Blinkens Mission impossible?:US-Außenminister unterwegs in arabischer Welt
von Anna Feist, Kairo
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Seit Tagen tourt Antony Blinken durch die Region und wirbt um Verständnis für Israel. Es dürfte seine bisher wohl intensivste Reise in die arabische Welt sein.
Antony Blinken beim Abflug aus Riad.
Quelle: AP
Als sich der amerikanische Außenminister Antony Blinken mit dem katarischen Emir Sheikh Tamim bin Hamad Al Thani am Freitag in Doha trifft, da begrüßt ihn der Emir wie folgt: " Du warst sehr beschäftigt die Tage. Wir beide waren es." Dann fügt er hinzu: "Weißt Du, ich hoffe wir können etwas tun!"
Hinter diesen Worten steckt ein immenser Druck für beide Männer: Da ist der amerikanische Außenminister, der für Israels Position in der arabischen Welt wirbt - allein das eine Sisyphos-Aufgabe - , der sicherstellen muss, dass die von der Terrororganisation Hamas genommen amerikanischen Geiseln lebend und sicher aus dem Gazastreifen befreit werden, der die wohl 500 bis 600 verbliebenden US-Bürger in Gaza evakuieren muss, bevor Israel seine Bodenoffensive startet.
Katar empfängt erst USA und dann Iran
Und da ist der Emir von Katar, der jüngst auch bei Bundeskanzler Olaf Scholz zu Besuch war. Sein sunnitisches Emirat hat keine diplomatischen Beziehungen zu Israel, dafür ein gutes Verhältnis zum Iran. In Katars Hauptstadt Doha residiert die politische Führung der Terrororganisation Hamas.
Katar macht allein Israel für den Kriegsausbruch verantwortlich, verweist auf "ständige Verletzungen der Rechte des palästinensischen Volkes". Dennoch versteht sich der Emir als Mittler und sucht mit allen Seiten Kontakt.
So empfängt sein Emirat innerhalb von 24 Stunden erst den amerikanischen und dann den iranischen Außenminister. Beiden Ministern gegenüber argumentiert der Emir mit Menschenrechten:
Dem Wunsch des US-Außenministers, die Hamas dafür zu verurteilen, wie brutal die Terroristen mehr als 1.300 Israelis getötet haben, so weit will der Emir dann aber nicht gehen. So wird auch die politische Hamas-Zentrale in Doha geöffnet bleiben, um "zu kommunizieren" und um, so zynisch das für westliche Ohren klingen mag, "Frieden" in die Region zu bringen.
Iran und Hamas arbeiten weiter zusammen
So reiste Blinken Freitagabend ab. Einen Abend später, am Samstag, verkündet dann aus Katar Hamas-Führer Ismail Haniyeh nach einem Treffen mit dem iranischen Außenminister, dass "ihre Zusammenarbeit" weiter geführt werde, um die Ziele der Terrororganisation zu erreichen. Der iranische Außenminister Hossein Amirabdollahain spricht von einem "historischen Erfolg".
Doch auch das Tauziehen amerikanischer Diplomatie scheint am Samstag erfolgreich - zumindest für wenige Stunden. Am Samstagvormittag heißt es, während Antony Blinken in Saudi-Arabien angekommen ist: Die 500 bis 600 US-Bürger, die sich in Gaza aufhalten sollen, können bis zum Nachmittag über den Grenzübergang im ägyptischen Rafah im Süden von Gaza evakuiert werden. Hunderte sammeln sich prompt am Grenzübergang, doch die Grenze bleibt geschlossen.
Aus Kairo heißt es: Erst sollen die Israelis der Lieferung von Hilfen für Gaza, die auf ägyptischer Seite parat stünden, zustimmen; dann kommen die amerikanischen Doppelstaatler frei.
Die USA sind der mächtigste Verbündete Israels. Ein großes Ziel von Biden: die Aussöhnung von Israel und Saudi-Arabien. 11.10.2023 | 11:33 min
Hand in Hand mit dem saudischen Prinzen
Unterdessen ist Antony Blinken nach kurzem Nachmittagsabstecher in die Vereinigten Emirate mit dem saudischen Kronprinzen verabredet. Ihr Verhältnis vertraut, monatelang arbeiteten amerikanische und saudische Diplomaten Hand in Hand an einem historischen Friedensvertrag zwischen Israel und Saudi-Arabien.
Auch diese Bemühungen gelten als einer der Gründe, warum die Hamas Israel angegriffen hat. Der historische Frieden ist nun "on hold", das "zivile Leiden" beenden ist nun erstmal das neue gemeinsames Ziel. Blinken sagt man arbeite an "Schutzräumen in Gaza" und an "Korridoren für humanitäre Hilfe".
Ägypten steht vor einem Dilemma: Das Land will humanitäre Hilfen nach Gaza ermöglichen - aber unbedingt die Grenze zu lassen. Al-Sisi fürchtet unkontrollierte Massenzuwanderung.
von Anna Feist
Ägypten gegen unkontrollierte Massenflucht aus Gaza
So ist konsequenterweise der vorerst letzte Stopp des Amerikaners Ägypten. Das Land hat enge Verbindungen sowohl zu Israel als auch zur Hamas. Und es hat als einziges Land neben Israel eine Grenze zu Gaza. Die nun benutzt werden könnte, um den von Israel abgeriegelten Gazastreifen mit Hilfsgütern zu versorgen und um westliche Doppelstaatler und verwundete Palästinenser zu evakuieren.
Ägyptens oberste Maxime dürfte bei den Verhandlungen über die Öffnung ihres Grenzübergangs sein: Eine unkontrollierte Massenflucht Zehntausender Palästinenser verhindern und trotzdem zumindest humanitäre Solidarität zeigen. Ob Antony Blinken es schaffen wird, auf den ägyptischen Präsidenten einzuwirken, den bis zur Stunde geschlossenen Grenzübergang Rafah zu öffnen, das wird der Nachmittag zeigen.
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.