Bundestagswahl: Mit diesen Strategien will die SPD gewinnen

    FAQ

    SPD-Parteitag zur Bundestagswahl:Mit welchen Strategien die SPD gewinnen will

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    In den Umfragen ist sie derzeit abgeschlagen: die Kanzlerpartei SPD. Die Bundestagswahl gewinnen will sie im Februar trotzdem - mit vier Strategien und einem Schal.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) winkt zu den Delegierten nach seiner Kür zum SPD-Kanzlerkandidaten beim außerordentlichen Bundesparteitag.
    Auf dem Parteitag der SPD wurde Kanzler Olaf Scholz offiziell und mit nur wenigen Gegenstimmen als Kanzlerkandidat bestätigt. In aktuellen Umfragen zur Wahl liegt Scholz allerdings deutlich zurück. 11.01.2025 | 1:51 min
    Parteitage sind Mutmach-Tage. Da wird schon gejohlt und geklatscht, da hat der Noch-Kanzler noch kein Wort gesprochen. Am Ende klatschen die knapp 600 Delegierten des SPD-Parteitags fast sieben Minuten und heben mit großer Mehrheit die Hand, um Olaf Scholz in die Position zu heben, die ihm sowieso niemand mehr ernsthaft streitig gemacht hat: der Noch-Kanzler ist der Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl.

    SPD-Parteitag: Kritiker und Konkurrenten von Scholz schweigen

    Widerspruch? Eher dünn, keine zehn Delegierte heben nicht die Hand für Scholz. Und auch kein Widerspruch öffentlich auf der Bühne. Das wäre auch kontraproduktiv 43 Tage vor der Wahl. Wer nicht kämpft, hat schließlich schon verloren. Oder wie es sein größter parteiinterner Kritiker, Juso-Chef Philipp Türmer, sagt:

    Nur wer mutig ist, kann gewinnen.

    Philipp Türmer, Juso-Chef

    Er stehe voll hinter Scholz und spricht von ihm als "einzige Hoffnung", der CDU-Chef Friedrich Merz als Kanzler noch verhindern könne.
    Und auch sein größter parteiinterner Konkurrent, Verteidigungsminister Boris Pistorius, sagt in Richtung Scholz: "Ich kämpfe für dich, ich kämpfe, dass du Kanzler bleibst." Bleibt die Frage, wie?

    Umfrage zur Bundestagswahl
    :Kanzler Scholz abgeschlagen in der K-Frage

    Welche Partei führt in den Umfragen zur Bundestagswahl? Wen hätten die Deutschen am liebsten als Kanzler? Welche Koalitionen wären möglich? Die wichtigsten Zahlen im Überblick.
    von Robert Meyer
    Ein Diagramm von den Verteilungen der Parteien in den Umfragen. Im Hintergrund weht vor dem Bundestag eine Deutschland-Fahne
    Die SPD liegt derzeit bei 14 Prozent in den Umfragen, die Union bei 30 Prozent. 2005 und 2021 war der Partei eine Aufholjagd gelungen. Bei der vorigen Wahl lag sie drei Monate zuvor auch bei 14 Prozent und endete am Ende als stärkste Partei. Doch so viel Zeit hat sie in diesem Jahr nicht, die Stimmung zu drehen.
    Diese fünf Strategien werden für den Wahlkampf deutlich.

