Ex-Premier Barak: Kein Frieden, "wenn wir nicht gewinnen"

    Interview

    Ex-Premierminister Israels:Barak: Kein Frieden, wenn wir nicht gewinnen

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    Der frühere israelische Premierminister Ehud Barak spricht nach dem Terrorangriff der Hamas über Israels Trauer und die Notwendigkeit der bevorstehenden Bodenoffensive.

    Ehud Barak war Premierminister, Generalstabschef - und ist der am höchsten dekorierte Soldat Israels. Wie blickt er auf den Terrorangriff der Hamas und Israels Gegenschlag im Gazastreifen? Das Interview mit Christian Sievers im Video - oder hier zum Nachlesen.
    ZDF: Würden Sie jetzt in der Haut von Premierminister Benjamin Netanjahu stecken wollen?
    Ehud Barak: Ich beneide ihn nicht und ich möchte auch nicht spekulieren. Deswegen kann ich das nicht beantworten.
    ZDF: Was meinen Sie denn? Wie muss diese Operation, die jetzt ja offenbar bevorsteht, ganz konkret aussehen?
    Barak: Am liebsten würden wir natürlich unsere Ziele durch reine Luftangriffe, durch Bombardierungen erreichen. Das ist aber unmöglich.

    Ziel ist es, sicherzustellen, dass wir jedwede operative Fähigkeit der Hamas lähmen.

    Ehud Barak, ehemaliger Premierminister Israels

    Und dass diese brutalen Morde und barbarischen Angriffe nie mehr passieren. Das heißt, wir brauchen dafür Bodentruppen. Und das könnte in den nächsten Tagen passieren.
    ZDF: Und wie lange wird diese Operation dann Ihrer Meinung nach anhalten müssen bis das Ziel erreicht ist, das die Regierung ausgegeben hat, nämlich die Hamas zu vernichten?
    Barak: Wir sind im Krieg. Man kann nicht genau vorhersagen, wie lange das dauert. Zwei Seiten sind beteiligt, das ist ein echter Krieg. Das dauert vielleicht mehrere Wochen oder ein paar Monate. Das ist unvorhersehbar.
    Aber wir sind entschlossen, Hamas auszulöschen als militärische Kraft und hoffentlich auch als politische Kraft im Gazastreifen.
    Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)

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    ZDF: Herr Barak, Sie waren Kommandeur. Ein Kommandeur von israelischen Streitkräften im ersten Libanon-Krieg. Das war ein Krieg, der sehr lange dauerte und am Ende Chaos hinterlassen hat im Libanon. Israel hat jetzt gerade, in der Vergangenheit gerade eben sehr viel Leid erfahren, und bringt jetzt aber auch Leid für die Zivilbevölkerung in Gaza. Wie kann dieser Teufelskreis gestoppt werden und müsste man ihn auch nicht irgendwann stoppen? 
    Barak: Zunächst einmal kann man diese zwei Dinge nicht vergleichen. Es scheint eine moralische Äquivalenz zu geben, aber das stimmt nicht.

    So einen barbarischen Angriff hat es noch nie gegeben in der Geschichte Israels. Das war der schlimmste Schlag, den das Land je erlitten hat.

    Ehud Barak, ehemaliger Premierminister Israels

    Das Äquivalent, also nur von den Toten her betrachtet, die 1.300 Menschen, vor allen Dingen Zivilisten, die umkamen, die massakriert wurden - das wären, wenn 10.000 Deutsche, wahrscheinlich mehr als das, getötet worden wären. Das war also ein schlimmer Schlag in 24 Stunden. Man kann das nicht vergleichen.
    Es stimmt, wir halten uns an das Völkerrecht. Aber jeder [Palästinenser], der weiß, dass in seiner Nachbarschaft oder an seinem Arbeitsplatz irgendwelche Aktivitäten waren, heute oder in der Vergangenheit, in den letzten zwei Jahren, der muss wissen: Er wird zum Ziel ...
    ZDF: Aber Herr Barak, wir reden über 1,1 Millionen Menschen. Wir reden auch über alte, über Menschen, die sich gar nicht fortbewegen können, die krank sind.
    Barak: Die, die sich nicht selbst bewegen können, sollten an einen sicheren Ort gebracht werden durch die UNO oder die NGOs. Aber 1,1 Millionen Menschen - wir haben gehört, in den ersten 36 Stunden sind schon etwa eine halbe Million Menschen weggegangen. Hoffentlich bleich noch 24 Stunden, dann wird die ganze Region sich wegbewegt haben. Die, die nicht gehen, riskieren ihr Leben, das ist ganz klar. Es ist schmerzhaft, aber es ist die Realität. Es ist ein Krieg gegen eine barbarische Gruppe wie Al Kaida oder den Islamischen Staat, und die sollte ausgelöscht werden.
    ZDF: Und danach werden wir dann Frieden bekommen?
    Barak: Jetzt ist nicht die Zeit, um über den Frieden zu sprechen. Ich habe lange Zeit als Politiker über Frieden gesprochen. Das ist jetzt nicht auf dem Tisch.

    Zunächst müssen wir den Krieg gewinnen. Wenn wir den Krieg nicht gewinnen, gibt es keinen Frieden.

    Ehud Barak, ehemaliger Generalstabschef

    Wenn wir den Krieg gewinnen, gibt es eine neue Chance, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Aber wir werden gewinnen und wir werden die militärischen Fähigkeiten der Hamas auslöschen - egal was nötig ist.
    Das Interview führte ZDF heute journal-Moderator Christian Sievers.

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