Ukraine-Hilfe: "Die Waffen werden ja weiter geliefert"

    Interview

    Experte zu Waffenlieferungen:Kertsch-Brücke ist ein "legitimes Ziel"

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    Wie geht's weiter mit der Hilfe für Kiew - und welche Reichweite dürfen westliche Waffen haben? Die Kertsch-Brücke sei also "ein legitimes Ziel", so Sicherheitsexperte Heusgen.

    Christoph Heusgen in Nahaufnahme bei einer Pressekonferenzt der Münchener Sicherheitskonferenz
    Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Heusgen, befürwortet die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Die müsse diese nur selbst bedienen.05.10.2023 | 4:59 min
    Wie geht es weiter mit der Unterstützung für die Ukraine, wie steht es um die europäische Sicherheit? Darüber sprach Marietta Slomka im heute journal des ZDF mit Christoph Heusgen, dem Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Der erfahrene Diplomat war früher sicherheitspolitischer Berater von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel.
    Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie hier das Gespräch in Auszügen:
    Das sagt Christoph Heusgen über...

    ...die Sorge, dass die Unterstützung für die Ukraine bröckeln könnte

    Trotz besorgniserregender Nachrichten aus den USA oder dem Ergebnis der Wahlen in der Slowakei: "Die Waffen werden ja weiter geliefert", stellt Christoph Heusgen fest. "Es gibt sehr viele Staaten, die stehen dahinter." Auch US-Präsident Joe Biden habe versichert, die Ukraine weiter mit den notwendigen Waffen zu unterstützen.

    Christoph Heusgen | Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz

    ... ist Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Der promovierte Ökonom war 1980 ins Auswärtige Amt eingetreten und arbeitete dann unter anderem in Chicago, Paris und Bonn. Zwischen 1999 und 2005 war er Leiter des Politischen Stabs von Javier Solana im Generalsekretariat des EU-Rates in Brüssel. Mit Angela Merkels Amtsübernahme 2005 wechselte das CDU-Mitglied Heusgen ins Kanzleramt und war unter anderem Merkels Experte für die Nato, den Nahost-Konflikt, den Balkan und Afrika. Danach vertrat er als UN-Botschafter die Positionen der Bundesregierung bei den Vereinten Nationen.

    Zwar hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Bedenken bezüglich der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern geäußert - Heusgen führt die Zurückhaltung aber auf die Sorge zurück, dass die Ukraine möglicherweise deutsche Daten oder deutsche Programmierer benötigt, um diesen Waffe einsetzen zu können - "also deutsche Soldaten auf dem Boden der Ukraine." Diese Sorge müsse man ernst nehmen, so Heusgen. Seiner Meinung nach seien die Ukrainer aber bereits in der Lage, dies selbst zu übernehmen.
    Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz
    Die Bundesregierung will Medienberichten zufolge keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern. Bundeskanzler Scholz versicherte aber erneut die deutsche Unterstützung.05.10.2023 | 0:16 min

    ...legitime Ziele westlicher Marschflugkörper

    Wichtig sei, dass diese Waffen nur auf ukrainischem Territorium eingesetzt werden - und das habe Präsident Wolodymyr Selenskyj zugesichert, erklärt Heusgen. Darum sei auch die Kertsch-Brücke zur Krim ein "legitimes Ziel", so Heusgen.

    Es wäre sogar ein wichtiges Ziel, weil dadurch ja der Nachschub für die russischen Truppen dann auch unterbrochen werden würde.

    Sicherheitskonferenz-Chef Christoph Heusgen über die Kertsch-Brücke zur Krim

    Heusgen betont, wie wichtig es sei, die Ukraine zu stärken, um Frieden zu erreichen. Russlands Präsident Wladimir Putin werde nur dann zu Verhandlungen bereit sein, wenn er "das Gefühl hat, dass er seine Ziele nicht erreichen kann, dass tatsächlich die Ukraine erfolgreich ist." Es gehe ja nicht um Angriffe auf Russland - es gehe darum, dass die Ukraine ihr eigenes Territorium zurückgewinne.

    Militärexperte Gady zu Taurus
    :Marschflugkörper werden "dringend benötigt"

    Die Kämpfe an der ukrainischen Front gehen weiter. Militäranalyst Franz-Stefan Gady war schon mehrere Male dort. Bei ZDFheute live gibt er seine Einschätzung zum Kriegsverlauf.
    Archiv: Ukrainische Soldaten schauen aus einem Schützengraben an der Frontlinie in der Region Saporischschja heraus. (23.06.2023)
    mit Video

    ...die Lieferung neuer Patriot-Systeme

    Patriot-Raketen könnten zwar strategisch wichtige Orte schützen können oder eine Stadt - aber nicht das gesamte Land, erklärt Heusgen. Dennoch sei die Lieferung dieser Systeme wichtig:

    Wir sehen gerade, dass Wladimir Putin nicht bereit ist, irgendwie einzulenken. Er zielt weiter auf Zivilisten, heute 50 Tote, überhaupt kein militärisches Ziel. Das ist ein Kriegsverbrechen, was er begangen hat.

    Christoph Heusgen, Sicherheitskonferenz-Chef

    Heusgen fordert eine fortgesetzte Unterstützung für die Ukraine, um sie vor solchen "verbrecherischen Angriffen" zu schützen.
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    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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    Quelle: ZDF
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