Wiederaufbau für die Ukraine:Boykott von AfD und BSW: "Eine Schande"
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Selenskyjs Rede im Bundestag, zwei Perspektiven: Sie ist aus der Ukraine, er aus Berlin. Beide sind sie Abgeordnete und wundern sich nicht mehr über alles. Auch nicht den Boykott.
Die Abgeordneten Robin Wagener aus Berlin und Halyna Jantschenko aus Kiew hörten gemeinsam die Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Bundestag.
Quelle: ZDF
Bislang war er nur zugeschaltet, heute kommt er selbst: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat erstmals im Bundestag gesprochen und sich für die Unterstützung im Krieg gegen Russland bedankt. Die Reihen der Abgeordneten sind gefüllt, fast alle: Ein Großteil der AfD und BSW bleibt der Rede demonstrativ fern.
Halyna Jantschenko sitzt auf der Besuchertribüne. Die Ukrainerin ist Abgeordnete des Kiewer Parlaments Werchowna Rada und Mitglied im Nationalen Rat für Korruptionsbekämpfung. Etwas weiter unten, in den Reihen der Grünen-Bundestagsfraktion, sitzt Robin Wagener, der die deutsch-ukrainische Parlamentariergruppe im Bundestag leitet. Zwei Abgeordnete, zwei Länder, zwei Perspektiven:
ZDFheute: Was war die wichtigste Botschaft, die Präsident Selenskyj hinterlassen hat?
Halyna Jantschenko: Für mich war es die Botschaft, dass wir zusammenbleiben sollen. Denn das, was Russland zurzeit der Ukraine antut, hört nicht an der ukrainischen Grenze auf, sondern trifft ganz Europa. Und Putin und seine Leute werden nicht aufhören, weiter ihre Eroberungspläne zu verfolgen.
Ich weiß, dass die Abgeordneten in Sitzungswochen viel zu tun haben. Das war für unsere ukrainische Delegation ein wichtiges Symbol, dass so viele da waren.
Robin Wagener: Für mich war es die klare Botschaft am Ende, dass Europa ein Kontinent des Friedens ist. Denn wenn wir darüber sprechen, wann die Ukraine siegt, dann ist es der Friede in Europa. Das ist das Ziel. Während Putin den dauerhaften Krieg braucht, um seine Herrschaft zu stabilisieren, will die Ukraine Frieden.
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Jantschenko: Sie sind prorussisch, von daher war es keine große Überraschung. Aber es ist traurig, dass sie dafür auch noch Unterstützung in der deutschen Bevölkerung bekommen. Es ist eine Schande für ein demokratisches Europa, dass es solche Parteien gibt.
Wagener: Ich finde das armselig. Es passt aber in die Ketten von Verschwörungen und russischen Mythen, die vom Bündnis Sahra Wagenknecht verbreitet wurden. Dass aber die AfD fernbleibt, wundert mich schon nicht mehr.
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ZDFheute: Diese Parteien fordern, die Ukraine möge die Waffen niederlegen und mit Verhandlungen beginnen, dann sei endlich Frieden.
Jantschenko: Das ist ja genau das, was wir wollen. Wir haben drei Jahre versucht, eine Verhandlungsgrundlage mit Russland zu finden. Aber Putin hat uns, Europa und die ganze Welt getäuscht und uns vor zwei Jahren überfallen. Es ist sehr schwer, mit einem krankhaften Lügner zu verhandeln. Wir vertrauen seinen Worten nicht. Deswegen kann es nur Verhandlungen zu unseren Bedingungen geben.
Wagener: Wenn die Ukraine sich nicht mehr verteidigt, werden russische Truppen in das ganze Land einmarschieren.
Sie haben sich aber 2014 dafür entschieden, in Frieden, Freiheit und demokratischer Rechtsstaatlichkeit leben zu wollen. Dagegen geht Präsident Putin mit all seiner Macht vor. Dagegen wehrt sich die Ukraine.
ZDFheute: Russland wird nicht an der Friedenskonferenz in der Schweiz teilnehmen. Kann sie trotzdem zu direkten Verhandlungen führen?
Jantschenko: Russland könnte zu diesem Gipfel kommen, wenn es dem Friedensplan von Präsident Selenskyj zustimmt.
Wagener: Ich sehe im Moment überhaupt keine Bereitschaft auf russischer Seite, über irgendetwas anderes als die Kapitulation der Ukraine zu sprechen. Die Ukraine beweist aber mit einem Marathon an Konferenzen, die gerade stattfinden, ihre hohe diplomatische Aktivität und Verhandlungsbereitschaft. Auf russischer Seite sehe ich nur den Wunsch zu zerstören und zu erobern.
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ZDFheute: In den sozialen Medien wird die Meinung verbreitet, Selenskyj sei nicht mehr der rechtmäßige Präsident, weil seine Amtszeit abgelaufen sei.
Jantschenko: Die ukrainische Verfassung ist da sehr klar: Ein Präsident ist so lange im Amt, bis ein neuer gewählt ist. Wir wollen Wahlen, aber wir wollen freie und faire. Außerdem müssen die Menschen sicher zu den Wahllokalen kommen können, um ihre Stimmen abzugeben. Eine Million Menschen sind an der Front, sie wollen auch wählen und auch kandidieren.
ZDFheute: Die deutsche Regierung mahnt immer an, dass die Ukraine die Meinungsfreiheit garantieren und die Demokratiedefizite beseitigen müsse. Warum dauert das so lange?
Jantschenko: Eine gute und harte Frage. Wir können im Krieg nicht alle demokratischen Forderungen so erfüllen, wie wir es sollten. Aber nach dem Krieg werden wir es tun. Denn die Demokratie gehört zur DNA des ukrainischen Volkes. Das kann uns keiner abnehmen.
Wagener Die Ukraine will in die EU, dazu gehören Reformen. Die EU hat ja auch klare Hausaufgaben aufgeschrieben, die zu erledigen sind. Reformen werden gemacht, müssen aber noch weitergehen.
Das Interview führte Andreas Kynast, Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio
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