Putin als Gewinner: Jahrespressekonferenz in Moskau
Jahrespressekonferenz in Moskau:Putin inszeniert sich als Gewinner
von Sebastian Ehm
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Keine Drohungen und kein martialisches Kriegsgebrüll, aber eine klare Botschaft. Wladimir Putin inszeniert sich bei seiner Jahresabschluss-Konferenz als Gewinner des Jahres.
Auf seiner jährlichen Pressekonferenz gibt sich Russlands Präsident Putin gewohnt siegessicher. Die Kernthemen: Der russische Angriffskrieg, Syrien und die Wirtschaft.19.12.2024 | 2:37 min
Es ist mittlerweile fast schon eine Institution in Russland geworden. Zum dritten Mal gibt sich Wladimir Putin am Ende des Jahres in einer TV-Sendung als großer Präsident und Vater des Volkes. Es ist eine Mischung aus Rede zur Lage der Nation, Pressekonferenz und Anruf-Talkshow.
Stolz wurde bereits vor Beginn verkündet, dass über zwei Millionen Fragen aus ganz Russland eingegangen seien, die, und das sei neu, von einer KI ausgewertet und ausgewählt wurden. Ein Präsident, der sich den Fragen seines Volkes stellt, das soll Bürgernähe suggerieren. Doch eigentlich geht es Putin heute darum, das Jahr 2024 als ein Jahr des Erfolgs zu verkaufen.
2024 viele Probleme für Putin
2024, eigentlich ein Jahr voller Probleme und Rückschläge für den Präsidenten. Der Krieg in der Ukraine läuft immer noch, die Verluste sind hoch und der Feind steht seit August in Kursk sogar auf russischem Staatsgebiet. Die Terroranschläge in der Moskauer Crocus Hall, regelmäßige Drohnenangriffe und eine galoppierende Inflation. Dazu das Debakel in Syrien und die Tötung eines ranghohen Generals mitten in Moskau am Dienstag.
Es gäbe viel zu besprechen. Konkrete Antworten des Kreml-Chefs auf diese Probleme wären hilfreich. Doch Wladimir Putin ist keiner, der gern konkrete Antworten gibt und so wurde Putins Auftritt heute vor allem ein großer langer Monolog eines Staatschefs, der mit sich im Reinen ist und der Welt zeigen will, dass ihn so schnell nichts aus der Ruhe bringt.
Zeitgleich zum EU-Gipfel in Brüssel hat Putin seine jährliche Pressekonferenz gegeben und auch über Verhandlungsbereitschaft gesprochen. Ulf Röller und Armin Coerper schätzen ein.19.12.2024 | 2:32 min
Putin wertet Wirtschaft als erfolgreich
Mit nur zehn Minuten Verspätung betritt Putin die Bühne und redet zuerst über die Wirtschaft. Mehrfach ballt er gleich in den ersten Minuten seines Auftritts die Faust, um zu unterstreichen, wie gut Russlands Wirtschaft dastehe. Trotz aller Widerstände. "Die Arbeitslosenquote liegt auf einem Rekordtief", so Putin." Nur 2,3 Prozent, das gab es noch nie". Die Löhne seien gestiegen und die Wirtschaft wachse, anders als zum Beispiel in Deutschland.
Dass Hunderttausende an der Front stehen und die Wirtschaft vor allem deshalb so boomt, weil der Staat Milliarden in den Rüstungssektor pumpt, verschweigt der russische Präsident. Zwar sei die Inflation hoch, doch man werde dieses Problem angehen. Wie, das sagte Putin nicht. Putin redet und redet. Mit ernstem Gesicht, er lacht und schmunzelt kaum.
