Frauen-WM 2023: Leupolz - die mit dem guten Bauchgefühl
Fußball-WM der Frauen:Leupolz - die mit dem guten Bauchgefühl
von Frank Hellmann
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Melanie Leupolz tritt mit ihrem Kind und einer Babysitterin die weite Reise nach Australien zur WM an. Sie will die Rollen als Fußballerin und Mutter bei der WM nicht vermischen.
Konnte die Niederlage gegen Sambia auch nicht verhindern: Melanie Leupolz
Quelle: dpa
Schon vor vier Jahren hat Melanie Leupolz eine Hauptrolle gespielt. Jedenfalls in dem überaus frechen Werbespot, der vor der Fußball-WM der Frauen 2019 in Frankreich herauskam. Alexandra Popp fragte damals tatsächlich eingangs: "Weißt du eigentlich, wie ich heiße?" Und dann erklang: "Wir spielen für eine Nation, die unsere Namen nicht kennt." Um die Unwissenheit über die Erfolge deutscher Fußballerinnen auf die Schippe zu nehmen, hielt Leupolz damals acht lackierte Fingernägel in die Kamera. Für die acht gewonnenen EM-Titel.
Bekanntlich ist im vergangenen Sommer kein neunter hinzugekommen, aber Provokationen wie vor der Endrunde in Frankreich ("Wir brauchen keine Eier, wir haben Pferdeschwänze!") benötigen die DFB-Frauen nicht mehr, um Aufmerksamkeit für die WM in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) zu erzeugen. Wie sich die Zeiten verändert haben, illustriert noch ein anderer Umstand.
Leistungssportlerin, Mutter und erfolgreich sein – drei Dinge, die sich lange Zeit ausgeschlossen haben. Doch die deutsche Nationalspielerin Melanie Leupolz zeigt, dass es geht.07.06.2023 | 18:32 min
DFB unterstützt finanziell
Leupolz hat inzwischen ein Kind zur Welt gebracht - und ihr im Oktober vergangenen Jahres geborener Sohn macht die weite Reise nach Down Under mit. Im Terminal 2 am Frankfurter Flughafen kam die 29-Jährige am Dienstagabend mit Kinderwagen an, um als eine der ersten aus der fast 70-köpfigen Delegation am Emirates-Schalter einzuchecken. Der DFB bezahlt den Aufenthalt einer Babysitterin im Basecamp in der kleinen Ortschaft Wyong nördlich von Sydney.
Die mit einem guten Bauchgefühl angereiste Leupolz sieht sich durchaus in einer Vorbildrolle: "Es muss Spielerinnen geben, die zeigen, dass es möglich ist. Dann können es sich andere vorstellen." Ihr Comeback soll "ein cooles Signal" sein. Voss-Tecklenburg sagte bei der Abreise gegenüber ZDFheute:
Bundestrainerin als Pionierin
Die 55-jährige Bundestrainerin war diesbezüglich Mitte der 90er-Jahre als Pionierin vorangegangen, danach hatte es bis vergangenen Sommer gedauert, ehe die aktuell erneut schwangere Torhüterin Almuth Schult als zweite Nationalspielerin ihre Zwillinge mit zur EM nach England brachte.
Zwischendrin hatten Nationalspielerinnen wie Lira Alushi oder Celia Sasic früh ihre Karriere beendet, als sich Kinder ankündigten. Die Bundestrainerin setzt nun auf den Nachahmer-Effekt: "Ich hoffe, da kommen noch ein paar dazu, die dann auch alle ihre Kinder mitnehmen."
Wenn die DFB-Frauen für die Gruppenspiele gegen Marokko in Melbourne (24. Juli), Kolumbien in Sydney (30. Juli) und Südkorea in Brisbane (3. August) jeweils für eine Nacht im FIFA-Hotel übernachten werden, wird Leupolz ihr Kind im Quartier lassen: "Ich versuche, die beiden Bereiche so gut wie möglich zu trennen." In erster Linie möchte die 78-fache Nationalspielerin aufgrund ihres sportlichen Werts wahrgenommen werden. Ihre Führungsrolle hatte sie indes bereits im Laufe der WM 2019 verloren. Jetzt ist die Mittelfeldspielerin erst einmal als Backup für die gesetzte Sechserin Lena Oberdorf vorgesehen. Auch auf der Achter-Position wäre sie einsetzbar.
Auf die deutschen Fußballerinnen wartet bei der WM eine andere Klima- und Zeitzone. Ein abgeschiedenes Quartier fernab von Sydney soll helfen, die Zuversicht zurückzugewinnen.
von Frank Hellmann
Leupolz dankbar für Unterstützung beim FC Chelsea
Die bodenständige Allgäuerin ist neben Sara Däbritz und Svenja Huth die einzige, die den EM-Sieg 2013 und Gold bei den Olympischen Spielen 2016 miterlebt hat. Für die Mission zum dritten Stern sieht sich die Rückkehrerin bereit und intern schwärmen die Experten von ihren Fitness- und Ausdauerwerten.
Dass sie nach der Geburt nur drei Monate später beim FC Chelsea wieder auf dem Platz stand, hatte Leupolz selbst nicht erwartet: "Ich dachte, der Körper macht ein bisschen mehr Probleme." Ihrer Trainerin Emma Hayes ist sie für die Unterstützung in London überaus dankbar:
Generell sei die (finanzielle) Absicherung durch die Vereine und Verbände bei dieser Thematik eine andere als früher. Was die Integration von Müttern angeht, gelten die USA oder die nordischen Länder als Vorreiter. Das Nationalteam aus Island hatte bei der EM 2022 sogar fünf Mamas mit ins Mutterland des Fußballs gebracht.
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