Hamas-Terror: Hat Iran den Angriff auf Israel mitgeplant?
Mögliche Treffen mit Hamas:Hat Iran den Angriff auf Israel mitgeplant?
von Nils Metzger
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Waren die iranischen Revolutionsgarden in die Planung des Hamas-Terrors direkt eingebunden? Welche Hinweise gibt es bislang? Das sagen Experten zu den Vorwürfen Richtung Teheran.
Dass Iran die palästinensische Terrororganisation Hamas seit Jahrzehnten mit Geld und Waffen unterstützt, ist allgemein bekannt. Aber war Teheran auch in die konkreten Anschlagsplanungen der Hamas von Samstag eingebunden? Das berichtete das "Wall Street Journal" am Sonntag unter Berufung auf anonyme Quellen in Hamas und der mit ihr verbündeten Hisbollah im Libanon.
Bei einem gemeinsamen Treffen iranischer Offizieller mit Hamas- und Hisbollah am vergangenen Montag habe Iran angeblich grünes Licht für den Großangriff mit mehr als 900 Toten gegeben, so die US-Zeitung. Die iranischen Revolutionsgarden hätten das Vorhaben seit August mitgeplant. Vertreter von insgesamt vier von Iran unterstützten Milizgruppen seien bei mehreren Treffen in Beirut anwesend gewesen. Die "Washington Post" berichtete am Montag, dass die Planungen für den Angriff schon Mitte 2022 begonnen hätten. Iranische Verbündete hätten militärisches Training, logistische Hilfe und Dutzende Millionen Dollar für Waffen bereitgestellt.
Wie reagiert Israel auf den Bericht?
Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte eine Regierung unter Premier Benjamin Netanjahu so einen Vorwurf lautstark und unmittelbar aufgegriffen.
Doch während Fachleute in den sozialen Medien seit 24 Stunden aufgeregt über den Bericht diskutieren, sprach nur Israels weitgehend repräsentativer Präsident Isaac Herzog am Sonntag öffentlich die mögliche Iran-Verbindung an. In Netanjahus Kommunikation spielt er bislang keine explizite Rolle.
Denn ungeachtet, wie korrekt der Vorwurf ist, Israels militärische Aufmerksamkeit richtet sich auf die Hamas. Eine innenpolitische Debatte über eine angemessene Bestrafung Irans würde ablenken. Und zusätzlicher Druck auf Iran birgt die Gefahr, dass er Akteure wie die Hisbollah dazu bewegt, offen in den Krieg einsteigen - und das kann Israel nicht riskieren.
"Absolut niemand, insbesondere nicht Israel, braucht gerade eine Konfrontation an zwei Fronten", sagt Tobias Schneider vom Global Public Policy Institute (GPPI) in Berlin ZDFheute. US-Außenminister Anthony Blinken betonte, dass die USA bislang keine Hinweise auf eine Mitwirkung Iran hätten.
Quelle: picture alliance / AA
Radikal-islamische Terrorgruppe, 1987 während erster Intifada gegründet
Name ist Akronym für "islamische Widerstandsbewegung"
Ziel: Zerstörung Israels und Einrichtung eines islamischen Staats
besitzt keine demokratische Legitimierung und geht restriktiv gegen Bevölkerung vor
Quelle: dpa
radikale Schiiten-Miliz, dominiert mehrere schiitische Gebiete im Libanon
Ziel: Interessen der Schiiten durchsetzen, Kampf gegen Israel
fungiert als politische Partei und Terror-Miliz
ideologisch und politisch mit Iran verbunden, enge Koordination mit Hamas
Großteil militärischer Ausstattung stammt aus Iran
verfügt über großes Raketenarsenal, können vermutlich zehntausende Kämpfer mobilisieren
bereits mehrmals im Konflikt mit Israel, etwa im Libanon-Krieg 2006
in Deutschland als Terrororganisation eingestuft
Experten verweisen auf eine instabile Lage im Libanon: Hisbollah könnte sich Krieg mit Israel wohl auch finanziell nur schwer leisten.
Quelle: ZDF/Iranian Supreme Leaders Office
seit der Revolution 1979 eine schiitische Islamische Republik
Staatsoberhaupt: Ali Khamenei - dieser erklärte zuletzt abermals: Die Palästinenser und andere Kräfte würden "das Krebsgeschwür Israel bald schon auslöschen"
Iran sieht Israel als Erzfeind an und lehnt dessen Existenz ab
fördert und finanziert seit Jahrzehnten Terror-Gruppen in der gesamten Region
konkurriert mit Saudi-Arabien um Einfluss in der Region, ermöglicht durch Öl-Milliarden
ist klar gegen eine mögliche Aussöhnung und Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien, die sich zuletzt angedeutet hat. Könnte Hamas darum zu Großangriff auf Israel bewegt haben.
