"100 Tage - 7.10." - diese Botschaft hat der israelische Fußballer Sagiv Jehezkel bei einem Spiel in der Türkei in Kameras gehalten.
Quelle: Alexandre Meneghini/Reuters
Den Schriftzug "100 Tage" hatte sich Sagiv Jehezkel in schwarzen Lettern auf seine weiße Handbandage gemalt, darunter "07.10" und daneben einen Davidstern. Nachdem der israelische Rechtsaußen in der 68. Minute für seinen Verein Antalyaspor den Ausgleich im Spiel gegen Trabzonspor erzielt hatte, lief er jubelnd auf die Kameras zu und präsentierte seine Botschaft.
Er habe an die
israelischen Geiseln erinnern wollen, die die
Hamas bei ihrem
Überfall auf Israel am 7. Oktober, 100 Tage zuvor also, genommen und in den Gazastreifen verschleppt hatte. So gab es Jehezkel, laut dem türkischen Sender NTV, bei der Polizei später zu Protokoll. Er habe nicht den Krieg befürworten oder irgendjemanden provozieren wollen.
Mit einer Schweigeminute sind in Tel Aviv Tausende Israelis gegen den Krieg im Gazastreifen auf die Straße gegangen. Der Nahost-Krieg dauert bereits seit 100 Tagen an. 14.01.2024 | 0:24 min
Ermittlungen wegen "öffentlicher Anstiftung zu Hass und Feindseligkeit"
Mittlerweile hat er die Türkei in einem von der israelischen Regierung bereitgestellten Flugzeug verlassen. Israel verurteilte den Vorfall scharf. Die Türkei sei "eine dunkle Diktatur geworden, die gegen menschliche und sportliche Werte verstößt," meinte Israels Außenminister Katz.
Gaza-Krieg löst Reihe von Debatten in Sportwelt aus
Der Fall Jehezkel ist das jüngste Beispiel in einer Reihe von zahlreichen Skandalen, die Sportler weltweit durch politische Äußerungen im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas auslösten. So gab es heftige Kritik an einem pro-palästinensischen
Post des FC Bayern-Spielers Noussair Mazraoui Mitte Oktober, kurz nach Beginn der israelischen Vergeltungsangriffe auf Gaza.
Und der
Spieler von Mainz 05, Anwar El Ghazi, wurde vom Verein gar freigestellt, nachdem er sich solidarisch mit den Palästinensern gezeigt und einen anti-israelischen Post geteilt hatte.
Der Nahost-Konflikt macht vor dem Fußball nicht halt. Zu dem Thema posteten einige Spieler problematische Statements. Nun reagierte der erste Bundesliga-Verein.18.10.2023 | 1:20 min
Ähnlich ging nun auch Jehezkels Verein Antalyaspor wegen dieser angeblich anti-palästinensischen Aktion vor und warf den Israeli aus dem Kader, "weil er gegen die nationalen Werte des Landes gehandelt hat," so die Erklärung des Vereins vom Sonntagabend. Zu diesen nationalen Werten gehört die Solidarität mit dem palästinensischen Volk.
Erdogan nannte Hamas "Befreiungsgruppe"
Seit Wochen teilt der türkische Staatspräsident heftig gegen Israel aus.
Recep Tayyip Erdogan, selbsternannter Verteidiger der Muslime weltweit, hatte die Hamas nach dem Massaker vom 10. Oktober, bei dem über 1.100 Menschen getötet worden waren, als Befreiungsgruppe bezeichnet.
Zu Beginn des Krieges in Nahost bot Erdogan seine Hilfe als Vermittler an. Als Israel darauf nicht reagierte, ließ Erdogan alle Neutralität fahren.02.01.2024 | 2:16 min
Jehezkels Fußball-Karriere in der Türkei beendet
Die türkische Regierung organisierte zahlreiche Solidaritätsveranstaltungen für Palästinenser, bei denen sie Hunderttausende aufmarschieren ließ. Der Eifer, den der türkische Präsident bei seiner Verurteilung Israels an den Tag legt, hat nun auch die türkische Justiz ergriffen. Der Sportrechtsanwalt Savas Adelet verweist auf das türkische Strafrecht, das den Straftatbestand der Volksverhetzung kenne, und den das Gericht nun versuche, auf die Äußerung Jehezkels anzuwenden.
Ob es in dessen Abwesenheit zu einer Verurteilung kommt, steht dahin. Ebenso, ob eine Entlassung Jehezkels durch seinen Verein zulässig ist. Die Karriere des Israelis in der Türkei aber ist definitiv beendet. Und die türkisch-israelischen Beziehungen sind durch diesen Fall an einem weiteren Tiefpunkt angekommen.
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.