Frauen-WM 2023: Fans zwischen Ignoranz und Ekstase

    Schwierige Mission für Matildas:Fans zwischen Ignoranz und Ekstase

    von Frank Hellmann, Wyong
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    Die Auftritte der australischen Fußballerinnen wecken Interesse und Neugier, aber nicht in jedem Winkel des Landes kommt die WM wirklich an.

    Fans der Matildas im Stadion
    In den Städten gibt es genug Fans, die die "Matildas" unterstützen
    Quelle: IMAGO/Sports Press Photo

    Man kann wahrlich nicht behaupten, dass jeder Pub in Australien sein Programm ändert, weil gerade die Frauen-Weltmeisterschaft läuft. Im Grand Hotel Wyong, das vom Namen besser klingt als es in Wahrheit ist, haben sie zwar fast ein Dutzend Fernseher für Sportübertragungen im Erdgeschoss des integrierten Pubs hängen, aber trotzdem ist noch nie Fußball gezeigt worden. Manchmal finden die Bediensteten angeblich die Sender nicht.

    Lieber Australian Football als Frauenfußball

    Die Wahrheit ist, dass es sich hier um einen Anlaufpunkt für raue, trinkfeste Herrschaften handelt, die schlicht nach den typischen Sportarten des Landes verlangen: Rugby, Cricket - und natürlich Australian Football.
    Ausgerechnet die Ortschaft mit dem Basecamp der deutschen Fußballerinnen kann sich im Kern also für Fußball nicht erwärmen, was aber auch nicht schlimm ist.

    In den Städten werden die Matildas gefeiert

    Es reicht ja, wenn in den großen WM-Städten ein Mix aus Neugier und Begeisterung entsteht, die in Einzelfällen auch in Ekstase umschlägt. Dafür steht beispielsweise Fatima Flores, die schon so etwas wie der Superfan der "Matildas", der australischen Nationalspielerinnen, geworden ist.
    Liebevoll "Football Fatty" genannt, die natürlich fürs zweite WM-Gruppenspiel gegen Nigeria (Donnerstag, 12 Uhr MESZ/live im ZDF) schon wieder aus dem Häuschen ist. Die FIFA hat mit ihr ein Werbevideo gedreht.

    Sam Kerr, die Game Changerin

    Sie war schon bei der WM 2019 in Frankreich dabei, als die australischen Fußballerinnen in Grenoble vor den Augen von FIFA-Präsident Gianni Infantino mit einem 4:1 gegen Jamaika den Achtelfinaleinzug schafften. Vierfache Torschützin: Sam Kerr.
    Es heißt bis heute, dass jene stimmungsvolle Partie am Fuße der Alpen Infantino einen Anstoß gab, das Teilnehmerfeld einer Frauen-WM schnellstmöglich zu erweitern.

    Rätselraten um Sam Kerr

    Welchen Fortschritt insbesondere der WM-Mitausrichter Australien gemacht hat, war vielleicht nicht beim schwer erkämpften 1:0 im Auftaktspiel gegen Irland zu sehen, schon eher im langen Vorlauf, in dem unter anderem ein Sieg gegen Europameister England heraussprang.
    Es ist fürs Team fast eine Tragödie, dass sich ausgerechnet die für den FC Chelsea spielende Torjägerin Kerr kurz vor dem Startschuss an der Wade verletzt hat. Besessen wird darüber spekuliert, was denn die 29-Jährige wirklich hat.

    Schock nach engeblichem Wadenriss

    Als Kyra Cooney-Cross von einem "Wadenriss" sprach, gingen Schockwellen durch die Reporterschar. Australiens Verband stellte sofort klar, dass die Mitspielerinnen nicht in die medizinischen Informationen eingeweiht seien und dass die junge Mittelfeldspielerin versehentlich die falsche Terminologie verwendet habe.
    Noch vor der dem WM-Start:
    Das mag sein, aber der Kompressionsverband um die Wade der Angreiferin ist nun einmal da. Es scheint, als könne die Ikone frühestens in der K.-o.-Runde helfen, obwohl sie doch von den Werbetafeln aller Großstädte leuchtet.
    Ihr Konterfei ist omnipräsent. Keine leichte Aufgabe für Nationaltrainer Tony Gustafsson, diesen Zwiespalt zu moderieren: seine Starspielerin nicht abzuschreiben - und ihre Vertreterinnen stark zu reden.

    Matildas werden bei Heim-WM verwöhnt

    Das zweite Gruppenspiel wird jetzt in Brisbane gespielt, wo es wärmer und sonniger als in den anderen Spielorten ist. Deshalb können hier auch vom 23. Juli bis 8. August 2032 bedenkenlos die Olympischen Sommerspiele steigen.
    Die Vergabe befördert die Stadt international aus dem Schatten von Sydney und Melbourne, und es ist ja auch kein Zufall, dass sich Australiens Nationalteam hier ihr Stammquartier gesucht hat.
    Annehmlichkeiten wie bei der Heim-WM haben Mary Fowler oder Caitlin Foord nicht mal bei ihren Vereinen in Europa: Jeder Wunsch wird ihnen im Rydges South Bank Brisbane von den Lippen abgelesen. Wer müde ist, kann vor sein Zimmer ein kleines Schild stellen, nicht gestört zu werden.

    Wyong keine Frauenfußball-Fanzone

    Am Spieltag wird es anderswo wieder laut: Die Fanzone am Tumbalong Park im Herzen von Sydney ist vielleicht kein Geheimtipp, wohl aber der Irish Pub James Squire.
    FIFA Fan Festival
    FIFA Fan Festival in Sydney vor der Eröffnung
    Quelle: Imago

    Hier treffen sich insbesondere jene Studentinnen, die aus Europa kommen und ihre dort erworbene Vorliebe für den Fußball nun in Australien teilen möchten. An einigen Orten geht das, wenn Australien spielt. Nur nicht in Wyong.

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