Quelle: Reuters, ZDF
Was sagen Iran und Hamas zu den Vorwürfen?
Aus Iran selbst kam über das Außenministerium eine Zurückweisung; man mische sich nicht "in die Entscheidungsprozesse anderer Länder ein". Auch die Hamas selbst verneint eine Kooperation.
Ali Barakeh, ein hochrangiger Hamas-Vertreter in Beirut, sagte der Nachrichtenagentur AP, dass der Angriff ausschließlich in Gaza geplant worden sei. Selbst die engsten Verbündeten seien nicht informiert gewesen.
Endgültige Beweise gibt es noch nicht. Dafür aber manche Zusammenhänge, die zumindest an der Glaubwürdigkeit so umfassender Hamas-Dementi kratzen. Im Mai 2021 hatte der Hisbollah-Haussender al-Manar über die Einrichtung eines gemeinsamen Kommandozentrums von iranischen Revolutionsgarden, Hamas und Hisbollah in Beirut berichtet. Grund war die damalige israelische Militäroperation in Gaza.
Außerdem berichteten am Montag die israelische Zeitung "Jedi'ot Acharonot" und AP, dass ägyptische Geheimdienste Israel in den vergangenen Wochen angeblich mehrfach vergeblich vor einer "großen Sache" gewarnt hätten, die die Hamas in Gaza plane. Dass Ägypten, nicht aber Hisbollah und Iran informiert waren, erscheint fraglich. Israel hat den Bericht entschieden zurückgewiesen.
Israelische Medien berichten, die Regierung habe vor dem Angriff der Hamas Warnungen aus Ägypten erhalten. Ministerpräsident Netanjahu weist dies scharf zurück.
Was halten Experten für wahrscheinlich?
Unter Nahostexperten sind die Reaktionen auf die Veröffentlichung gemischt. Allein dass der Artikel so schnell nach Beginn des Konflikts erschien, sehen manche Beobachter als Argument gegen seine Glaubwürdigkeit.
Gregg Carlstrom, Nahost-Korrespondent des "Economist", irritiert etwa, dass laut "Wall Street Journal" Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian persönlich an zwei der Planungstreffen teilgenommen haben soll. "Zu denken, dass ein Apparatschik, der Ziel so vieler Überwachungsmaßnahmen ist, hinzugezogen wird, um eine hochgeheime Militäroperation zu planen, schmälert die Glaubwürdigkeit", schreibt Carlstrom auf X. "Koordination bedeutet nicht automatisch, dass Iran Hamas einen Befehl zum Großangriff auf Israel gegeben hat."
Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
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GPPI-Experte Schneider betont, dass Hamas integraler Bestandteil der vom Iran geführten "Axe des Widerstands" in der Region sei. "Zwar hat Iran aus religiösen Gründen nicht die gleiche Autorität oder Befehlsgewalt über Hamas wie über die Hisbollah, gleichzeitig ist die palästinensische Terrorgruppe so abhängig von externer Unterstützung, dass sie es kaum wagen würde – und in der Vergangenheit nicht gewagt hat – einen solch komplexen Angriff ohne Rücksprache mit Teheran durchzuführen", sagt Schneider.
War die Hisbollah über den Angriff vorgewarnt?
Nicholas Blanford vom US-Thinktank Atlantic Council und einer der besten westlichen Kenner der Hisbollah sieht klare Verbindungen zwischen dem Hamas-Vorgehen und ihrem libanesischen Partner Hisbollah: "Hamas hat das Drehbuch der Hisbollah beim Angriff auf Israel umgesetzt", sagt er ZDFheute.
"Mindestens seit 2007 trainieren die Hisbollah-Einheiten die Infiltration Israels mit einhergehendem Raketenbeschuss. (…) Hamas ist der kleine Bruder der Hisbollah." Und eine Beobachtung hat Blanford, der seit Jahrzehnten in Beirut lebt, gemacht:
Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagte im ZDF, dass die Kooperation zwischen Hamas und Iran nach den schwierigen Jahren des Arabischen Frühlings zuletzt wieder zugenommen habe. Aber: "Ob der Iran tatsächlich aktiv an der Vorbereitung dieser Operation beteiligt war, das wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht."
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Mit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert. Israel greift infolge der Terrorattacke Ziele im Gazastreifen an. Ein Rückblick.