Russland zieht Soldaten zusammen: Offensive gegen Ukraine?
Truppenbewegungen in Kursk:Steht eine russische Großoffensive bevor?
von Dara Hassanzadeh, Kiew
|
Seit Donald Trumps Wahlsieg in den USA intensiviert Russland seine Angriffe auf die Ukraine. Am Boden und in der Luft. In Kursk scheint eine Großoffensive bevorzustehen.
Angesichts der vorrückenden russischen Truppen ist im ostukrainischen Gebiet Charkiw die Zwangsevakuierung von zehn weiteren Ortschaften angeordnet worden, erklärt ZDF-Reporter Dara Hassanzadeh. 12.11.2024 | 2:47 min
Mehr als 50.000 Soldaten hat Russland in der Region Kursk zusammengezogen. Eine Großoffensive auf die von der ukrainischen Armee besetzten Gebiete auf Russlands Territorium scheint sich anzubahnen. Die ukrainische Armeeführung rechnet in diesen Tagen mit deren Beginn.
Vor diesem Hintergrund fordert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, seinem Militär freie Hand für den Einsatz westlicher Waffen zu geben.
Er zeigt sich zuversichtlich, dass die ukrainischen Truppen einem solchen Großangriff standhalten können. Ein positiver Nebeneffekt sei schon eingetreten, so Präsident Selenskyj: Russland könne diese zusammengezogenen Einheiten nicht mehr an anderen Fronten einsetzen, wie etwa im Donbass.
Quelle: ZDF
Welche Rolle könnten nordkoreanische Soldaten spielen?
Zu dem Großaufgebot Russlands gehören schätzungsweise auch mehrere Tausend nordkoreanische Soldaten. Deren Kampfkraft wird allerdings nicht als entscheidender Faktor für die bevorstehende Großoffensive gesehen.
Spricht man mit ukrainischen Soldaten, die an diesem Frontabschnitt eingesetzt werden, ist die einhellige Meinung, dass Kommunikationsschwierigkeiten mit den russischen Verbänden in Gefechten ein enormes "Friendly Fire"-Potenzial [versehentlicher Beschuss durch eigene Truppen] für Russland bergen würden. Auch haben die nordkoreanischen Soldaten keinerlei Erfahrung im modernen Drohnenkrieg.
Seit Tagen warnt die Ukraine vor einem baldigen Einsatz von nordkoreanischen Soldaten auf russischer Seite.27.10.2024 | 1:29 min
Problematisch sieht man eher die langfristigen Auswirkungen. Die nordkoreanischen Einheiten könnten aus den Kampfeinsätzen lernen. Vor allem könnten aber nach der Ratifizierung eines Militärbündnisses mit Russland noch viele, weitere Tausende Soldaten aus Nordkorea an die Front geschickt werden.
Auffallend ist, dass der Einsatz der nordkoreanischen Einheiten und der Beginn der Großoffensive zeitlich nach der US-Wahl stattfinden. Monatelang hat Russland nur mit relativ schwachen Kräften versucht, sein Territorium zurückzuerobern. Anscheinend will man in der Übergangszeit vom amtierenden Präsidenten Joe Biden zu Donald Trump - von denen bekannt ist, dass sie kaum kooperieren - Fakten schaffen und der Ukraine einen Trumpf bei etwaigen, künftigen Verhandlungen zuvor entreißen.
Die ukrainische Luftwaffe wies in der Nacht auf den Start russischer Kampfflugzeuge hin und warnte vor Drohnen.11.11.2024 | 0:17 min
Jeder Kilometer zählt für Moskau
Auch an der Ostfront im Donbass greift Russland unvermindert an. An manchen Tagen musste die Ukraine bis zu 148 russische Vorstöße abwehren. Russland zielt auf Gebietsgewinne ab, seien sie noch so klein und strategisch unbedeutend.
Jeder Kilometer zählt für Moskau. Denn sicher ist man sich auch im Kreml nicht, welche Maßnahmen Trumps Regierung ergreifen wird. Was man hat, das hat man, scheint im Moment die russische Militärstrategie zu sein. So banal das klingen mag.
Die Sirenen schweigen, doch jeder Gang vor die Tür ist lebensgefährlich. Seit die Ukraine Cherson zurückerobert hat, steht die Stadt am Fluss Dnipro unter russischem Dauerbeschuss.10.11.2024 | 2:41 min
Warum Trump für Russland zum Problem werden könnte
Manche Ankündigung aus dem Trump-Lager wird Russland beunruhigen. Eine Erhöhung der Ölförderung könnte die Weltmarktpreise sinken lassen, was Russland vor massive Probleme bei der Finanzierung seiner Kriegsmaschinerie stellen würde.
Das "Land-Lease"-Programm gibt Trump die Möglichkeit, die Ukraine mit Waffen zu versorgen, ohne direkte Steuergelder zu verwenden. Es wären Waffenverkäufe per Kredit. Summen bis zu 500 Milliarden Dollar sind denkbar. Zudem sind viele Republikaner der Meinung, dass man den Einsatz amerikanischer Waffen durch die Ukraine nicht beschränken solle.
Trump hat im Wahlkampf angekündigt, die Unterstützung für die Ukraine zurückziehen zu wollen. Putin würde das "brutal" ausnutzen, sagt Sicherheitsexperte Terhalle. 06.11.2024 | 14:49 min
Bis zum Amtsantritt kann Trump nur drohen
Aber auch die Ukraine kann sich nicht sicher sein, was der kommende US-Präsident ihr an Zugeständnissen abringen möchte. Kurt Volker, der ehemalige Sondergesandter für die Ukraine während Trumps erster Präsidentschaft, betonte im Interview mit dem "Kyiv Independent", dass es Trump ernst sei mit dem Ende der Kriegshandlungen. Trump wolle dies im Idealfall vor dem ersten Amtstag erreichen.
Als zwar gewählter, aber noch nicht im Amt vereidigter US-Präsident kann Trump in den nächsten Monaten allerdings nur eines tun: drohen.
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.