Auswirkungen des Gaza-Kriegs:Antisemitismus an deutschen Unis
von David Gebhard und Julia Klaus
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Jüdische Studierende in Angst, israel-feindliche Propaganda in der Bibliothek, propalästinensische Demos auf dem Campus. Der Gaza-Krieg führt auch an deutschen Unis zu Konflikten.
Universitäten werden häufiger Schauplätze für bevorzugt pro-palästinensische Proteste. Doch zur Kritik an Israel gesellt sich auch Antisemitismus und die Verharmlosung der Hamas.24.11.2023 | 3:08 min
Anfang des Monats schallte es vor der Freien Universität in Berlin-Dahlem: "Yallah Intifada - von Dahlem bis nach Gaza!" Einpeitscher war ein Lehramtsstudent, mitgerufen hatten viele der rund hundert anderen Studierenden und Unterstützer. Mit Intifada sind zwei palästinensische Aufstände gegen Israel gemeint, bei denen viel Blut vergossen wurde.
Noam Petri von der Jüdischen Studierendenunion zeigt sich im Gespräch mit ZDFheute erschüttert:
Als wir den skandierenden Lehramtsstudenten später mit seinen Parolen konfrontieren, will er sich nicht dazu äußern.
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Intifada-Rufe vor der Uni, israelfeindliche Propaganda auf Flugblättern, problematische Kunstaktionen auf dem Campus: Der Gaza-Krieg führt an deutschen Unis zu erheblichen Konflikten. Es brodelt vor und in den Hörsälen - und in einem eher linken Milieu.
Berlin sei dabei ein Hotspot, wie die Jüdische Studierendenunion gegenüber ZDFheute äußert. In der dortigen Staatsbibliothek hatten Aktivisten mehrere Lautsprecher versteckt, daraus schallte die Behauptung, dass ein "Genozid" stattfinde, den man stoppen müsse. Israel einen Genozid zu unterstellen - also die planmäßige Ermordung einer Volksgruppe – ist laut Rechtsexperten falsch. Stattdessen könne man den terroristischen Überfall der Hamas als solchen bezeichnen.
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Eine weitere problematische Aktion kam von Studierenden an der Universität der Künste in Berlin. In einer Performance zeigten sie rote Hände, als würde Blut an ihnen kleben. Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich bei den Bildern an den sogenannten Lynchmord von Ramallah erinnert, bei dem zwei israelische Reservisten im Jahr 2000 von einem palästinensischen Mob in Ramallah getötet wurden. Ein mittlerweile berühmtes Foto zeigt einen der mutmaßlichen Täter mit blutverschmierten Händen und hat sich als Symbolbild für das Abschlachten von Juden ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.
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Neben Berlin scheinen Unis in Nordrhein-Westfalen und Frankfurt Hotspots für solch fragwürdige Aktionen zu sein. An der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf wurde auf Flyern "gegen das Meinungsdiktat" Deutschlands gehetzt und dazu aufgerufen, Deutschland solle nicht an Israels Seite stehen, weil man sich sonst an dem "Genozid in Gaza" beteilige.
Bei einer Demo vor der Freien Uni Berlin hatte eine Frau ein Plakat mit dem Slogan gehalten: "Free Palestine from German guilt", übersetzt mit "Befreit Palästina von der deutschen Schuld". Damit wird die deutsche Staatsräson angezweifelt, für das Existenzrecht des Staats Israels einzustehen, dessen Gründung auch eine Reaktion auf den Holocaust war. Bilder, die ZDFheute zugespielt wurden, zeigen zudem, wie an der Goethe-Universität in Frankfurt die Fotos der entführten israelischen Geiseln abgerissen wurden.
Der Nahost-Konflikt wühlt Deutschland auf. Juden leben in Angst, Muslime werden bedroht. Ein Gespräch mit Imam Benjamin Idriz, der für Dialog kämpft und derzeit daran scheitert.
Alexandra Hawlin, München
Interview
Jüdische Studierende fühlen sich nicht mehr sicher
Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich in diesem Klima nicht mehr sicher an deutschen Hochschulen und Universitäten. Hanna Veiler von der Jüdischen Studierendenunion sagt gegenüber ZDFheute:
Einige würden auch ihre Davidssterne verstecken oder "teilweise sogar Laufgruppen" bilden, weil sie nicht alleine in die Mensa oder Bibliothek gehen wollten, so Veiler. Auch die Hochschulrektorenkonferenz hatte Anfang des Monats davor gewarnt, dass jüdische Studierende sich aus Angst oft nicht mehr als solche zu erkennen geben.
Antisemitismus ist ein weltweites Problem. Wegen des Holocausts wird Antisemitismus in Deutschland besonders beobachtet. Aktuelle News und Hintergründe zum Thema im Schwerpunkt.
Bildungsministerin: "Antisemitismus ist eine Straftat."
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) beobachtet die Vorgänge an den Hochschulen und Unis genau. Gegenüber ZDFheute fordert sie:
Spricht man mit Menschen auf pro-palästinensischen Demos, so kritisieren viele eine Einseitigkeit in der deutschen Debatte und Politik. Eine Studentin sagte uns, sie fühle sich insbesondere durch die deutsche Geschichte verpflichtet, "auf der Seite der Zivilbevölkerung" zu stehen – und meint damit die Palästinenser. Die Studentin Ola beklagte, dass sich muslimische Studierende an Unis schon lange nicht mehr sicher fühlten – nur um wenig später die terroristische Hamas eine "Widerstandsorganisation" zu nennen.
Posts zu Israel und Gaza der internationalen Sektion von Fridays for Future sorgen für Aufsehen. Dahinter stecken nur einige wenige Aktivisten - die so aber das Gesamtbild prägen.
von Elisa Miebach
Hat das linke Milieu ein Problem mit Israel?
Es scheint besonders das linke Milieu an Unis und Hochschulen zu sein, das sich pro-palästinensisch engagiert. Gibt es dort ein Israel-, gar ein Antisemitismus-Problem? Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sieht einen Zusammenhang. Bei einer Kundgebung am vergangenen Freitag hatte sie deutliche Worte gefunden:
Nicht nur in deutschen Hörsälen kocht die Stimmung hoch. Auch in den USA machen sich an mehreren Elite-Unis Antisemitismus und Aggressionen breit. Reiche Spender wollen einigen Bildungseinrichtungen gar den Geldhahn zudrehen. Hierzulande ist Bildung staatlich finanziert – Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger rät den Unis und Hochschulen:
Sehen Sie hier, wie sich an Elite-Unis in den USA pro-israelische und pro-palästinensische Studierende unversöhnlich gegenüber stehen:
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.