Ursula von der Leyen in Kiew: Eine Reise gegen das Vergessen

    Ursula von der Leyen in Kiew:Eine Ukraine-Reise gegen das Vergessen

    Ulf Röller
    von Ulf Röller, Kiew
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    Mit ihrem Besuch in Kiew will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen daran erinnern: Nicht nur im Nahen Osten wird gekämpft, auch die Ukraine braucht weiter Unterstützung.

    Ursula von der Leyen steht auf einem menschenleeren Bahnhof in Polen und wird gleich in den Nachtzug nach Kiew einsteigen. Soldaten sichern ihn. Sie schauen streng. Abschreckung hat ein hartes Gesicht. Das alles dürfen wir aber nicht filmen. Die Anweisungen sind eindeutig. Keine Bilder vom Zug, weder von innen noch von außen, keine Bilder von der Umgebung. Die Angst vor der russischen Aggression schreibt das Drehbuch dieser Reise.
    Fast elf Stunden Fahrt liegen vor Ursula von der Leyen, durch ein Land, das im Krieg ist. "Das ist immer wieder eine Anspannung, wenn man in die Ukraine reist", sagt sie in die Kameras. Das klingt dramatisch, deshalb schiebt sie noch den Satz hinterher: Man stehe fest an der Seite der Ukraine.

    Zwei zeitgleiche Krisen könnten Westen überfordern

    Es ist ihr Mantra, das die EU-Kommissionspräsidentin immer wiederholt, in den Hauptstädten dieser Welt, auf dem Gipfel in Hiroshima oder Delhi. Vor dem Nahost-Konflikt hatte dieser Satz etwas Selbstverständliches, brauchte keine weiteren Erklärungen. Doch nun muss sich der Westen gleich mit zwei Krisen beschäftigen. Das könnte ihn überfordern. Erste Risse werden deutlich. Gerade in dem wichtigsten Land. Den USA. Die Republikaner blocken dort weitere Ukraine-Hilfen.
    Von der Leyen weiß das. Auch deshalb fährt sie nach Kiew. Ein Zeichen der Solidarität setzen, nennt man so etwas in der Politik. "Es geht uns doch allen so, dass wir von der Masse der Herausforderungen überfordert sind, aber es geht um viel, der Einsatz lohnt sich," erklärt von der Leyen. Der Einsatz, das sei unsere Freiheit. Die Ukraine kämpfe auch für uns. Diese Reise soll uns daran erinnern. Diese Reise ist eine Reise gegen das Vergessen, was beim Ukraine-Krieg auf dem Spiel steht.

    Kugelsichere Weste und Helm sind ein Muss

    Bevor wir Kiew erreichen, bekommen wir noch eine weitere Sicherheitseinweisung und lernen eine neue Abkürzung: PPE - Personal Protection Equipment. Übersetzt heißt das: die kugelsichere Weste und den Helm haben wir immer bei uns zu tragen. Das gilt besonders für die Ankunft in Kiew. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird von der Leyen am Bahnhof begrüßen. Zum ersten Mal macht er das. Eine Ehre. Viele Politiker stehen an der Seite der Ukraine, aber von der Leyen scheint immer ein wenig dichter zu stehen. Sie will die Ukraine fest an Europa binden.
    Selenskyj kommt und fragt sie bei der Begrüßung: Frierst Du. Dann Küsschen links, Küsschen rechts. Sie sind sich vertraut. Am Bahnhof ehren die beiden die heimlichen Helden der Ukraine, die Mitarbeiter der Bahn. Diese sorgen dafür, dass die Züge immer fahren. Sie versorgen die Soldaten an der Front, transportieren die Verletzten ab, halten die Bahn als Lebenslinie am Laufen. "Sie stehen für die Widerstandsfähigkeit unseres Landes", sagt Selenskyj. Von der Leyen nickt anerkennend. Ein Termin, wie geschaffen, Hoffnung zu verbreiten.

    Selenskyj: Müde zu werden ist verständlich, aber gefährlich

    Deshalb ist von der Leyen hier: Um Mut zu machen. Gerade jetzt, wo der Krieg im Osten des Landes wütet wie selten zuvor und keiner es wirklich mitbekommt, weil alle auf Israel und die Hamas schauen.
    Der ukrainische Präsident weiß, dass die Menschen nur eine bestimmte Anzahl an Krisen verarbeiten können. "Wir sind müde," sagt er auf der Pressekonferenz. Verständlich sei das, aber gefährlich. Putin hofft darauf, dass der Westen schwach wird und irgendwann die Ukraine in einen Frieden zwingt, den das Land nicht will.

    Von der Leyen lobt Justizreform und Korruptionsbekämpfung

    Von der Leyen ist deshalb gekommen, um zu loben. Die Korruptionsbekämpfung im Land, die Justizreform, das alles sei beeindruckend, das alles habe die Ukraine geschafft, trotz Krieg. Wer ihr zuhört, hat keinen Zweifel mehr, dass sie den EU-Regierungschefs empfehlen wird, Beitritts-Verhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen.
    Selenskyj strahlt sie immer wieder während der Pressekonferenz an. Er scheint dies zu wissen. Gespräche heißen noch lange nicht eine Aufnahme in die EU, aber es klingt nach Hoffnung, nach Zukunft. Das braucht die Ukraine und von der Leyen war hier, um sie zu verbreiten.
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