Kritik an Israel: Was bedeutet das UNRWA-Verbot für Gaza?

    Internationale Kritik an Israel:Was bedeutet das UNRWA-Verbot für Gaza?

    von Katja Belousova und Kevin Schubert
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    Israel hat ein Verbot der UNRWA auf den Weg gebracht - seit langem gibt es Kritik an der UN-Organisation. Ihr Aus könnte die humanitäre Krise in Gaza weiter verschärfen.

    Laute Kritik an Israels UNRWA-Entscheidung
    Israels Verbot der auch im Gazastreifen tätigen UN-Hilfsorganisation UNRWA auf seinem Staatsgebiet, schlägt international hohe Wellen. Die Lage in Gaza wird noch dramatischer. 29.10.2024 | 2:47 min
    Es ist eine Seltenheit, wenn sich die Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats angesichts der aktuellen Weltlage zumindest auf eine Sache einigen können. Zu weit liegen die Vorstellungen der USA, Russlands, Frankreichs, Chinas und des Vereinigten Königreichs auseinander. Das israelische Verbot des Palästinenserhilfswerks UNRWA sorgt jedoch für einen dieser seltenen Momente: Die Vetomächte sprechen sich geschlossen gegen Israels Schritt aus.
    Die USA zeigen sich "zutiefst beunruhigt", China spricht von einer "Kollektivbestrafung von Millionen palästinensischer Flüchtlinge" und Russland teilt die Ansicht, dass das "UNRWA unersetzlich ist und es heute keine Alternative dazu gibt".

    Israel kontrolliert Grenzübergänge nach Gaza

    Genau das ist ein Punkt, der Kritikerinnen und Kritiker des Gesetzes Sorgen bereitet: Zwar würde das Verbot des UNRWA für israelisches Staatsgebiet gelten - doch weil Israel die Grenzübergänge und Hilfslieferungen nach Gaza kontrolliert, wäre eine Weiterarbeit des Hilfswerks dort kaum möglich, auch nicht über Ägypten. "Weil Israel auch die Grenze zu Ägypten - den Philadelphi-Korridor - kontrolliert", erklärt Nahost-Experte Peter Lintl von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
    Banner mit UNRWA-Aufschrift
    Das israelische Parlament hat ein Verbot des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA gebilligt und damit internationale Kritik hervorgerufen. Am Nachmittag befasst sich der UN-Sicherheitsrat mit der aktuellen Lage in Nahost.30.10.2024 | 2:37 min
    Für die humanitäre Lage der Menschen im Gazastreifen könnte das massive Einschnitte bedeuten. "Letztlich würde die Güterverteilung, auf die die Menschen im Gazastreifen angewiesen sind, vollends zusammenbrechen", warnt Lintl.

    Das heißt, die ohnehin zu wenigen Güter und Lebensmittel, die den Gazastreifen erreichen, könnten nicht mehr verteilt werden.

    Dr. Peter Lintl, SWP Berlin

    Das UNRWA sei derzeit die einzige Einrichtung, die noch in der Lage sei, die Verteilung der Hilfsgüter, die im Gazastreifen ankommen, großflächig zu organisieren und durchzuführen, erklärt der Experte. Laut Angaben von "Ärzte ohne Grenzen" sei das UNRWA aktuell zudem der größte Gesundheitsdienstleister im Gazastreifen.
    Orte im Gazastreifen

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    Kritik an UNRWA

    Gleichzeitig steht die Organisation in der Kritik: Einige Mitarbeitende der Organisation waren am Terror des 7. Oktober 2023 beteiligt. Das UNRWA entließ die Mitarbeiter zwar - doch der Vorfall stärkte die bereits lange vorherrschenden Zweifel an der Unabhängigkeit der UN-Organisation.




    Schon lange gibt es Kritik aus Israel am UNRWA, etwa weil in ihren Schulbüchern für Palästina anti-israelische Narrative verbreitet wurden. Es gab Karten, die Israels Existenzrecht absprachen und glorifizierende Porträts palästinensischer Terroristen und Terroristinnen. Finanziert von internationalen Geldgebern - auch aus Deutschland.
    "Das UNRWA liefert im Wesentlichen die ideologische Infrastruktur, die den palästinensischen Krieg gegen die Existenz eines jüdischen Staates anheizt", kritisiert die israelische Politologin und ehemalige Knesset-Abgeordnete Einat Wilf. Zudem hinterfragt sie, wie viele andere israelische Stimmen auch, warum es mit der UNRWA eine Organisation eigens für die Belange der Palästinenser geben müsse. Für alle anderen Flüchtlingsfragen weltweit ist die UN Organisation UNHCR zuständig. 

    Die UNRWA ist im Grunde die Organisation, die es den Arabern am Ende des israelischen Unabhängigkeitskrieges ermöglicht hat, zu sagen: Wir haben nicht verloren. Wir akzeptieren nicht, dass es einen jüdischen Staat gibt und wir werden als ewige Flüchtlinge bleiben.

    Einat Wilf, Politologin und ehemalige Knesset-Abgeordnete

    Eine Palästinenserin geht am 28. Mai 2024 in einem Lager für Binnenvertriebene in Rafah im südlichen Gazastreifen an einer beschädigten Mauer mit dem UNRWA-Logo vorbei.
    Die Vereinten Nationen haben neun Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA entlassen. Sie sollen möglicherweise am Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen sein.06.08.2024 | 0:24 min

    Widersprüchliche Angaben von Israel und UN

    Es sei nicht unwahrscheinlich, "dass UNRWA-Mitarbeiter mit der Hamas affiliiert sind", sagt Peter Lintl zu den Vorwürfen gegen das UNRWA. "Die Zahlen gehen hier allerdings weit auseinander. Israel spricht hier von 1.000 der 11.000 Mitarbeitenden, hat aber für diese enorme Zahl nur stichpunktartige Beweise vorgelegt."
    Die Vereinten Nationen selbst hatten 19 Fälle untersucht - und in zehn davon keine ausreichenden Beweise gefunden. "Israel weist den Befund als parteiisch zurück", sagt Lintl, der insgesamt Reformbedarf sieht: "Perspektivisch werden Reformen zur besseren Transparenz bezüglich möglicher Mitgliedschaften in Terrororganisationen nötig sein", sagt er.

    Alternativen zum UNRWA?

    Und wie steht es um den israelischen Vorschlag, humanitäre Hilfe für Gaza künftig mittels anderer Organisationen gewährleisten zu wollen?
    Peter Lintl ist skeptisch. Im Gespräch sei derzeit eine private israelisch-amerikanische Organisation, erklärt er, und mahnt: "Dass hier auch noch die humanitäre Grundversorgung an eine Organisation ausgelagert werden soll, die nach marktwirtschaftlichen Prinzipien operiert und gleichzeitig nur den Israelis rechenschaftspflichtig sein soll, scheint vor dem Hintergrund, dass die humanitäre Situation bereits jetzt desaströs ist, mehr als problematisch".
    Daher fordert er die Einbindung internationaler Organisationen oder Staaten, um auch in Zukunft humanitäre Mindeststandards zu gewährleisten. Hier könnte künftig auch der UN-Sicherheitsrat gefragt sein - große Einigkeit etwa für den Aufbau einer neuen Hilfsorganisation ist hier aber kaum zu erwarten.

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