Slowakei nach Fico-Wahlsieg: Ein weiterer Orban für Europa?
Analyse
Ein weiterer Orban in Europa?:Slowakei: Was Ficos Wahlsieg bedeutet
von Britta Hilpert, Nils Metzger
|
Der Linkspopulist Robert Fico hat die Wahl in der Slowakei gewonnen. Seine Politik könnte der EU Kopfzerbrechen bereiten - und Militärhilfe für die Ukraine erschweren.
Der ehemalige slowakische Regierungschef Robert Fico hat gute Aussichten, die nächste Regierung in Bratislava zu bilden. Damit würde er nach fünf Jahren Abwesenheit wieder in das Amt des Ministerpräsidenten zurückkehren.
Seine linksnationale "Richtung - Slowakische Sozialdemokratie" (Smer-SSD) gewann die Parlamentswahl am Samstag mit 22,9 Prozent der Stimmen. Die liberale Partei "Progressive Slowakei" (PS) unter der Führung des EU-Abgeordneten Michal Simecka kam mit 18 Prozent auf den zweiten Platz. Die Koalition von Ex-Ministerpräsident Eduard Heger war im Mai 2023 an internem Dauerstreit zerbrochen.
Wie hat Robert Fico die Wähler für sich gewonnen?
Fico hat mit populistischen und pro-russischen Tönen diese Wahl gewonnen: Seine Smer-Partei hat vor allem ländliche und ältere Wähler überzeugen können. Smer-Wähler schreckte das chaotische Regieren der letzten Jahre ab. Fico hingegen gelang es, die Tiefpunkte seiner letzten Regierung bis 2018 vergessen zu machen.
Außerdem half ihm, dass die pro-russische Stimmung im Land durch massive Propaganda verstärkt wurde. Der Politikwissenschaftler Jozef Bátora von der Comenius-Universität Bratislava erklärt die Hintergründe: "Die Covid-Krise bereitete den Boden für populistische Parteien. Diese konnten sich durchsetzen. Auch der Krieg trägt dazu bei, die slowakische Gesellschaft ist in vielen Schichten ziemlich pro-russisch. Bis jetzt wurde die Ukraine stark unterstützt, aber die Bevölkerung war damit nicht einverstanden."
Welche Koalitionspartner bieten sich an?
Mit rund 23 Prozent benötigt Fico mindestens zwei Koalitionspartner. Auf den ersten Blick klingt es einfach: Ein potenzieller Partner wäre die Partei Hlas von Ex-Premier Peter Pellegrini - eine Abspaltung von Ficos eigener Partei. Ein anderer ist die nationalistische SNS, die inhaltlich sicher viele Gemeinsamkeiten mit Ficos Vision von "Slowakei first" hat. Aber in der zersplitterten Parteien-Landschaft der Slowakei liegt der Teufel im Detail.
Einig sind sich Fico und Pellegrini darin, dass die Slowakei einen starken Sozialstaat braucht. In der Frage der Hilfe für die Ukraine gehen ihre Ansichten aber auseinander. Während Fico dem Nachbarland nur noch mit zivilen Gütern helfen will, steht Pellegrini ähnlich positiv zur Militärhilfe wie die bürgerlichen Parteien. Er hat gegenüber Fico noch den Trumpf im Ärmel, dass er auch mit der neu ins Parlament einziehenden liberalen Partei "Progressive Slowakei" eine Koalition bilden könnte. Fico hingegen steht keine andere Koalitionsmöglichkeit offen.
Der Königsmacher Pellegrini sagte dem ZDF am Sonntag:
Experte Bátora rechnet hingegen mit einer politischen Kehrtwende: "Die Entscheidung ist zwischen dem Osten und dem Westen. Zwischen einer langsamen Veröstlichung, Orbanisierung und Putinisierung und der Möglichkeit dass die Slowaken weiter einen Staat bilden, der die liberale Demokratie aufrecht erhält. Die Veröstlichung ist jetzt am wahrscheinlichsten."
Was bedeutet das Wahlergebnis für Europa?
Sollte es Fico gelingen, eine Regierung zu bilden, wird es in EU und Nato noch schwieriger, Einigkeit zu finden. Die gemeinsame EU-Außenpolitik sieht Fico kritisch. Waffenlieferungen an die Ukraine schließt er aus, und Russland-Sanktionen will er nur zustimmen, wenn sie "der Slowakei nicht schaden". Bislang war die Slowakei ein entschiedener Unterstützer der Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland. Am Militärstandort Kosice im Osten des Landes liegt ein wichtiger Logistik-Hub für die Nachschublieferungen an die ukrainischen Streitkräfte.
Auch bei Migration will er keine Verteil-Quoten, oder Ähnliches akzeptieren. Einen Austritt aus der Europäischen Union hingegen plant er nicht. "Er würde wahrscheinlich einen pragmatischen Kurs einschlagen, so wie Orban", sagt Bátora. "Der will auch nicht die EU verlassen. Er ist gern dabei, weil er von den ganzen EU-Mitteln profitieren kann." Vor 20 Jahren waren die Slowaken zu 94 Prozent für die EU. Im letzten Eurobarometer waren es nur 37 Prozent, betont Bátora. Ficos Populismus macht ihn, wie Ungarns Viktor Orban, zu einem Störfaktor bei der Suche gemeinsamer europäischer Lösungen.
Wenn Robert Fico in der Slowakei die Wahl gewinnt, kann das für EU und Nato ein Riesenproblem werden: Der pro-russische Linkspopulist hat gute Chancen - trotz zahlreicher Skandale.