Selenskyj kritisiert fehlenden Zeitplan für Nato-Beitritt

    Kein Beitritts-Zeitplan in Sicht:Selenskyj: Unschlüssigkeit der Nato "absurd"

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    Kritik vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj an der Nato: Das Fehlen eines Zeitplans für einen Nato-Beitritt der Ukraine sei "absurd". Kiew fordert eine konkrete Perspektive.

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat wegen der bisher ausgebliebenen Nato-Beitrittseinladung scharfe Kritik an dem Bündnis geübt. Es sei "absurd", dass es keinen Zeitplan für einen Beitritt der Ukraine gebe, kritisierte der Präsident auf Twitter. "Unschlüssigkeit ist eine Schwäche", betonte er. Das ermutige den russischen "Terror" gegen sein Land.

    Es sieht so aus, als ob es keine Bereitschaft gibt, die Ukraine in die Nato einzuladen oder sie zum Mitglied der Allianz zu machen.

    Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident

    Gleichzeitig werde "sogar für die Einladung an die Ukraine vage Formulierungen über 'Bedingungen' hinzugefügt", so Selenskyj.
    Nato-Gipfel in Vilnius
    Ganz zur Enttäuschung der Ukraine gibt es beim Nato-Gipfel in Vilnius keine konkrete Beitrittsperspektive für das Land. Und dennoch ging die Ukraine nicht ganz leer aus.12.07.2023 | 2:06 min
    Selenskyj hatte am Vorabend des Gipfels verbindliche Zusagen von der Nato verlangt. Die Ukraine verdiene die Mitgliedschaft. Er betonte wiederholt:

    Nicht jetzt, denn jetzt herrscht Krieg, aber wir brauchen ein klares Signal.

    Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident

    Die Allianz will der Ukraine auf ihrem Gipfel den Weg zu einem möglichen Beitritt zwar skizzieren, die von Selenskyj geforderte Beitrittseinladung scheint jedoch nicht in Sicht.
    Roderich Kiesewetter  CDU | Mitglied im Auswärtigen Ausschuss
    Man hätte sagen sollen, "eine Nato-Aufnahme, sobald die Sicherheitsbedingungen es zulassen." Das wäre "ein klares Signal an Putin" gewesen, so Roderich Kiesewetter, CDU.12.07.2023 | 5:15 min

    Vorbehalte gegenüber Beitrittseinladung

    Die Details einer Einladung waren bis zuletzt im Bündnis umstritten. Besonders in den USA und Deutschland stoßen die Forderungen auf große Vorbehalte. Ziel sei ein "Reformweg für die Ukraine", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, in Vilnius.
    Zwar will die Nato auf das formelle Beitrittsverfahren für Kiew verzichten. Washington und Berlin dringen aber auf vorherige Reformen im Militärbereich und im Kampf gegen die Korruption. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in Vilnius, die USA und Deutschland hätten sich "sehr präzise an der Diskussion beteiligt", um sicherzustellen, "dass wir hier genau das Richtige tun".
    Ein schneller Beitritt der Ukraine würde die Nato nach Ansicht beider Regierungen "in einen Krieg mit Russland" hineinziehen, wie Sullivan warnte. Diplomaten zufolge sollen die Verbündeten noch auf dem Gipfel um den Wortlaut der Erklärung zur Ukraine feilschen. Dies sollte eigentlich vermieden werden, um die Konfliktlinien zwischen den Mitgliedsländern nicht zu stark offenzulegen.

    USA zeigen Verständnis für Selenskyjs Frust

    Die US-Regierung äußerte Verständnis für die Frustration der Ukraine. "Natürlich verstehen wir das, schließlich kämpfen sie um ihr Leben", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der Regierung, John Kirby, CNN. Er wies aber darauf hin, dass viele Länder vereint seien in dem Ziel, der Ukraine zu helfen, sodass diese erfolgreich den Abwehrkampf gegen Russland führen könne.
    Das müsse der Fokus sein. "Ihre Frustration, ihr Wunsch nach mehr Fähigkeiten, ihr Wunsch nach einem schnellen Ende dieses Kriegs, all das verstehen wir und natürlich teilen wir viele dieser Bedenken", fügte er mit Blick auf die Ukraine hinzu.

    Selenskyj in Vilnius eingetroffen

    Das von Russland angegriffene Land fordert seit Monaten konkrete Perspektiven für einen Beitritt zur Nato und hoffte auf Fortschritte in Vilnius. Das Bündnis hat der Ukraine schon 2008 eine Beitrittsperspektive eröffnet, seitdem aber wenig unternommen, um dieses Ziel zu erreichen. Moskau hat seinen Krieg gegen das Land unter anderem damit begründet, einen Beitritt der Ukraine zur Nato verhindern zu wollen. Bereits 2014 annektierte Russland die Krim völkerrechtswidrig.
    In der litauischen Hauptstadt Vilnius findet bis Mittwoch das zweitägige Gipfeltreffen des Verteidigungsbündnisses statt. Selenskyj wird am ersten Gipfeltag zu einem Abendessen mit den Nato-Spitzen erwartet. Das Flugzeug des ukrainischen Präsidenten landete am Mittag auf dem Flughafen von Vilnius. Für Mittwoch war die Gründungssitzung eines neuen Nato-Ukraine-Rats mit ihm geplant.
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    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
    Update
    Quelle: AFP, dpa, AP

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