Eskalation in Gaza: "Beide Seiten ohne Willen zur Einigung"
FAQ
ZDF-Korrespondent zu Nahost:Bruch der Waffenruhe: Wille zur Einigung fehlt
von Thomas Reichart
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Die Waffenruhe in Nahost ist gebrochen, Israel fliegt Angriffe auf den Gazastreifen. Was sind die Gründe dafür? ZDF-Korrespondent Thomas Reichart ordnet die neuste Eskalation ein.
Nachdem es keine Folgevereinbarung mit der Hamas gab, hat Israel die Waffenruhe im Gazastreifen durch erneute Luftangriffe beendet. Dabei starben Hunderte von Menschen.18.03.2025 | 0:59 min
Israels Armee hat rund zwei Monate nach Beginn der Waffenruhe im Gazastreifen wieder massive Angriffe auf die islamistische Terrororganisation Hamas in dem Küstengebiet aufgenommen.
Es gab einen Streit darüber, wie es weitergehen sollte nach der ersten Phase der Waffenruhe. Die Hamas bestand darauf, dass die Verhandlungen über die zweite Phase nun beginnen sollten.
An deren Ende hätte ein permanenter Waffenstillstand stehen sollen, der Rückzug der israelischen Armee aus Gaza und dann auch die Freilassung aller Geiseln. Es hätte aus Hamas-Sicht auch bedeutet, dass sie im Wesentlichen in Gaza an der Macht bleibt.
Israel hat die Angriffe auf Ziele der islamistischen Hamas im Gazastreifen wieder aufgenommen. ZDF-Korrespondent Thomas Reichart zu den Gründen für das Ende der Waffenruhe. 18.03.2025 | 1:11 min
Israel umgekehrt war nicht bereit, sich auf diese Bedingungen der Waffenruhe einzulassen.
Man hat sich nie wirklich darauf eingelassen, Verhandlungen über diese zweite Phase zu führen.
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Thomas Reichart, ZDF-Korrespondent
Stattdessen hat man sich hinter einen Vorschlag des US-Sondergesandten für den Nahen Osten, Steve Witkoff, gestellt, der vorgeschlagen hatte, dass die sogenannte erste Phase verlängert wird und in dieser Phase weitere Geiseln freikommen.
Da war die Hamas offenbar dagegen. Das waren die diplomatischen Optionen, die es gab. Wo es keine Einigung gab, offenbar aber auch nicht den Willen von beiden Seiten, sich darauf einzulassen. Und deswegen ist das Ende der Waffenruhe nun da mit neuen Kämpfen in Gaza.
Orte im Gazastreifen
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Welche Rolle spielt Trump bei der neuen Eskalation?
Es wäre zu diesen Angriffen von Israel auf Gaza in der vergangenen Nacht nie gekommen, hätte es nicht dafür die Rückendeckung aus dem Weißen Haus, von Donald Trump gegeben.
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Thomas Reichart, ZDF-Korrespondent
Das Weiße Haus hat das inzwischen ja auch bestätigt, hat gesagt, es gab vorher Konsultationen dazu.
Donald Trump hat auf der einen Seite durch massiven Druck auf Benjamin Netanjahu dafür gesorgt, dass es Mitte Januar überhaupt zu dieser Waffenruhe kam, aber er hat immer auch vehementen Druck ausgeübt auf die Hamas.
US-Präsident Trump spaltet mit seinen Aussagen zur Zukunft des Gaza-Streifens. Er will das Gebiet "in Besitz nehmen" und die etwa 2 Millionen Bewohner in Nachbarländer umsiedeln.05.02.2025 | 2:45 min
Er hat diesen Vorschlag der Räumung Gazas gemacht, eine Riviera am Mittelmeer. Und Israels Regierung kann sicher davon ausgehen, mehr als zuvor mit der Biden-Administration, dass die Trump-Regierung in weiten Teilen und vollumfänglich hinter dem steht, was Israel macht, das betrifft auch Waffenlieferungen.
Wie blickt die Bevölkerung in Israel und Gaza auf die Entwicklung?
Diese Eskalation kommt eigentlich für die Zivilbevölkerung in Israel und in Gaza überraschend. Alle haben im Grunde darauf gehofft, dass die Verhandlungen um die Freilassung weiterer Geiseln irgendwie doch zu einer Lösung kommen würden. Die Wiederaufnahme des Krieges, das hatten viele ausgeschlossen oder hatten jedenfalls darauf gehofft, dass das nicht stattfinden würde.
Stattdessen hat offenbar der neue Armeechef schon vor einer Woche, so berichten es israelische Medien, Pläne für neue Angriffe in Gaza vorgelegt. Die wurden dann gestern Abend abgesegnet.
Mit den israelischen Angriffen im Gazastreifen wurde die Waffenruhe gebrochen. Das sei kein einmaliger Vorgang, dazu seien die Angriffe zu umfassend, so ZDF-Korrespondent Reichart.18.03.2025 | 0:52 min
Was heißt das für die Vermittlung durch Ägypten und Katar?
Für die Vermittler bedeutet das erstmal, dass ihre Bemühungen um eine Fortsetzung der Waffenruhe gescheitert sind. Es gab offenbar eine so tiefe Kluft zwischen Israel und Hamas, dass eine Einigung nicht möglich war. Und offenbar war insbesondere auf israelischer Seite die Entschlossenheit in dieser Regierung, der Druck der rechtsextremen Koalitionspartner auf eine Fortsetzung des Krieges so groß, dass die Luftangriffe gestern nun stattfanden.
Dass die Waffenruhe gebrochen wurde. Das ist kein einmaliger Vorgang, dafür waren diese Angriffe zu umfassend und dafür steht dahinter offenbar auch eine viel umfassendere Planung, die möglicherweise auch den Einsatz von Bodentruppen wieder in Gaza vorsieht. Die Vermittler stehen erstmal wieder am Rande. Und ob sie es irgendwie schaffen werden, beide Seiten wieder an den Tisch zu holen, das ist an diesem Tag in Tel Aviv einfach noch nicht abzusehen.
Thomas Reichart ist Studioleiter im ZDF-Studio Tel Aviv.
Mit dem Hamas-Angriff auf Israel eskalierte der Nahost-Konflikt. Anfang des Jahres konnte eine Waffenruhe vereinbart werden. Seit dieser Nacht fliegt Israel wieder Angriffe in Gaza.