    Strategie eins: Scholz, der Besonnene

    Scholz hat schon kämpferischer bei Parteitagen gesprochen als an diesem Samstag. Ab und zu senkt er leise die Stimme, schreit nicht rum wie auf einem Marktplatz. Das ist Strategie. Manuela Schwesig charakterisiert ihn zu Beginn mit den Schlagwörtern "Erfolg, Besonnenheit und Verlässlichkeit". Parteichef Lars Klingbeil spricht von "Haltung, Prinzipien, Kampf".
    Wahlkampf: Merz als Kanzler nicht gesichert
    "Bisher ist die große Hoffnung der SPD, Merz aus der Defensive zu locken", so Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler, Merz sei in der Lage "etwas rauszuhauen, was dann ein großes Problem werden kann".08.01.2025 | 5:32 min
    Wer also so besonnen wahrgenommen werden will, muss den Staatsmann geben. Wer das nicht ist, ist für die SPD klar: Friedrich Merz. Scholz sei eben kein "Zocker" und "Selbstdarsteller", sagt Klingbeil. Das "wie Merz" brauchte er nicht laut sagen, das ergänzen die Delegierten selbst - und applaudieren. Scholz sagt, es sei "nicht die Zeit der Sprüchklopfer" und führt als Beispiel die Taurus-Debatte an.
    Merz ist dafür, die Waffen an die Ukraine zu liefern, Scholz nicht. "Kapriolen" wirft er dem Oppositionsführer vor, die einem Amt des Bundeskanzlers unwürdig seien. Scholz ist für Friedensverhandlungen, aber nicht über dem Kopf der Ukraine hinweg. Dafür brauche es "einen kühlen Kopf und eine klare Haltung". Die habe er - im Gegensatz zu Merz.

    Strategie zwei: Abarbeiten an der Union

    Die meiste Zeit seiner fast 50-minütigen Rede arbeitet sich Scholz an der Union ab. Die Grünen bekommen nur einmal für das Heizungsgesetz einen mit: Man darf Menschen nicht überfordern, sagt Scholz. Den Ausbau von Erneuerbarer Energie, den Ausbau der Stromnetze in den vergangenen Jahren. Das alles lobt er. Und damit auch seinen Vizekanzler und Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck, wenn auch nicht direkt.
    Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht und AfD-Chefin Alice Weidel jeweils an einem Rednerpult
    Die AfD liegt laut aktuellem ZDF-Politbarometer in der Sonntagsfrage auf Platz zwei, das BSW abgeschlagen bei vier Prozent. Woran das liegen könnte, analysiert ZDFheute live.10.01.2025 | 33:04 min
    Entweder hofft die SPD so sehr noch zuzulegen, dass es doch knapp für Rot-Grün reichen könnte. Angesichts der Zahlen ist diese Chance aber gering. Offen auf die Grünen zu setzen, ist durch das anhaltende Bashing aus Bayern auch kein Gewinnerthema. Oder sie will den Preis für Schwarz-Rot hochtreiben. Doch nimmt man alles Gesagte auf diesem Parteitag ernst, können SPD und Union nur schwer miteinander regieren.
    Wohl nicht zufällig beginnen sowohl Scholz als auch Klingbeil ihre Reden mit Österreich. Dass dort bald mit Herbert Kickl ein "extremer Rechter" Kanzler werden könne, obwohl die Konservativen dazu nie beitragen wollten. "Und dann doch", sagt Scholz. Das soll nahelegen: Selbst wenn Merz ein Fall der Brandmauer gegen die AfD ausschließt, zu glauben sei das nicht. Irgendwann würden Union und AfD eben doch eine Regierung bilden.
    Chairman of the Freedom Party of Austria (FPOe) Herbert Kickl leaves after a meeting with Austrian Federal President Van der Bellen in Vienna
    Nach erneut gescheiterten Koalitionsverhandlungen sollen nun erstmals die Rechtspopulisten von Herbert Kickl versuchen, mit der ÖVP als Juniorpartner eine Regierung zu bilden.06.01.2025 | 1:57 min
    Und noch eine Behauptung werfen Scholz und Klingbeil in den Raum: Weil das CDU-Programm angeblich nicht durchgerechnet und zu teuer sei, werde ein Kanzler Merz am Ende bei Pflege, Gesundheit, Rente und Bildung kürzen. "Macht euch keine Illusion", sagt Scholz. Klingbeil sagt, es gebe eine "geheime Streichliste".

