Gipfel in Vilnius: Ukraine enttäuscht von Nato-Staaten

    Gipfel in Vilnius:Ukraine enttäuscht von Nato-Staaten

    von Thomas Dudek
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    Kiew hat es erwartet, zeigt sich aber dennoch enttäuscht über die ausgebliebene Nato-Beitrittseinladung. Geschuldet ist dies auch einer neuen pro-Nato-Stimmung in der Ukraine.

    Präsident Selenskyj beim NATO Gipfel in Litauen
    Der ukrainische Präsident Selenskyj hat das Fehlen eines Zeitplans für einen Beitritt der Ukraine zur Nato kritisiert.
    Quelle: AP

    Bereits am Vorabend des am Dienstag offiziell begonnenen Nato-Gipfels in der litauischen Hauptstadt Vilnius hatte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg keine Scheu vor Superlativen.

    Das ist ein historischer Schritt, der die Nato-Verbündeten stärker und sicherer macht.

    Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär

    Das verkündete der ehemalige norwegische Ministerpräsident über die Zustimmung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, den Nato-Beitritt Schwedens nicht mehr blockieren zu wollen.

    Kein Zeitplan angekündigt

    Weniger Superlative gab es von Stoltenberg hingegen bezüglich der Ukraine. Dieser sprach zwar von einem "großen Schritt", doch die von dem osteuropäischen Land erhoffte Einladung auf eine Nato-Mitgliedschaft blieb aus.

    Die Zukunft der Ukraine liegt in der Nato.

    Gipfel-Kommuniqué von Vilnius

    So steht es zwar im Gipfel-Kommuniqué, ohne jedoch in Aussicht zu stellen, wann diese Zukunft für das Land zur Realität wird.
    So müsse die Ukraine zuerst weitere Reformen im Bereich der Demokratie und des Verteidigungssektors durchführen. "Wir werden in der Lage sein, die Ukraine zum Beitritt zum Bündnis einzuladen, wenn die Bündnispartner zustimmen und die Bedingungen erfüllt sind", heißt es in der Erklärung weiter.

    Hoffnung, Erwartung und Enttäuschung

    Es ist eine Entscheidung, die in der Ukraine durchaus erwartet wurde. Die Diskussionen innerhalb des Bündnisses zwischen den Befürwortern einer klaren Nato-Perspektive - die vor allem in den ostmitteleuropäischen Mitgliedsstaaten zu finden sind - und den Skeptikern wie den USA und Deutschland, bekam man in Kiew ebenso mit, wie die im Vorfeld des Gipfels getätigten Aussagen von US-Präsident Joe Biden über mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine bis hin zu deren möglichem Nato-Beitritt.
    Dara Hassanzadeh | ZDF-Reporter in Kiew
    "Hier herrscht Enttäuschung, aber es war eine Enttäuschung mit Ansage", berichtet ZDF-Reporter Dara Hassanzadeh aus Kiew zur fehlenden Beitrittseinladung beim Nato-Gipfel.12.07.2023 | 2:12 min
    Auch die in den letzten Tagen an die Presse durchgesickerten Informationen ließen einiges erahnen. "Grünes Licht für Schweden, gelbes Licht für die Ukraine", titelte dementsprechend bereits am Dienstagmorgen das Nachrichtenportal "Evropejska Pravda". "Eine kluge Nato würde den Beitritt der Ukraine anstreben", titelte wiederum "Kyiv Independent" über einem Kommentar, der ebenfalls einige Stunden vor der offiziellen Erklärung der Nato veröffentlicht wurde und in dem die Journalisten des bekannten englischsprachigen Nachrichtenportals kein Geheimnis aus ihrer Enttäuschung machen.

    Langwierige Diskussionen um Waffenlieferungen

    Dies nicht nur über den Gipfel in Vilnius, sondern auch über die oft mit langen Diskussionen verbundenen westlichen Waffenlieferungen. "Es scheint, dass der Westen die Forderungen der Ukraine als unzumutbare Forderungen behandelt. Tatsächlich zeigt die Ukraine ihren Verbündeten lediglich eine Liste der wichtigsten Werkzeuge, die sie zum Überleben braucht – und durch ihr Überleben den Westen schützt", heißt es unter anderem in dem Text.
    Doch nicht nur die ukrainische Presse zeigte ihre Enttäuschung, sondern auch Präsident Wolodomyr Selenskyj. "Es sieht so aus, als ob es keine Bereitschaft gibt, die Ukraine in die Nato einzuladen oder sie zum Mitglied der Allianz zu machen", verkündete dieser noch während seiner Reise nach Vilnius in den sozialen Netzwerken.

    Das bedeutet, dass es weiterhin möglich ist, über die Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato zu verhandeln - mit Russland. Und für Russland ist dies eine Motivation, seinen Terror auch in Zukunft fortzusetzen.

    Wolodomyr Selenskyj, Präsident der Ukraine








    Kuleba über Ungewissheit enttäuscht

    Kein Geheimnis aus seiner Enttäuschung machte ebenfalls der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in einem Interview mit dem Nachrichtensender Bloomberg. Laut ihm erfülle die Ukraine bereits alle Bedingungen, um auf dem Gipfel eine formelle Einladung zu erhalten und warnte davor, die Ukraine im Ungewissen zu lassen, was deren Nato-Mitgliedschaft angeht.

    Je kürzer es dauert, desto besser wird es für alle sein.

    Dmytro Kuleba, Außenminister der Ukraine

    Roderich Kiesewetter  CDU | Mitglied im Auswärtigen Ausschuss
    Man hätte sagen sollen, "eine Nato-Aufnahme, sobald die Sicherheitsbedingungen es zulassen." Das wäre "ein klares Signal an Putin" gewesen, so Roderich Kiesewetter, CDU.12.07.2023 | 5:15 min
    Das selbstbewusste Auftreten der ukrainischen Regierung bezüglich einer klaren Nato-Perspektive ist auch der innenpolitischen Entwicklung geschuldet, die ein Ergebnis des russischen Überfalls ist. Laut einer am Montag veröffentlichten Umfrage, sprechen sich 89 Prozent der Ukrainer für eine Nato-Mitgliedschaft ihres Landes aus. 2014 lag die Zustimmung bei nur 15 bis 20 Prozent.
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    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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