Fußball-WM 2023: Marokko will die Favoriten verschrecken
Erstes arabisches Land bei WM:Marokko mit dem Zeug zum Favoritenschreck?
von Frank Hellmann, Melbourne
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Marokko ist am Montag Auftaktgegner des DFB-Teams in Gruppe H. Das arabische Team hat große Fortschritte gemacht und sieht sich nicht nur als Lückenfüller.
Reynald Pedros und Ghizlane Chebbak bei der Abschluss-Pressekonferenz von Marokko.
Quelle: Reuters
Natürlich hat Ghizlane Chebbak große Augen gemacht, als die beste Fußballerin Marokkos am Sonntagmorgen das Rectangular Stadium von Melbourne zur Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die DFB-Auswahl betrat. Das Regenwetter änderte nichts am Hochgefühl. Ihr Vater, der marokkanische Nationalspieler Larbi Chebbak ist vor dreieinhalb Jahren verstorben, weshalb die 32-Jährige zuletzt immer von solch einem Moment geträumt hat.
Bei einer Fußball-WM anzutreten, war ihm nämlich in den 70er-Jahren nicht vergönnt. Wenn bei allen "Löwinnen" das Herzklopfen vor der Premiere gegen Deutschland (Montag, 10.30 Uhr MESZ/ZDF-Livestream) groß ist, dann ist bei ihr die Aufregung vielleicht am größten.
FIFA schaltet sich bei unbequemer Frage ein
Sie hat häufig genug gesagt, dass sie ihren Vater als Vorbild betrachtet - und jetzt sind es dessen Nachfolger: "Das Männerteam hat uns gezeigt, dass nichts unmöglich ist, wenn man dafür kämpft und sich konzentriert."
In Casablanca, Fès oder Tanger hoffen nicht wenige, dass in Australien mit den Frauen auf Wiedervorlage kommt, was die Männer in Katar vorgemacht haben: mit Herz, Leidenschaft und List die Favoriten verschrecken. Doch die Weltbühne bringt auch unbequeme Themen mit sich.
Männer-Team entfachte während der WM in Katar die Begeisterung der Fans:
FIFA: Bitte über Fußball sprechen
Der mediale Pflichttermin lief schon fast eine halbe Stunde, als die Frage aufkam, ob es im Team homosexuelle Spielerinnen gebe, obwohl gleichgeschlechtliche Beziehungen in Marokko verboten seien.
Ghizlane Chebbak schaute erst verdutzt, dann entgeistert und hob die Augenbrauen. Danach schritt sofort die als FIFA-Media-Officer fungierende Yara Abdallah ein:
Man solle doch bitte über Fußball sprechen, so die Beauftragte weiter. Die Spielerin beschied mit ihrer Mimik, dass ihr damit aus der Patsche geholfen war.
Marokkos König pusht die "Löwinnen"
Auf Nachfrage erklärte der Weltverband, dass die Spielerin vor einer "für sie gefährlichen Situation in ihrer Heimat" geschützt werden musste. Dies sei die klare Direktive bei derartigen Fragen.
Zuvor hatte Ghizlane Chebbak ausführlich erzählt, welche Fortschritte es bereits gegeben habe. Bis vor wenigen Jahren fanden Frauensportarten kaum Beachtung, kickten nur eine Handvoll Amateurinnen.
Marokko Ausrichter des Afrika Cups der Frauen
Doch aus der Ächtung wurde Achtung, als Marokko mit der Ausrichtung des Afrika Cups der Frauen 2022 betraut wurde. König Mohamed VI. verfügte persönlich, dass die Frauen das hochmoderne Trainingszentrum der Männer nutzten.
Zudem erging die königliche Direktive an den Fußball-Verband, einen hochrangigen Coach zu holen, der ein konkurrenzfähiges Ensemble formt.
Erfahrener Trainer musste her
Die Wahl fiel im November 2020 auf den ehemaligen französischen Nationalspieler Reynald Pedros, der mit den Frauen von Olympique Lyon zweimal die Champions League (2018 und 2019) gewonnen hatte. Der 51-Jährige kam zudem zuletzt mehrfach in den Austausch mit Männer-Nationaltrainer Walid Regragui.
Sein französischer Landsmann hat ihm und seinen Spielerinnen von seinen epischen WM-Erlebnissen in der katarischen Wüste erzählt.
Auch Pedros möchte nun "der Welt zeigen, dass es nicht so einfach sein wird, uns zu schlagen". Während des Trainingslagers in Österreich sprang für seine stolze Gemeinschaft gegen die Schweiz und Italien jeweils ein 0:0 heraus.
Marokkos Team steht für gelungene Emanzipation
Einige Spielerinnen gelten schon als Symbole gelungener Emanzipation. Eine besondere Vita bringt zudem Rosella Ayana ein, im englischen Reading als Tochter eines marokkanischen Vaters und einer schottischen Mutter geboren.
Bis zu den U17-Juniorinnen spielte die 27-Jährige noch für England, entschied sich erst spät für den Verbandswechsel: Ihr Vater soll Freudensprünge im Wohnzimmer vollführt haben, als seine für Tottenham Hotspur spielende Tochter den Elfmeter gegen Nigeria im Halbfinale des Afrika Cups verwandelte, der den Nordafrikanerinnen erst den Trip nach Australien ermöglichte.
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