DFB-Kapitänin Popp geschockt über Reaktionen zu WM-Kuss
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DFB-Kapitänin bezieht Stellung:Popp geschockt über Reaktionen zu WM-Kuss
von Gari Paubandt und Mads Poschardt
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Alexandra Popp ist entsetzt. Nicht nur über die WM-Kuss-Affäre an sich, sondern vor allem auch über Reaktionen aus Deutschland - etwa die von Karl-Heinz Rummenigge.
Fußballerin des Jahres und DFB-Kapitänin: Alexandra Popp vom VfL Wolfsburg.
Quelle: dpa
Karl-Heinz Rummenigge steht für seine Aussage zum Kuss-Skandal in der Kritik. Er verteidigte das Handeln von Luis Rubiales, beurteilte es als "mit Verlaub - absolut okay".
Am Wochenende sorgten die Fans des SC Freiburg mit ihrem Spruchband "Faust statt Kuss für Rubiales und Rummenigge - sorry, mit Verlaub - absolut okay!" deutschlandweit für Aufsehen. Jetzt legt DFB-Kapitänin Alexandra Popp im Gespräch mit dem ZDF nach:
"Es zeigt in dem Sinne auch, dass vielleicht tatsächlich auf gewissen Positionen die falschen Menschen sitzen", so die Torjägerin vom VfL Wolfsburg.
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Rummenigge ist nicht nur Aufsichtsrat des FC Bayern München, sondern auch Mitglied des Exekutivkomitees der UEFA. Außerdem ist der 67-Jährige Mitglied der sogenannten DFB-Taskforce.
WM-Kuss "einfach brutal"
Popp sei "sehr erschrocken", als sie die Bilder von Rubiales und Hermoso zum ersten Mal sah: "Eine Frau so zu untergraben vor Milliarden von Augen, ist einfach brutal. Ich glaube, wir sind mittlerweile in einem Jahrhundert, wo so etwas einfach nicht mehr sein darf, gerade auf solchen Positionen nicht sein darf."
Auch Pamela Wicker zeigt sich überrascht darüber, wie lange sich Rubiales auf der Position halten kann. Die Professorin für Sportmanagement und Sportsoziologie an der Universität Bielefeld erklärt sich das vor allem durch Abhänigkeiten: "Im Fußball ist es oft so, dass Funktionen und Positionen über Beziehungen vergeben werden", so Wicker.
Dabei gehe es viel über Netzwerken und Berufung von Gleichgesinnten. "Die Gremien sind dadurch sehr homogen. Männer ziehen Männer nach sich, das führt zu einer entsprechenden Organisationskultur", erklärt die Professorin. Doch sie sieht in dem Fall auch Hoffnung: "Womöglich ist das eine Initialzündung für eine tiefgreifendere und systematische Auseinandersetzung mit der Problematik."
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Der Mannschaftsrat der DFB-Frauen veröffentlichte schon letzte Woche ein Statement:
Rummenigge, der zuletzt Rückendeckung von Ex-DFB-Präsident Reinhard Grindel erhielt, tat genau das: Er tat es als Kleinigkeit ab. Für das Frauen-Nationalteam eine nicht akzeptable Aussage, weshalb es im Statement des Mannschaftsrates weiter heißt, es sei "traurig, wenn auch in der deutschen Fußball-Welt anscheinend noch nicht alle aufgeklärt genug sind, das einschätzen zu können".
Wie der FC Bayern auf die Aussagen Rummenigges reagieren werde, sei laut Popp dem Verein "selbst überlassen". Aber gleichzeitig wies sie im ZDF-Gespräch daraufhin, dass mit Lina Magull auch eine Bayern-Spielerin Teil des Mannschaftsrates sei, der das Statement verfasst hat.
Offizielle DFB-Reaktion: Bislang Fehlanzeige
Der DFB reagierte bislang nicht auf die Vorfälle, äußert sich weder zum Verhalten Rubiales' noch zu den Aussagen seines Gremiumsmitgliedes Karl-Heinz Rummenigge. Das Statement des Mannschaftsrates der DFB-Frauen wurde auch nicht von einer offiziellen DFB-Seite gepostet, sondern lediglich auf den privaten Profilen der Spielerinnen.
Auch von deutschen Klubs der Bundesliga kamen bislang kaum offizielle Erklärungen. Ausnahmen sind Aussagen wie die von Bayer Leverkusens Trainer Xabi Alonso, der bei "Sky" klare Worte fand: Rubiales' Verhalten sei "nicht akzeptabel", und der könne nicht im Amt bleiben in dieser Situation.
"Verheerend", "abartig", "zum Kotzen"
Die Aufsichtsratsvorsitzende des FC St. Pauli Sandra Schwedler bezeichnete Rummenigges Aussagen gegenüber dem Deutschlandfunk als "verheerend." Die Bundesliga-Aufsteigerinnen des 1.FC Nürnberg bezeichnen in einem X-Post (fr. Twitter) die "abartige Entwicklung seit dem sexuellen Übergriff während der Siegerehrung" als "zum Kotzen".
Luis Rubiales ist nach der Kuss-Affäre angezählt. Doch schon zuvor war der Chef von Spaniens Fußballverband in Kalamitäten verwickelt, darunter eine Party mit jungen Frauen.