Deutscher in Gaza: "Bombardierungen finden überall statt"
Deutscher sitzt in Gaza fest:"Bombardierungen finden überall statt"
|
Erst wenige Tage sind Abed Hassan und seine Mutter im Gazastreifen, als es zum Hamas-Angriff kommt. Jetzt ist der Rückweg unmöglich. Der Berliner versucht, stark zu bleiben.
Der 27-jährige Abed Hassan aus Berlin wollte nur seine Verwandten besuchen, als die Terrororganisation Hamas einen Angriff gegen Israel startete und über 200 Geiseln verschleppte. Israel reagierte mit eigenen Angriffen und einer Bodenoffensive. Seitdem sitzt der Berliner mit seiner Mutter im Gazastreifen fest, er berichtet im ZDF-Interview von der Lage vor Ort.
Deutscher berichtet aus Gaza-Stadt
"Ich war einkaufen und dann ist eine Granate unmittelbar vor mit eingeschlagen", sagt Abed Hassan im Interview mit ZDFheute live. Artilleriefeuer, Drohnenflüge und Panzergranaten seien rund um die Uhr zu hören - in der Nacht besonders stark.
"Gestern Abend haben wir einen Einschlag gehabt, ich schätze 250 Meter Luftlinie von uns entfernt, bei dem auch die Splitter bei uns angekommen sind", erzählt Hassan. "Sie haben meine Cousine knapp verfehlt." Dies sei in der aktuellen Lage aber nicht außergewöhnlich gewesen. "Die Bombardierungen finden in jedem Viertel, überall statt", berichtet er.
Hassan: Familienwohnung zerstört
Die Wohneinheiten, in der er sonst mit seiner Familie wohnt, seien mittlerweile verlassen "und auch zum größten Teil zerstört", berichtet Abed Hassan aus Gaza-Stadt. Dorthin ist er mit seiner Mutter geflohen, als die Angriffe Israels begonnen haben - zu seiner Tante. Alle anderen seines Viertels seien in UN-Schulen untergebracht worden, sagt er.
Abed Hassan ist zu seiner Tante nach Gaza-Stadt geflüchtet. Doch "die Bombardierungen finden in jedem Viertel statt", sagt er.
Selbst das Wirtschaftsviertel des Gazastreifens sei bombardiert worden, so Hassan. Dabei gingen die Menschen im Gazastreifen bewusst in Viertel wie diese, so sagt er, da sie sich dort sicher fühlen würden. "Aber wir haben Nachbarn, die tatsächlich da hingegangen sind am zweiten Tag und dann dort verstorben sind."
Bunker oder andere Schutzräume gäbe es im Gazastreifen nicht. Lediglich die Schulen sowie Krankenhäuser würden als einigermaßen sicher erachtet, sagt Abed Hassan.
Das Rabin Medical Center "hat sich stark darauf vorbereitet, viele Verletzte aufnehmen zu können“, so Neurologe Dr. Felix Benninger aus Israel. Er berichtet über tägliche "Übungen für den Notfall".02.11.2023 | 5:56 min
In Gaza: "Es fehlt an Grundnahrungsmitteln"
"Seit Beginn des Krieges ist der Strom komplett abgeschaltet und das Wasser ist abgeschaltet", sagt Hassan zur Lage im Gazastreifen. Nur noch Brunnenbesitzer hätten Wasser, so der 27-Jährige. Seine Familie darf das ungefilterte Brunnen-Grundwasser von den Nachbarn trinken. Andere hätten diese Möglichkeiten nicht und müssten auf Reserven zurückgreifen. "Trinkwasser aus Flaschen zu kaufen, ist nahezu unmöglich".
Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
ZDFheute Infografik
Ein Klick für den Datenschutz
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Strom werde mit Gas erzeugt, so Hassan. "Das ist allerdings auch mittlerweile sehr rar, genau wie Benzin und Diesel". Um Gas zu sparen, werde auch sehr wenig gekocht, so Hassan. "Ich persönlich esse gerade einmal am Tag", sagt er und berichtet: "Es ist auch sehr schwierig, Brot zu kaufen. Die meisten Bäckereien sind außer Betrieb, wurden bombardiert oder haben selbst kein Mehl mehr, um Brot zu backen."
Seine Familie sei "in einer sehr priviligierten Situation", da sie sich noch kaufen könnten, was "existiert". "Allerdings wird das, was auf dem Markt da ist ... es verschwindet langsam", erzählt Hassan.
Im Gazastreifen auf die Flucht warten
Abed Hassan will seine Familie nicht belasten. "Ich versuche, meine Familie zu beruhigen", sagt Abed Hassan, obwohl es in dieser Lage schwierig sei, "einen Überblick zu behalten" - auch wegen der immer wieder gekappten Internetverbindung. Er selbst will die Ruhe bewahren und trotzdem: "Es passiert zu viel Leid, es sterben zu viele Menschen. Ich bekomme von zu vielen Verwandten mit, die ihr Leben verloren haben."
Abed Hassan ist dankbar, dass es ihm und seiner Familie bisher den Umständen entsprechend gut geht. Sie warteten nun auf Informationen von den ägyptischen Behörden und der dortigen deutschen Vertretung, die eine Ausreise für Ausländer im Gazastreifen möglich machen sollen.
Mit Instagram nach Deutschland berichten
Einfach an die Grenze fahren, möchte er nicht: "Ich will nicht in Kauf nehmen, dass ich irgendwo hinfahre und mich in Gefahr begebe, um am Ende dann warten zu müssen oder nicht die Möglichkeit zu bekommen, rauszukönnen."
Bis dahin versucht er, über Instagram Videos und Bilder nach Deutschland zu senden, um über seine Lage zu informieren. Doch: "Es ist an solchen Tagen schwierig, überhaupt Sachen aufzunehmen oder Sachen nach Deutschland zu befördern."
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.