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Rebellen verkünden Regimesturz:Syrien-Krieg: Wer welche Interessen verfolgt
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Islamistische Rebellen haben mehrere Städte in Syrien erobert und verkünden das Ende des Assad-Regimes. Welche Interessen verfolgen die Akteure? Die Positionen im Überblick.
Nach Jahren ohne größere Kämpfe im syrischen Bürgerkrieg ist der Konflikt im Laufe einer Woche wieder voll entflammt. Eine Allianz aus eigentlich rivalisierenden Rebellen hat überraschend schnell große Gebiete im Nordwesten und die Hauptstadt Damaskus eingenommen. Sie verkündeten daraufhin den Sturn von Staatschef Baschar al-Assad, der aus der Stadt geflohen sein soll.
Rund 14 Millionen Menschen wurden seit Beginn des Konflikts in Syrien im Jahr 2011 vertrieben. Nach UN-Schätzungen kamen bisher mehr als 300.000 Zivilisten ums Leben. Eine politische Lösung ist seit Jahren nicht in Sicht.
Assads Verbündete zu schwach?
Der militärische Einfluss Assads stützte sich bisher vor allem auf die Unterstützung der Verbündeten. Mit Hilfe der russischen Luftwaffe, Kämpfern der proiranischen Hisbollah und iranischen Revolutionswächtern sicherte sich Assad zuletzt wieder die Kontrolle über zwei Drittel des gespaltenen Landes.
Doch Assads wichtigste Unterstützer sind mit eigenen Problemen beschäftigt: Russland mit dem Ukraine-Krieg, die Hisbollah und ihr Unterstützer Iran mit harten Rückschlägen im Krieg gegen Israel.
Islamistengruppe HTS
HTS folgte auf einen früheren Ableger der Terrororganisation Al-Kaida in Syrien, hat sich aber von dieser wie auch von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) distanziert. Die Gruppe gilt heute als etwas moderater als der IS oder die afghanischen Taliban. Sie hat auch erklärt, Minderheiten und andere Religionen respektieren zu wollen.
Im Kern handelt es sich dennoch um eine autoritäre bewaffnete Gruppe, der unter anderem Folter, andere Formen der Gewalt und Vertreibung von Minderheiten vorgeworfen werden. Unter anderem die USA, die EU und die Vereinten Nationen stufen HTS als Terrororganisation ein.
Die Türkei könnte am Ende profitieren
Die Türkei dementiert, etwas mit der Offensive zu tun zu haben. Beobachter im Land gehen aber davon aus, dass Ankara den Vorstoß zumindest gebilligt hat - und am Ende davon profitiert. Die Türkei unterstützt im Bürgerkrieg die Syrische Nationale Armee (SNA) und hält mit deren Unterstützung Grenzgebiete im Norden besetzt.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verfolgt zwei Hauptziele in Syrien: Zum einen strebt er an, dass zumindest ein Teil der Flüchtlinge in seinem Land nach Syrien zurückkehrt. Zum anderen möchte er den Einfluss kurdischer Milizen an der Grenze schwächen.
Israel blickt auf Lage in Syrien mit gemischten Gefühlen
Analysten der Denkfabrik Institut für Nationale Sicherheit (INSS) in Tel Aviv schreiben, aus israelischer Sicht hätten die Entwicklungen in Syrien sowohl positive als auch negative Aspekte.
Einerseits sei Assads Seite schwer getroffen worden und sein Sturz wäre ein erheblicher Schlag für den Iran und seine Helfershelfer und für Russland. Andererseits drohe nach einem Sturz Assads eine Zeit von Chaos und Instabilität in der Region.
Iran will Entsendung von Truppen prüfen
Ein Machtwechsel in Syrien hätte für die iranische Führung gravierende Folgen. Das Bündnis mit Syrien als "Korridor" zum Mittelmeer war für die Islamische Republik bislang zentral, um Waffen an die Hisbollah im Libanon zu liefern und den regionalen Einfluss zu stärken. Syrien gilt - wie andere militante Gruppen - als Teil der sogenannten Widerstandsachse im Kampf gegen Israel. Außenminister Abbas Araghtschi erklärte, mögliche Truppenentsendungen zu prüfen, falls die syrische Regierung dies fordert.
Der weitere Verlauf dürfte auch von der neuen US-Regierung unter Donald Trump abhängen. Trump hatte während seiner ersten Amtszeit Luftangriffe in Syrien angeordnet. Er könnte auch im neuen Jahr eine harte Linie gegen den Iran und den verbündeten Machthaber Assad durchsetzen.
Quelle: dpa
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