Anti-Hamas-Botschaft: Wie ein Torjubel zum Politikum wurde

    Strafe für Gedenken an Massaker:Türkei: Wie ein Torjubel zum Politikum wurde

    Jörg-Hendrik Brase
    von Jörg Brase
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    Weil er auf dem Platz an das Hamas-Massaker vom 7. Oktober erinnerte, ermitteln türkische Behörden gegen Fußballprofi Sagiv Jehezkel. Inzwischen soll er die Türkei verlassen haben.

    Sagiv Jehezkel
    "100 Tage - 7.10." - diese Botschaft hat der israelische Fußballer Sagiv Jehezkel bei einem Spiel in der Türkei in Kameras gehalten.
    Quelle: Alexandre Meneghini/Reuters

    Den Schriftzug "100 Tage" hatte sich Sagiv Jehezkel in schwarzen Lettern auf seine weiße Handbandage gemalt, darunter "07.10" und daneben einen Davidstern. Nachdem der israelische Rechtsaußen in der 68. Minute für seinen Verein Antalyaspor den Ausgleich im Spiel gegen Trabzonspor erzielt hatte, lief er jubelnd auf die Kameras zu und präsentierte seine Botschaft.
    Er habe an die israelischen Geiseln erinnern wollen, die die Hamas bei ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober, 100 Tage zuvor also, genommen und in den Gazastreifen verschleppt hatte. So gab es Jehezkel, laut dem türkischen Sender NTV, bei der Polizei später zu Protokoll. Er habe nicht den Krieg befürworten oder irgendjemanden provozieren wollen.
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    Ermittlungen wegen "öffentlicher Anstiftung zu Hass und Feindseligkeit"

    Für die türkische Staatsanwaltschaft aber hatte sich der Israeli "öffentlicher Anstiftung zu Hass und Feindseligkeit" schuldig gemacht, so schrieb es der türkische Justizminister Tunc auf der Online-Plattform X. Jehezkel war nach dem Spiel am Sonntag festgenommen und am Montag dem Haftrichter vorgeführt worden, der ihn kurz darauf wieder auf freien Fuß setzte.
    Mittlerweile hat er die Türkei in einem von der israelischen Regierung bereitgestellten Flugzeug verlassen. Israel verurteilte den Vorfall scharf. Die Türkei sei "eine dunkle Diktatur geworden, die gegen menschliche und sportliche Werte verstößt," meinte Israels Außenminister Katz.

    Gaza-Krieg löst Reihe von Debatten in Sportwelt aus

    Der Fall Jehezkel ist das jüngste Beispiel in einer Reihe von zahlreichen Skandalen, die Sportler weltweit durch politische Äußerungen im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas auslösten. So gab es heftige Kritik an einem pro-palästinensischen Post des FC Bayern-Spielers Noussair Mazraoui Mitte Oktober, kurz nach Beginn der israelischen Vergeltungsangriffe auf Gaza.
    Und der Spieler von Mainz 05, Anwar El Ghazi, wurde vom Verein gar freigestellt, nachdem er sich solidarisch mit den Palästinensern gezeigt und einen anti-israelischen Post geteilt hatte.
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    Ähnlich ging nun auch Jehezkels Verein Antalyaspor wegen dieser angeblich anti-palästinensischen Aktion vor und warf den Israeli aus dem Kader, "weil er gegen die nationalen Werte des Landes gehandelt hat," so die Erklärung des Vereins vom Sonntagabend. Zu diesen nationalen Werten gehört die Solidarität mit dem palästinensischen Volk.

    Erdogan nannte Hamas "Befreiungsgruppe"

    Seit Wochen teilt der türkische Staatspräsident heftig gegen Israel aus. Recep Tayyip Erdogan, selbsternannter Verteidiger der Muslime weltweit, hatte die Hamas nach dem Massaker vom 10. Oktober, bei dem über 1.100 Menschen getötet worden waren, als Befreiungsgruppe bezeichnet.
    Es handele sich nicht um eine Terrororganisation, so Erdogan, sondern um den legitimen Kampf der Palästinenser für einen eigenen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt. Den Vergeltungsfeldzug Israels verurteilte Erdogan später als "Völkermord" und "Kriegsverbrechen" und Israels Ministerpräsidenten Netanjahu als "Schlächter".
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    Jehezkels Fußball-Karriere in der Türkei beendet

    Die türkische Regierung organisierte zahlreiche Solidaritätsveranstaltungen für Palästinenser, bei denen sie Hunderttausende aufmarschieren ließ. Der Eifer, den der türkische Präsident bei seiner Verurteilung Israels an den Tag legt, hat nun auch die türkische Justiz ergriffen. Der Sportrechtsanwalt Savas Adelet verweist auf das türkische Strafrecht, das den Straftatbestand der Volksverhetzung kenne, und den das Gericht nun versuche, auf die Äußerung Jehezkels anzuwenden.
    Ob es in dessen Abwesenheit zu einer Verurteilung kommt, steht dahin. Ebenso, ob eine Entlassung Jehezkels durch seinen Verein zulässig ist. Die Karriere des Israelis in der Türkei aber ist definitiv beendet. Und die türkisch-israelischen Beziehungen sind durch diesen Fall an einem weiteren Tiefpunkt angekommen.

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