Eskalation in Nahost: Droht ein neuer Ölpreisschock?
Eskalation im Nahost-Konflikt:Droht ein neuer Ölpreisschock?
von Anne Sophie Feil
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Wie stark auch wir den Nahost-Krieg wirtschaftlich spüren werden, hängt von der weiteren Entwicklung ab. Werden ölreiche Staaten involviert, könnten auch die Preise steigen.
Wirkt sich der Nahost-Konflikt auf die Ölpreise hierzulande aus? (Symbolbild)
Quelle: imago
Die Eskalationen nach den Angriffen der Terrororganisation Hamas auf Israel schockieren die Welt. Neben der Anteilnahme für Betroffene steigt auch die Nervosität an den Märkten. Denn der Nahe Osten ist eine der ölreichsten Regionen weltweit.
Kommt es dort zu Spannungen, steigen am Erdölmarkt die Risikoaufschläge. Ein starker Preisanstieg könnte die Inflation in vielen Ländern wieder befeuern und Notenbanken zu Zinserhöhungen zwingen. Kriege in der Region haben schon mehrfach Ölpreisschocks ausgelöst. Vor 50 Jahren führte der Jom-Kippur-Krieg zur ersten Ölkrise.
Als am jüdischen Feiertag Jom Kippur im Oktober 1973 ägyptische und syrische Truppen Israel angriffen, kam es zu wochenlangen Kämpfen (Jom-Kippur-Krieg). Auf die US-Unterstützung Israels reagierend verhängten die Mitgliedsstaaten des Ölkartells OPEC ein Ölembargo gegen die USA und andere Länder, die Israel unterstützten. Ölpreise stiegen drastisch an. Die Folgen für Deutschland: gebremstes Wirtschaftswachstum, hohe Inflation, Arbeitslosigkeit. Um Energie zu sparen, wurden Schwimmbäder geschlossen, Ferien verlängert, autofreie Sonntage und die Sommerzeit eingeführt.
Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
ZDFheute Infografik
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Am Montag nach dem Angriff stieg der Ölpreis sowohl für die Nordsee-Rohölsorte Brent als auch für die US-Sorte WTI um jeweils rund vier Prozent pro Barrel. Kein dramatischer Anstieg, zumal die Preise beider Sorten in den darauffolgenden Tagen wieder erkennbar sanken. In der Ölkrise 1973 verteuerte sich das Öl innerhalb eines Tages um etwa 70 Prozent - mit fatalen Auswirkungen für die globale Konjunktur.
Auch nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine am 24. Februar 2022 war der Ölpreis auf deutlich höherem Niveau:
Ölpreis Brent
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Zurzeit scheinen Investoren und viele Branchenexperten nicht davon auszugehen, dass eine erneute globale Ölkrise unmittelbar droht. Öllieferungen seien aktuell nicht gefährdet, weil Israel kein bedeutender Ölexporteur sei.
"Solange die großen Ölproduzenten in der Region nicht reagieren oder von dem Konflikt betroffen sind, werden die unmittelbaren konjunkturellen Auswirkungen gering sein", schätzt Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) die Lage ein. Dafür sehe er aktuell keine Anzeichen. Ebenso seien Hinweise auf Störungen wichtiger Handelsrouten bisher nicht erkennbar.
Heute weniger abhängig von Nahost
Auch Michael Strugl, Chef von Österreichs größtem Energieunternehmen VERBUND AG, wiegelt zunächst ab: Die Abhängigkeit des Westens von Öl aus dem Nahen Osten sei heute wesentlich schwächer als bei früheren Krisen. Inzwischen setze man sowohl auf vielfältigere Energieträger als auch auf eine breitere Streuung der Bezugsländer.
Wirtschaftliche Gefahr bei Ausweitung des Konflikts auf Iran
Sollte die Lage allerdings weiter eskalieren und sich auf andere Ölförderstaaten ausweiten, könnte es schnell ganz anders aussehen. In Anbetracht dieser Unsicherheit sprechen Experten von einer hoch explosiven Situation. "Richtig ist: Wenn sich der Konflikt ausbreitet in die Fläche, kann es einen Impact auf die Energiemärkte geben", warnt auch Strugl.
Beispielsweise falls der Iran, der die Terrormiliz Hamas finanziell unterstützt, eine aktivere Rolle einnimmt. Denn aktuell produziert die islamische Republik mehr als drei Millionen Barrel Öl pro Tag.
Mehr Öl auf dem Markt hält den Preis niedrig und kommt dem Kampf gegen die Inflation zugute. Daher haben die Vereinigten Staaten bestehende Sanktionen gegen die Erdölexporte aus Teheran zuletzt weniger streng durchgesetzt. Sollte die USA den Druck jetzt wieder erhöhen, würde der Ölpreis sehr schnell steigen - mit Folgen für die globale Konjunktur. Möglicherweise würde Irans Rivale Saudi-Arabien einspringen und den Engpass überbrücken.
Das ölreiche Land liegt zudem direkt an der Schifffahrtsstraße Hormus, über die etwa ein Fünftel der globalen Ölversorgung transportiert wird. Wird sie blockiert, können Asien, Westeuropa und die USA nicht mehr mit Öl aus dem Nahen Osten beliefert werden.
Kriege oder Streitereien um Gas und Öl wird es vermutlich immer wieder geben. Angesichts dessen könnte der weitere Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland uns mehr Stabilität und Unabhängigkeit bescheren.
Doch so groß die Sorge um Preisentwicklung und Energieversorgung hierzulande auch ist: Am schlimmsten sind die Folgen des Kriegs für die betroffene Region. Wirtschaftlich, vor allem aber humanitär.
Anne Sophie Feil ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.