    Dritte Strategie: "Normale Menschen" statt Respekt

    Von Respekt spricht Scholz in seiner Parteitagsrede nur einmal. Fast scheint es aus Versehen. Es war das Schlagwort der vergangenen Wahlkampagne und kräftig von der Union kritisiert worden: Vor allem, weil Scholz seinen Konkurrenten als "Fritze Merz" tituliert hatte. Also spricht Scholz jetzt ständig von den "ganz normalen Menschen".
    Olaf Scholz (SPD), aufgenommen am 16.12.2024
    Kurz nach der verlorenen Vertrauensfrage attackiert Kanzler Scholz den CDU-Kanzlerkandidaten Merz im ZDF persönlich. Prompt folgen empörte Reaktionen - auch von Merz selbst.17.12.2024 | 7:49 min
    Die Union wolle die Reichen und Unternehmen entlasten, die SPD die "ganz normalen Leute", sagt er. Deswegen sei man für einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde. Die Union stelle mit ihrem Kurs in der Migrationspolitik Menschen mit Migrationsgeschichte unter "Generalverdacht", so Scholz. Für die SPD gehörten diese Menschen "dazu", also zu den "normalen Leuten".
    Von dem geplanten Konjunkturprogramm "Made in Germany", das staatliche Zuschüsse für Investitionen vorsieht, profitierten am Ende sie: die "normalen Leute", wenn Bahn, Brücken, Straßen in den "ganz normalen Städten und Dörfer" wieder funktionierten.
    Vorstellung des SPD Wahlprogramms
    Vor der Bundestagswahl stellen die Parteien ihre Wahlprogramme vor. Sie setzen unterschiedliche Schwerpunkte, insbesondere bei der Wirtschaftspolitik.17.12.2024 | 3:31 min
    Nur eine traut sich an diesem Samstag gegen diese Strategie etwas laut zu sagen: Luise Lehmann, SPD-Marzahn-Hellersdorf. Ob normal nicht auch impliziere, der Norm entsprechend? Diese sollte die Politik nicht festlegen, findet sie. "Wir sollten für alle kämpfen."

    Vierte Strategie: Kämpfen

    43 Tage sind es noch bis zum Wahltag. Scholz will es jetzt machen, "wie beim letzten Mal". Man wolle alle, "die jetzt schon wissen, wie es ausgeht, überraschen". Schließlich habe er selbst zweimal schon in Hamburg im Februar Wahlkampf geführt - und zweimal gewonnen.
    Bedenken, wie die von Peer Steinbrück, SPD-Kanzlerkandidat 2013, will in der SPD niemand hören. Jedenfalls nicht öffentlich. Der Glaube an die Aufholjagd, sagt Steinbruck, sei eher "Hypnose" und wenig realistisch. Scholz könne durch das Durcheinander von drei Jahren Ampel-Regierung nicht mit einem Kanzler-Bonus rechnen. Steinbrück scheint keine Einzelstimme zu sein.
    German Chancellor Olaf Scholz gives a statement at the chancellery in Berlin, Germany, Wednesday, Jan. 8, 2025.
    Donald Trump denkt offen über Fusionen von Kanada und Grönland mit den USA nach. Weltweit reagiert man mit Verständnislosigkeit auf die Äußerungen des künftigen US-Präsidenten.08.01.2025 | 2:11 min
    Als Scholz sagt, vielleicht habe er die diese Ampel-Koalition früher beenden sollen. Vielleicht hätte er früher und lauter öffentlich auf den Tisch hauen sollen, bekommt er lauten Applaus von den Delegierten.

    Fünfte Strategie: Ein Schal

    Rot ist er, und weiß, SPD-Farben eben: Wahlkampf lebt auch von Symbolen. Viele Delegierten tragen in der Parteitagshalle einen Schal, bedruckt mit dem Wahlkampfslogan "Mehr für Dich".
    Rot-weiß, das sind die Farben von FC Köln und Union Berlin. Und von den Roten Funken im Kölner Karneval. Wahltag ist eben auch nur einen Tag vor Karnevalssonntag. Mit diesem Schal braucht es am Wahlstand noch nicht einmal ein Kostüm.

    Bundestagswahl 2025
    :Musk verschafft AfD Millionenpublikum

    US-Milliardär Elon Musk hat dem AfD-Bundesparteitag in Riesa über sein Online-Netzwerk X zu einer großen Reichweite verholfen - Alle News hier im Wahlkampf-Ticker.
    Tech-Milliardär Elon Musk (Archivfoto vom 27.10.2024) und Alice Weidel, AfD-Vorsitzende (Archivfoto vom 13.11.2024).
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