Wie Beziehungen das Gehirn beeinflussen

    Das Gehirn als soziales Organ:Wie Beziehungen das Gehirn beeinflussen

    von Anja Braunwarth
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    In guten Beziehungen sollte die Chemie zwischen Menschen stimmen. Doch was ist diese "Chemie" überhaupt? Experten sagen: Sie entwickelt sich in unserem Gehirn. Was steckt dahinter?

    Grafische Illustration eines Gehirns.
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    Das Herz als Sitz von Emotionen: eine romantische Vorstellung, die leider nicht zutrifft. Denn jede Art von Gefühl wird im Gehirn erzeugt. Von Zuneigung, Mitgefühl oder Empathie auf der einen Seite hin zu Missbilligung, Ablehnung oder gar Verachtung auf der anderen Seite erzeugt das Gehirn als eine Art Beziehungsorgan ein ganz buntes Spektrum an Emotionen. Damit macht es den Menschen zum sozialsten aller Wesen. Verantwortlich für seine Beziehungsfähigkeit sind Bereiche im Frontalhirn.

    Wie viele Kontakte ein Mensch pflegt

    Jeder Mensch hat durchschnittlich etwa 150 Kontakte, bei sehr extrovertierten Personen können es auch 1.000 sein. Aber nicht mit allen beschäftigen wir uns gleich intensiv. Untersuchungen zufolge gelingt es uns, mit etwa fünf Menschen täglich in engem Kontakt zu sein, etwa 15 weitere können wir als gute Freunde betrachten und noch einmal 50 als Freunde. Der Rest fällt eher in die Kategorie Bekannte.
    Die Zahl der Kontakte hat Auswirkungen auf das Frontalhirn, erklärt Leonhard Schilbach, Facharzt für Psychiatrie am Universitätsklinikum Düsseldorf.

    Tatsächlich gibt es Hinweise dafür, dass das Aktivitätsniveau des Frontalhirns in Zusammenhang steht mit der Anzahl der Sozialkontakte.

    Prof. Dr. Leonhard Schilbach, Universitätsklinikum Düsseldorf

    Die Anzahl regelmäßiger Kontakte zu Freunden und Bekannten beeinflusst also die Struktur und die Aktivität des Frontalhirns.
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    Warum wir Kontakte brauchen

    Wenn wir in positiver Interaktion mit anderen sind, springt unser Belohnungssystem im Gehirn an und wir fühlen uns wohl. Das ließ sich in Gehirnscans durch Versuche nachweisen. Der Wohlfühlfaktor ist auch ein wesentlicher Grund dafür, sich einer Gemeinschaft anzuschließen. Und es gibt noch mehr Pluspunkte einer Gruppe anzugehören: Kräfte werden gebündelt, Schutzmechanismen verstärkt und Handlungsmöglichkeiten erweitert.
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    Die Schattenseiten unseres Zusammenlebens

    Das Leben in einer Gemeinschaft hat aber nicht nur Vorteile. Eine Gruppe hat Regeln und Hierarchien. Es gibt Konkurrenzdenken, Rangordnungen und weitere Fallstricke.

    Nachteile können zum Beispiel darin bestehen, dass es in Gruppen, aber gerade auch über Gruppengrenzen hinweg zu sozialer Ausgrenzung und Konflikten kommen kann.

    Prof. Dr. Leonhard Schilbach, Psychiater

    Zudem lässt sich im Kollektiv nicht immer so rasch auf eine Gefahr reagieren wie als Einzelner. Darüber hinaus können sich Krankheiten schneller verbreiten.

    Mobbing gehört inzwischen zum Alltag, sei es in der Schule oder am Arbeitsplatz. Mobbing setzt das Gehirn unter Stress. Dieser Stress lässt sich durch veränderter Hirnaktivität in speziellen Kernspinuntersuchungen darstellen. Und er kann Folgen haben: Menschen, die einem Mobbing ausgesetzt waren, haben ein höheres Risiko dafür, später eine Angststörung oder eine Depression zu entwickeln.

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    Freundschaft besteht auch im Geiste

    Freunde verbinden nicht nur ähnliche Interessen oder Hobbys. In Experimenten hat sich herausgestellt, dass die Gehirne von miteinander befreundeten Menschen im wahrsten Sinne des Wortes auf einer Wellenlänge liegen. So zeigten Kernspinuntersuchungen hohe Übereinstimmungen in der Hirnaktivität von Freunden als Reaktion auf verschiedene Videoclips. Je enger die Freundschaft war, umso ähnlicher fielen die Reaktionen aus.

    Einsamkeit tut uns wirklich weh

    Der Schmerz, den Einsamkeit auslösen kann, ist kein rein seelisches Phänomen. Gehirnforscher fanden heraus, dass beim Erleben von Einsamkeit die gleichen Zentren im Gehirn aktiviert werden wie beim Empfinden von Schmerz. Dasselbe passiert auch bei Zurückweisungen. Das bedeutet, dass unser Alarmsystem nicht nur bei körperlichen Verletzungen anschlägt, sondern auch bei seelischen.
    Positive Sozialkontakte können dem etwas entgegensetzen. Dafür gebe es Hinweise aus der Hirnforschung, erklärt der Experte.

    Soziale Kontakte und insbesondere soziale Unterstützung können eine emotionsregulierende und sogar schmerzlindernde Wirkung entfalten.

    Prof. Dr. Leonhard Schilbach, Universitätsklinikum Düsseldorf

    Vermittelt wird der positive Effekt von Sozialkontakten über Opioide und das "Glückshormon" Dopamin im Körper.
    Rückansicht einer einsam wirkenden Frau, die an einem Fenster steht und hinausschaut.
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    Quelle: ZDF

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