US-Wahl: Warum das Electoral College so mächtig ist

US-Wahl erklärt:Warum das Electoral College so mächtig ist

von Caroline Drees, Washington D.C.
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Das Wahlsystem in den USA gilt als veraltet und verleiht Wählern in wenigen Bundesstaaten unverhältnismäßig viel Macht. Eine Reform ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.

Es ist ein Mann zu sehen, wie er seinen Wahl-Zettel einwirft.
Das Electoral College beeinflusst das Wahlergebnis der Wahlen in den USA und wie die Wahlmänner den Präsidenten bestimmen.
Quelle: AP

Zweimal ist es in der jüngsten Vergangenheit passiert: Ein demokratischer Präsidentschaftskandidat hat die Mehrheit der Stimmen bei der Wahl in den USA bekommen, aber ein republikanischer Kandidat zog ins Weiße Haus ein. Im Jahr 2000 gewann George W. Bush, 2016 Donald Trump - dass sie Präsidenten werden konnten, liegt am Wahlsystem.

Warum das Wahlsystem in den USA umstritten ist

In den USA wird der Präsident oder die Präsidentin indirekt über das Electoral College gewählt. Es besteht aus 538 Wahlleuten, die in der Hauptstadt zusammenkommen. Jeder Bundesstaat entsendet unterschiedlich viele, je nach Einwohnerzahl. Um die Wahl zu gewinnen, braucht ein Kandidat die Stimmen von mindestens 270 Wahlleuten.
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Wo das "Winner takes it all"-Prinzip gilt

In 48 Staaten gilt das "Winner takes all"-Prinzip: Der Präsidentschaftskandidat, der die Mehrheit der Stimmen bekommt, gewinnt alle Wahlleute aus dem Bundesstaat. Alle Stimmen, die an den anderen Kandidaten gingen, verfallen. Nur in Maine und Nebraska werden die Wahlleute proportional zum Wahlergebnis entsandt.
41 Tage nach der Präsidentschaftswahl stimmen die Wahlmänner und -frauen im Geheimen ab. Da sie meist führende Köpfe der Parteien sind, passiert es kaum, dass sie nicht dem Wahlergebnis in ihrem Bundesstaat entsprechend abstimmen. Denn die sogenannten "Treuelosen" können mancherorts mit Geldstrafen belegt oder disqualifiziert werden.
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Experte: Electoral College ist veraltet

Das Electoral College sei ursprünglich einem "Misstrauen gegenüber Demokratie" entsprungen, sagt Christian Lammert, Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin gegenüber ZDFheute. In den Anfängen der amerikanischen Demokratie, als es noch kein Internet, keine Nachrichten in dem Umfang wie heute gab, sei es normalen Bürgerinnen und Bürgern nicht zugetraut worden zu entscheiden, wer Präsident wird.
Stattdessen wurden Experten - politische Eliten - aus den lokalen Parlamenten nach Washington geschickt, um eine Wahl zu treffen. Das habe sich mit der Zeit immer weiter demokratisiert, so Lammert und sei dennoch "historisch veraltet". Lange wurde argumentiert, der Vorteil des Electoral College sei, dass es klare Sieger generiere. Seit die USA so extrem polarisiert sind, sei das aber nicht mehr der Fall, sagt Lammert.
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Reform unwahrscheinlich

Eine Studie des Pew Research Center zeigt, dass fast zwei Drittel der US-Bevölkerung eine Reform des Wahlsystems befürworten. Sie wünschen sich, dass die tatsächliche Mehrheit der Stimmen zählt.
Dass das Electoral College auf Bundesebene reformiert wird, ist Lammert zufolge im Augenblick höchst unwahrscheinlich. Denn das Wahlsystem ist in der Verfassung festgeschrieben - und um die zu ändern, bräuchte es Mehrheiten im Kongress und unter den Bundesstaaten. Die gibt es momentan nicht, "weil zumindest eine der Parteien immer glaubt, sie könne von der Logik profitieren", so Lammert.
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Es gibt aber einen informellen Weg, das Wahlsystem zu ändern: Einige Bundesstaaten haben ein Abkommen geschlossen, um eine Direktwahl des Präsidenten durchzusetzen. Bislang sind 17 Staaten und der District of Columbia dabei. In Kraft tritt der Pakt aber erst, wenn die Bundesstaaten gemeinsam mindestens 270 Wahlmännerstimmen auf sich vereinen können. Aktuell kommen sie auf 209 Wahlmännerstimmen.

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