Haltung zur Lage in Nahost:EU fordert Feuerpause im Gazastreifen
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Mit Blick auf die prekäre Lage im Gazastreifen hat die EU Israel zu einem "ungehinderten humanitären Zugang" aufgerufen. Auch humanitäre Korridore und Feuerpausen wurden gefordert.
Die EU-Staaten fordern Feuerpausen und geschützte Korridore für sichere Hilfslieferungen in den Gazastreifen. Die sich verschlechternde humanitäre Lage in Gaza gebe Anlass zu größter Besorgnis, heißt es in einer am Donnerstagabend in Brüssel verabschiedeten Gipfelerklärung der Staats- und Regierungschefs.
Man rufe im Konflikt zwischen der islamistischen Hamas und Israel zu einem kontinuierlichen, schnellen, sicheren und ungehinderten Zugang für Hilfslieferungen auf. Zu notwendigen Maßnahmen gehörten auch "humanitäre Korridore und Pausen für humanitäre Zwecke".
Erklärung war Streit zwischen den Mitgliedsländern vorausgegangen
Die Europäische Union werde eng mit den Partnern in der Region zusammenarbeiten, um Zivilisten zu schützen, Hilfe zu leisten und den Zugang zu Nahrung, Wasser, medizinischer Versorgung, Treibstoff und Unterkünften zu erleichtern, heißt es in der Erklärung weiter. Dabei wolle man sicherstellen, dass diese Hilfe nicht von terroristischen Organisationen missbraucht werde.
Zuvor hatte es heftigen Streit um die Erklärung gegeben, um die stundenlang gerungen worden war. Der vorliegende Kompromiss fordert nun nicht einen weitgehenden Waffenstillstand, sondern "humanitäre Pausen" bei den Kampfhandlungen und die Einrichtung von "humanitären Korridoren".
Die Verwendung des Wortes "Pausen" im Plural soll demnach deutlich machen, dass die EU Israel nicht auffordert, den Kampf gegen die Hamas mit sofortiger Wirkung und dauerhaft einzustellen. Diesen Eindruck wollen Länder wie Deutschland und Ungarn unbedingt vermeiden.
Schutz von Zivilisten gefordert
"Zivilisten müssen immer und überall geschützt werden", sagte EU-Ratspräsident Charles Michel mit Blick auf die Lage im Gazastreifen zuvor. Noch deutlicher wurde Belgiens Premierminister Alexander De Croo. In dem Nahost-Konflikt verurteilte er den Hamas-Terror scharf, sagte dann aber an Israel gerichtet:
"Es kann niemals eine Entschuldigung für die Blockierung humanitärer Hilfe sein. Es kann niemals eine Entschuldigung dafür sein, eine Bevölkerung auszuhungern", so De Croo weiter.
Streit in der EU um Forderungen nach Waffenstillstand
In der EU hatte es wegen der Erklärung große Dissonanz gegeben. Länder wie Deutschland, Österreich und Ungarn sprachen sich klar dagegen aus, dass sich die EU Aufrufen nach einem Waffenstillstand öffentlich anschließt. Sie argumentieren, ein solcher Vorstoß sei angesichts des anhaltenden Terrors der radikal-islamischen Hamas unangemessen.
"Man muss wissen, dass der militärische Druck, die Bombardements und natürlich auch das Zulassen humanitärer Hilfe das einzige Druckmittel ist, was Israel hat, um auf die Befreiung der Geiseln hinzuwirken", sagt ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge in Israel dazu im heute journal. "Und natürlich darf Israel nicht einfach die Zivilbevölkerung von Gaza in Mithaftung nehmen, aber die Hamas nimmt die Bevölkerung von Gaza auch in Mithaftung. Und vielleicht dürfte der ein oder andere hier ein ähnliches Signal auch an die Hamas erwartet haben (...)", so Bewerunge weiter.
Länder wie Spanien oder Irland setzten sich hingegen wegen der vielen zivilen Opfer bei israelischen Angriffen auf Ziele im Gazastreifen für einen solchen Aufruf ein. Sie argumentieren, dass die von Israel ausgehende Abriegelung des Gazastreifens klar gegen Völkerrecht verstoße. Vor allem Deutschland wird hinter vorgehaltener Hand vorgeworfen, nur vor dem Hintergrund seiner Nazi-Vergangenheit keine Aufrufe an Israel richten zu wollen.
Israel dürfe alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit sich das, was passiert sei, nicht wiederhole, sagte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban in Brüssel. Er zählt mit Deutschland, Österreich und Tschechien zu den kompromisslosesten Israel-Unterstützern in der EU.
Dies wird allerdings von etlichen EU-Partnern anders gesehen und kann auch aus dem Text für die Abschlusserklärung herausgelesen werden. Dort wird zwar nachdrücklich das Recht Israels betont, sich zu verteidigen - allerdings mit der Einschränkung, dass dies "im Einklang mit dem Völkerrecht und dem humanitären Völkerrecht" geschieht.
Demnach ist es der Einsatz von Zivilisten als menschliche Schutzschilde zwar eine "besonders beklagenswerte Grausamkeit", aber kein Entschuldigung, die Strom- und Wasserversorgung des Gazastreifens zu kappen.
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.