Mit "durchkomponierten Inszenierungen" hätte sich Putin auf seiner Pressekonferenz für die jüngsten Angriffe auf die Ukraine "gebrüstet", so Russland-Korrespondent Armin Coerper.28.11.2024 | 2:38 min
Bereit für Gespräche mit der Ukraine
Nach der Wirtschaft kommt er auf den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Bevor er anfängt, präsentiert er eine Flagge des 155. Marine-Regiments, das ihm von den Soldaten geschenkt worden sei, dann zählt er die Erfolge auf, die die Truppen gerade erzielen würden. Man bewege sich langsam aber stetig in Richtung der Hauptkriegsziele: vor allem die Eroberung des Donbass und die Demilitarisierung der Ukraine. Auf die Frage, ob er bereit sei für Verhandlungen, wiederholte er sein seit Wochen gleiches Mantra:
Wir haben immer gesagt, dass wir zu Gesprächen und Kompromissen bereit sind.
„
Wladimir Putin
Politik sei die Kunst der Kompromisse. Das immerhin ist ein Satz, den man bisher so nicht gehört hat von ihm.
Aber Gespräche über einen Waffenstillstand oder einen Frieden wolle er nur dann führen, wenn sie auf Basis des Istanbuler Verhandlungen von 2022 stattfinden würden und die Realität an der Front berücksichtigen. Dort, so Putin, würde Russland ja unaufhaltsam vorrücken. Er weiß natürlich, dass die Ukraine darauf kaum eingehen kann. Denn aus Sicht von Putin würde das nicht nur beinhalten, dass die Ukraine sowohl entmilitarisiert wird und auf eine NATO-Mitgliedschaft verzichtet. Sondern auch, dass sie die Krim und den Donbass auf jeden Fall verliert.
Die Eskalation im Krieg gegen die Ukraine ist Russlands Atomdrohung. Die Rakete, die Putin gestern abgeschossen hat, bereitet nicht nur der Ukraine Sorgen. 22.11.2024 | 3:01 min
Putin heute weniger martialisch
Putin betont die Gesprächsbereitschaft Russlands öfter als zuvor und gibt sich in seiner Rede auffällig wenig martialisch. Selbst die Serienfertigung der Orjeschnik-Rakete deutet er zu einem Spiel um und fordert die USA zu einem technologischen Duell. Von Atomdrohungen und Kriegsherr-Rhetorik ist heute nicht viel zu sehen. Es wirkt fast so, als sei der Krieg in der Ukraine aus seiner Sicht sowieso schon gewonnen.
Er sei bereit mit dem neuen Präsidenten Donald Trump zu sprechen, auch wenn man seit vier Jahren keinen Kontakt mehr gehabt habe, so Putin. Wie ein Kompromiss in der Ukraine aussehen könnte und ob er bereit sei, auf Teile seiner Kriegsziele zu verzichten, sagte Putin zwar nicht. Doch hört man ihn reden, wird schnell klar, er hat nicht vor, der Ukraine entgegenzukommen. Überhaupt werde man mit dem ukrainischen Präsidenten erst reden, wenn er wiedergewählt sei. Eigentlich ist die Amtszeit von Selenskji schon abgelaufen, doch wegen des Krieges sind derzeit keine Wahlen möglich. Doch Putin ist das egal, er bezeichnet die Führung der Ukraine als illegitim.
Am Ende dauert die Putin-Show fast viereinhalb Stunden. Er hat sich als Kümmerer inszeniert, als Präsident, dem die Russen vertrauen können, aber vor allem hat er in seiner stundenlangen Show nicht den Eindruck erweckt, als sei das Jahr 2024 ein Problem für ihn und Russland gewesen. Wladimir Putin wollte heute der ganzen Welt zeigen, dass Russland am Ende immer gewinnen wird.
Sebastian Ehm berichtet als Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.
Vor 25 Jahren wurde Wladimir Putin zum russischen Ministerpräsidenten ernannt. Heute ist er Alleinherrscher. Was könnte nach ihm kommen? Fragen an Putinkennerin Irina Scherbakowa.
Interview
Quelle: dpa
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