen: "Sie sind inzwischen sehr weit weg von einer Abhängigkeit von Marta. Brasilien wird mit Sicherheit auch ein Wörtchen mitreden, was den WM-Titel angeht."
Auch die Erweiterung auf 32 Teilnehmer (gegenüber 24 bei der WM 2019) sei kein Fehler, "weil es schön ist, zu sehen, dass sie alle kämpfen und alles geben." Die Neulinge seien gegen den Ball gut aufgestellt, mit dem Ball brauche die Entwicklung noch ein bisschen.
Niveau der WM beeindruckt
Wie FIFA-Präsident Gianni Infantino, den diese WM nach eigener Aussage zu einem "glücklichen Mann" mache, ist auch der DFB-Manager beeindruckt, "welche Intensität die Spiele teilweise haben".
Er habe beobachtet: "Es geht hin und her, tolle Zweikämpfe, tolle Eins-gegen-Eins-Situationen, die Spielerinnen agieren auf ganz hohem technischem Niveau. Es macht einfach Spaß zuzuschauen, das honorieren die Menschen."
Top-TV-Quote im Marokko-Spiel
Insbesondere in Deutschland: Die TV-Quote (5,61 Millionen im ZDF) beim Sieg über Marokko sei ein "schönes Zeichen", so Chatzialexiou: "Ich weiß gar nicht, ob sich unsere Spielerinnen mehr über das 6:0 oder über die Einschaltquote gefreut haben."
Überdies kann dem DFB nichts Besseres passieren, wenn die Frauen bei dieser WM einen Kontrapunkt zur Krise der Männer setzen. Dazu müssen sie vielleicht auch gar nicht den dritten Stern gewinnen, sondern erstmal reichen Auftritte mit Lust und Leidenschaft.
"Für uns als Verband wäre es wichtig, ein tolles Turnier zu spielen - unabhängig von den Männern", sagte Chatzialexiou: "Der Sommer war dürr."