Ägyptens Angst vor Massenflucht aus Gaza

    Sorge um Zuwanderung:Ägyptens Angst vor Massenflucht aus Gaza

    Anna Feist
    von Anna Feist
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    Ägypten steht vor einem Dilemma: Das Land will humanitäre Hilfen nach Gaza ermöglichen - aber unbedingt die Grenze zu lassen. Al-Sisi fürchtet unkontrollierte Massenzuwanderung.

    Auch an diesem Tag gibt es wieder einen Evakuierungsaufruf für die Einwohner von Gaza-Nord: Bis 16 Uhr Ortszeit sollen die Bewohner von Beit Hanun auf einer eingezeichneten Fluchtroute nach Chan Junis gehen, im Süden des Gazastreifen.
    Evakuierung im Gazastreifen

    ZDFheute Infografik

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    Chan Junis, ein Ort nur zehn Kilometer entfernt vom ägyptischen Grenzposten Rafah. Auch dieser Aufruf dürfte dem ägyptischen Präsidenten al-Sisi wieder Kopfschmerzen bereiten. Denn nichts befürchtet die ägyptische Regierung mehr als einen unkontrollierten Sturm Hunderttausender Menschen aus Gaza auf die ägyptische Grenze.

    Neun Millionen Flüchtlinge leben bereits in Ägypten

    Am Donnerstag begründete der ägyptische Präsident seine Angst so: "Das ist eine signifikante Bedrohung, denn das würde die Liquidierung der Palästinensischen Sache bedeuten. Es ist wichtig, dass die Menschen standhaft bleiben und ihr Land nicht verlassen."
    Erst dann verwies al-Sisi auf die neun Millionen Flüchtlinge, die in Ägypten bereits leben. Sie belasten die ohnehin bröckelnde Wirtschaft. Kämen nun noch Hunderttausende heimatlose Palästinenser hinzu, die wie in Jordanien und Libanon dauerhaft bleiben könnten, dürfte das die Situation weiter verschärfen.
    Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)

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    Grenze zu Gaza seit 2014 für Presse ein "schwarzes Loch"

    Ein ägyptischer Sicherheitsoffizier, so die Nachrichtenagentur AP, spricht davon, dass Ägypten deshalb derzeit "beispiellose Maßnahmen" ergreife, um die Grenze zu sichern. Was das bedeuten könnte, zeigt ein Video, das in diesen Tagen in den sozialen Medien kursiert: Es zeigt Betonklötze, die den Grenzübergang abriegeln. Verifizieren können wir das nicht, denn die Grenze sei ein "schwarzes Loch", sagen ägyptische Journalisten, wohl seit 2014 sei dort offiziell keine Presse erlaubt.
    Eine Massenflucht aus Gaza - sie dürfte bei den ägyptischen Behörden eine kollektive Erinnerung wecken an das Jahr 2008. In diesem Jahr durchbrechen militante Hamas-Anhänger den Grenzzaun. Hunderttausende fliehen auf die Sinai-Halbinsel. Bis heute gilt der Sinai als Rückzugsort für Dschihadisten und ist von den ägyptischen Sicherheitsbehörden bisher nicht unter Kontrolle zu bringen, auch weil das Kontingent ägyptischer Soldaten auf dem Sinai durch den Friedensvertrag mit Israel beschränkt wurde.
    Dass viele Waffen für die Hamas nach Gaza über den Sinai geschmuggelt werden, gilt als gesichert. Laut der staatlichen Zeitung al-Ahram haben die ägyptischen Behörden die Hamas in diesen Tagen deshalb davor gewarnt, ein solches Durchbrechen des Grenzzauns mit Massenflucht nun noch einmal zu wiederholen.

    Ägyptens Dilemma: Hilfe ermöglichen - aber Grenze dicht lassen

    So stehen in diesen Stunden die Ägypter vor einem Dilemma: Sie wollen Hilfslieferungen von Ägypten nach Gaza ermöglichen aber trotzdem sicherstellen, dass die Grenze für Menschen dicht ist.
    Auch westliche Diplomaten versuchen derweil Einfluss zu nehmen. So machte sich am Freitagbend die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock spontan von Israel auf den Weg nach Ägypten. Dort soll es auch um den Umgang mit der Zivilbevölkerung gegangen sein.
    Die Ministerin beteuert, für die Zivilisten in Gaza arbeiten sie und die UN an "Schutzräumen im Gazastreifen". Für Menschen mit westlicher Staatsbürgerschaft seien alle "Vorbereitungen getroffen" für eine Evakuierung.

    Verhandlungen mit Ägypten schwierig

    Doch wie schwierig das Verhandeln mit Ägypten dennoch ist, zeigen die Bemühungen der US-Amerikaner. Bis zu 600 Menschen mit amerikanischer Staatsbürgerschaft sollen sich im Gazastreifen aufhalten. Sie hätten im Laufe des Tages über den ägyptischen Grenzübergang Gaza verlassen sollen.
    Durchgelassen hat Ägypten aber noch niemanden. Ägyptens Forderung: Die amerikanischen Doppelstaatler dürfen Gaza verlassen - wenn Israel im Gegenzug zustimmt, dass über denselben Grenzübergang Hilfsgüter nach Gaza geliefert werden.

    Berichte über Hinweis zu Angriff
    :Warnungen aus Ägypten? Netanjahu dementiert

    Israelische Medien berichten, die Regierung habe vor dem Angriff der Hamas Warnungen aus Ägypten erhalten. Ministerpräsident Netanjahu weist dies scharf zurück.
    Israels Ministerpräsident Netanjahu

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