Nach der Landtagswahl: Warum hat Thüringen AfD gewählt?

Warum haben im thüringischen Berga mehr als 37 Prozent die AfD gewählt? "Weil die anderen Pfeifen sind, können sie doch vergessen - alles, was die angepackt haben, ist doch schief gegangen", sagt ein Mann mittleren Alters in der Drogerie der 3.000 Seelen zählenden Gemeinde.

Für ihn spiegelt sich die Unzufriedenheit in der Politik an allen Ecken wider: "Rente, Armut, Kinderarmut, Schule - das können Sie alles vergessen. Die verwalten das Chaos."

Die Drogerie ist Lottoladen, Paketannahmestelle, Tabakwaren-, Spielzeuggeschäft und ein wichtiger Treffpunkt. Der Besitzer Thomas Berlin sieht die Wahlentscheidung vieler Bürger als Protest: "egal ob das ums Flüchtlingsproblem geht, ob das um wirtschaftliche Themen geht, ob das die Schule ist. Alles, man kann nehmen, was man will, in Deutschland im Moment geht alles den Bach runter, alles nur noch bergab."

Diese Meinung teilt auch ein weiterer Kunde in seinem Laden: "Es gibt keine gefühlte Gerechtigkeit mehr in Deutschland." Er beklagt vor allem die steigenden Lebenshaltungskosten und den Eindruck, dass die Politik zu weit von den Bedürfnissen der Bürger entfernt ist.

Ein paar Kilometer weiter, der Ort Kauern. Sven Junge, Kfz-Werkstattbesitzer, ist ebenfalls enttäuscht von den etablierten Parteien. Der Unternehmer hat jahrelang CDU gewählt, doch jetzt ist er zur AfD gewechselt.

Junge betont, dass er sich dadurch Veränderungen erhofft, die dringend nötig seien. "Die Lebenshaltungskosten steigen extrem, die Mitarbeiter werden unzufrieden […] und das geht irgendwann richtig in die Hose."

Viele Wähler hier äußern ähnliche Gründe für ihre Entscheidung. Ein zentraler Punkt ist das Gefühl, dass die Politik die Bedürfnisse des "normalen Bürgers" nicht ernst genug nimmt. Ein Kunde in der Kfz-Werkstatt fasst es so zusammen: "Es gibt immer mehr Abgaben und irgendwelche Steuern, die dann vielleicht auch nicht Steuern genannt werden. Es werden immer mehr, es bleibt immer weniger für den Durchschnittsbürger hängen."

Diese Unzufriedenheit trifft insbesondere die Menschen im Osten Deutschlands, die sich abgehängt fühlen. Nicht nur finanzielle Sorgen treiben viele Menschen im Osten um, sondern auch Ängste vor Migration und Kriminalität.

Jana M., 61, ist Inhaberin einer kleinen Nähstube im thüringischen Zeulenroda: "Meine Tochter wohnt in Zwickau, Zwickau ist auch ganz heiß - ausländermäßig." Sie erklärt, dass viele Menschen Angst hätten, sich frei zu bewegen, insbesondere junge Frauen. "Meine Enkeltochter, hübsches Mädel - da hat jeder Angst. Das ist das Schlimme."

Doreen Bergmann besitzt eine Patisserie im thüringischen Zeulenroda, die Unternehmerin ist keine AfD-Wählerin. "Ich fokussiere mich immer auf das Gute", sagt sie. "Wir haben richtig mitgebibbert, dass [der CDU Kandidat] Christian Tischner im Wahlkreis Greiz Höcke geschlagen hat. Mein Landkreis hat sich für die Richtigen entschieden." Doch sie versteht, warum viele Menschen anders wählen:

Für sie liegt ein Teil des Problems in der Geschichte: "Wenn man sich 40 Jahre in der DDR abgerackert hat, dann 30 Jahre durch die Wende gequält hat, immer wieder aufgebaut hat und jetzt haben wir plötzlich ein Umweltproblem und dieses Problem und das Problem. Es ist einfach, die sind müde, sich der Veränderung zu stellen. Das kann man in Teilen nachvollziehen, dass man irgendwann mal die Nase voll hat."

Die zupackende Unternehmerin hofft, dass die Regierungsbildung in Thüringen jetzt schnell vorankommt und die Probleme der Menschen angepackt werden können: "Macht doch alle zusammen […] macht jetzt, bringt Thüringen wieder vorwärts!"