Folgen von Gaza-Krieg: Arbeiter fehlen nach Hamas-Angriff

    In Israel:Arbeitskräfte fehlen nach Hamas-Angriff

    Alica Jung
    von Alica Jung
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    Rund 200.000 Palästinenser aus dem Westjordanland und Gaza arbeiteten in Israel. Seit dem Angriff der Hamas sind die Grenzen zu und Israel fehlen dazu die Arbeiter aus Thailand.

    Kilometerlange Sperranlagen trennen Israel und das Westjordanland, Zehntausende Palästinenser passieren sie normalerweise auf dem Weg zur ihrer Arbeit in Israel. Doch jetzt sind die Grenzen zu. Seit dem 7. Oktober kommt fast kein Palästinenser mehr rüber. Wer Arbeit in Israel hatte, steht jetzt ohne Job da.
    Am Checkpoint von Kalandia wartet Najeeb Al Karaky mit seinem Auto, auf der Suche nach irgendjemandem, der eine Fahrt gebrauchen könnte. Doch es sind kaum Menschen an dem sonst so geschäftigen Grenzpunkt. Er hat zuvor als Anstreicher in Israel gearbeitet, weil er mehr verdienen konnte als im Westjordanland, doch seit mehr als drei Wochen verdient er gar nichts mehr.

    Angst vor der Zukunft

    Seine Frau und er haben sechs Kinder - und das siebte auf dem Weg. "Ich habe Angst, keine Sicherheit, was soll ich machen, wenn das Kind zur Welt kommt?", fragt Al Karaky verzweifelt. Selbst wenn die Grenzen wieder aufgehen, macht er sich große Sorgen, welche Auswirkungen das Leid, der Hass, die Kämpfe der letzten Wochen auf das Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern haben werden.
    Er habe Sorge, dass die Israelis ihn als Araber ablehnen, sagt er. Und doch hängt an dem Job in Israel die Zukunft seiner Familie. So geht es 190.000 Menschen aus dem Westjordanland und auch rund 18.000 Menschen aus Gaza, die zuvor legal in Israel arbeiten durften. Nach dem Angriff der Hamas wurden sie im Westjordanland festgesetzt, ihre Arbeitserlaubnis entzogen.
    Die Karte zeigt die Grenzgebiete von Israel, Gazastreifen, Westjordanland heute.

    Arbeiter aus Gaza sitzen fest

    Vor einer Turnhalle in Ramallah liegt nun Matratze an Matratze für die Männer, die am 7. Oktober hier Zuflucht gefunden haben. Israel fürchtet um die eigene Sicherheit, so dürfen die Männer nicht raus aus dem Westjordanland. All diese Arbeiter hätten nichts zu tun, mit dem was im Nahost-Konflikt passiert ist, sagt Abu Muhammad, der seinen vollen Namen nicht nennen möchte, aus Sorge dass er nie wieder in Israel arbeiten darf.
    Er brauche das Geld, die Menschen in Gaza hätten schon vor dem Krieg kaum überleben können. Gebe es die internationale Hilfe nicht, würde das ganze Volk verloren gehen, meint er. "Hier sind so viele Menschen, sie haben uns hier geholfen, aber das ist kein Platz um zu bleiben", erklärt er noch, bevor unser Gespräch unterbrochen wird.

    "Wir wollen unsere Familien, Kinder und Frauen"

    Ein Mann ruft verzweifelt: "Wir wollen nur, dass sie uns zu unseren Familien nach Gaza zurückbringen, damit wir sie sehen, bevor sie sterben. Sie sterben dort und wir sind hier. Wir wollen unsere Familien, Kinder und Frauen." Doch es ist vollkommen unklar, ob und wann sie sie wiedersehen. Israel kämpft gegen die Hamas in Gaza und zeigt aktuell keinerlei Anzeichen, dass diese Männer bald dorthin zurückkehren können.
    Das palästinensische Arbeitsministerium, dass den gestrandeten Arbeitern mit einem Notfallprogramm hilft, hofft aber, dass Israel die Arbeitskräfte mindestens genauso braucht. Der Sprecher für internationale Angelegenheiten im Ministerium, Rami Mehdawi, ist der Meinung, auch Israels Wirtschaft werde leiden, wenn die Palästinenser dort künftig nicht mehr arbeiten.
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    Thailändische Arbeiter fehlen

    Fakt ist: In Israel fehlen nicht nur die palästinensischen Arbeiter, sondern auch viele Gastarbeiter aus Thailand. Die meisten ausländischen Arbeitskräfte auf israelischen Feldern sind Thailänder, rund 30.000 waren zum Zeitpunkt des Hamas-Angriffs in Israel tätig. So sind unter den Geiseln und Opfern auch mehrere Menschen mit thailändischem Pass.
    Thailands Premierminister Srettha Thavisin forderte alle thailändischen Arbeitnehmer dazu auf, Israel zu verlassen. Alle Militär-, Außen- und Sicherheitsbehörden bestätigten, dass die Intensität des Kriegs wahrscheinlich stark steigen und er auf benachbarte Länder übergreifen werde, sagte Srettha bei einer Pressekonferenz.

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