Schwerpunkt
Zölle, Verteidigung, Inflation:Was bedeutet Trumps Sieg für Deutschland?
von Jan Schneider
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Donald Trump hat eine radikale Agenda für seine zweite Amtszeit im Weißen Haus angekündigt. Welche Auswirkung hat seine erneute Präsidentschaft für Deutschland?
Autos sind mit Abstand das wichtigste Exportgut, das Deutschland in die USA schickt.
Quelle: dpa
Die USA sind Deutschlands wichtigster Bündnis- und Handelspartner. Donald Trumps zweite Amtszeit wird dieses Verhältnis stark auf die Probe stellen. Die für viele wichtigste Frage zuerst: Was bedeutet Trumps Wahlsieg für unsere Wirtschaft und damit für unseren Geldbeutel?
Unter Ökonomen gibt es einige Sorgen, dass auf die ohnehin angeschlagene deutsche Wirtschaft ungemütliche Zeiten zukommen werden. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, sieht durch den Wahlsieg von Donald Trump vor allem die deutsche Industrie in Gefahr. Allein die Möglichkeit neuer Strafzölle, wie sie Trump im Wahlkampf mehrfach angekündigt hatte, "dürfte nun die Unsicherheit für deutsche Unternehmen weiter erhöhen und die Investitionstätigkeit in Deutschland dämpfen".
Donald Trump hat sich zum Sieger der US-Präsidentschaftswahl erklärt. "Es ist ein politischer Sieg, wie ihn unser Land noch nie erlebt hat", sagte Trump bei einem Auftritt.06.11.2024 | 10:40 min
"Trump dürfte seine aggressiven Zollpläne zumindest in Teilen umsetzen", meint Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Die neuen Zölle könnten alle Exportbranchen Deutschlands treffen - allen voran die Automobilindustrie, die den größten Anteil der deutschen Exporte in die USA ausmacht.
Diese Zölle würden nicht nur Waren in den USA verteuern, sondern dürften auch zu Gegenzöllen der EU führen, und damit Waren bei uns teurer machen. Außerdem erhöhe die von Trump forcierte De-Globalisierung mittelfristig das Risiko für eine wieder ansteigende Inflation, so Krämer.
Insgesamt rechnen Experten damit, dass die möglichen Zölle zu einem Verlust von bis zu 180 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft führen könnte.
Es soll innerhalb der EU-Kommission eine Art Trump-Task-Force geben, sagt Lara Wiedeking in Brüssel. Man wolle nicht wie bei Trumps erstem Wahlsieg 2016 überrascht werden. 06.11.2024 | 1:30 min
Wie geht es im Ukraine-Krieg weiter?
Besonders brisant ist Trumps Haltung zum Ukraine-Krieg. Seine Behauptung, den Konflikt innerhalb von 24 Stunden beenden zu können, sorgt bei vielen Beobachtern für Beunruhigung. Sie befürchten, dass ein schneller Frieden vor allem Russland in die Hände spielen könnte.
Eine grundlegende Änderung der bisherigen US-Ukraine-Politik würde erhebliche Auswirkungen auf Deutschlands Position in dem Konflikt haben. Der Druck auf Deutschland, mehr Geld für die eigene Verteidigung und die Unterstützung der Ukraine auszugeben, würde nochmal deutlich steigen.
Der Sieg Donald Trumps sei das größte politische Comeback in der amerikanischen Geschichte, sagt J.D. Vance. Jetzt werde das größte wirtschaftliche Comeback folgen.06.11.2024 | 0:43 min
Bricht nun die Nato auseinander?
Beim Thema Verteidigung kommt meist auch die Sorge um die Zukunft der Nato unter einer erneuten Trump-Präsidentschaft auf - auch wenn Experten einen kompletten Austritt der USA aus dem Bündnis für unwahrscheinlich halten. Dennoch wird sich Deutschland auf deutlich mehr Verantwortung und höhere finanzielle Belastungen einstellen müssen. Bereits jetzt fordern Experten aus Trumps Umfeld eine Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben auf drei Prozent des BIP, deutlich mehr als das bisherige Nato-Ziel von zwei Prozent.
Ein möglicher neuer US-Präsident Trump bereitet dem neuen Nato-Generalsekretär Mark Rutte keine Sorgen. Er habe immer gut mit Trump zusammengearbeitet, so Rutte.04.11.2024 | 7:51 min
Allerdings hat sich die finanzielle Situation seit Trumps erster Amtszeit durchaus verbessert: Während 2016 nur sieben Nato-Mitglieder das Zwei-Prozent-Ziel erfüllten, sind es heute 23 von 32 Staaten. Trotz dieser deutlichen Verbesserung werden die bisherigen Anstrengungen vom Trump-Lager als unzureichend angesehen.
- Nato-Drohung von Trump: Kann sich Europa ohne die USA verteidigen?
Mit einer möglichen zweiten Amtszeit von Donald Trump könnten stürmische Zeiten auf die Nato zukommen. Droht dem Bündnis das Ende? Ein Faktencheck.29.07.2024 | 17:13 min
Deutsch-amerikanische Beziehungskrise?
Donald Trump hat Deutschland im Wahlkampf gerne als Beispiel dafür genutzt, was in seinen Augen alles falsch läuft in der Welt. Die besonders kritische Haltung Trumps gegenüber Deutschland hat mehrere Gründe. Zum einen gibt es anhaltende Kritik an der früheren deutschen Russland-Politik, insbesondere bezüglich Nord Stream 2. Ein weiterer Vorwurf lautet, es gäbe eine Diskrepanz zwischen dem, was Deutschland hätte tun können und dem, was es getan hat:
Auch eine vermeintliche "moralische Arroganz" Deutschlands während Trumps erster Amtszeit hat viele im Trump-Lager verärgert.
Trump arbeite mit dem Prinzip der Unberechenbarkeit, findet Wolfgang Ischinger, ehemaliger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Das unterscheide ihn von Biden und Harris.06.11.2024 | 15:48 min
Ausblick
Die Experten sind sich einig: Deutschland muss sich auf erhebliche Veränderungen einstellen. Dies betrifft sowohl die Verteidigungsausgaben, die deutlich steigen dürften, als auch die wirtschaftliche Situation, die durch mögliche neue Zölle belastet werden könnte. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen dürften sich weiter verschlechtern, und besonders in der Ukraine-Politik könnten dramatische Änderungen bevorstehen. Auch wenn die genauen Auswirkungen noch nicht absehbar sind, steht fest: Die transatlantische Zusammenarbeit steht vor einer ihrer größten Herausforderungen.
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