Viel Applaus für Selenskyj - und leere Stühle bei AfD und BSW

    Eklat um Selenskyj-Rede:Viel Applaus - und leere Stühle bei AfD und BSW

    Dominik Rzepka
    von Dominik Rzepka
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    Eklat bei der Rede des ukrainischen Präsidenten: BSW und Teile der AfD boykottieren seine Rede im Bundestag, er trage zu einer Eskalation bei. Die Kritik am Boykott ist heftig.

    Der ukrainische Präsident Selenskyj bei seiner Rede im deutschen Bundestag.
    Im Bundestag hat der ukrainische Präsident Selenskyj vor einer Spaltung seines Landes gewarnt und Parallelen zum geteilten Deutschland im Kalten Krieg gezogen. 11.06.2024 | 17:43 min
    Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat im Bundestag für einen Eklat gesorgt. Die zehn Abgeordneten des Bündnisses haben die Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj boykottiert. Während Selenskyjs Rede blieben die Sitze der Abgeordneten leer.
    Auch die meisten Abgeordneten der AfD verließen den Bundestag unmittelbar vor Beginn der Rede. Lediglich vier Abgeordnete verblieben im Plenarsaal und verfolgten die Rede Selenskyjs aus den ersten beiden Reihen der Fraktion.
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    So begründen BSW und AfD den Boykott

    Zur Begründung teilte die AfD-Spitze mit, Selenskyj sei ein Kriegspräsident. Die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla erklärten:

    Wir lehnen es ab, einen Redner im Tarnanzug anzuhören. Selenskyjs Amtszeit ist abgelaufen. Er ist nur noch als Kriegs- und Bettelpräsident im Amt.

    Erklärung der AfD-Spitze

    Die Präsidentschaftswahl wurde in der Ukraine auf Grundlage des geltenden Kriegsrechts ausgesetzt.

    "Dass die AfD das gleiche tut, was wir machen, nachdem wir das öffentlich erklärt haben, das können wir nie ausschließen", erklärt Sahra Wagenknecht gegenüber dem ZDF. "Ich bin ja nicht der Anwalt der AfD", so die BSW-Vorsitzende. Das sei kein Argument.

    "Wir müssen raus aus einer politischen Diskussion, wo ein Argument dadurch entwertet wird, dass gesagt wird, das hat doch auch die AfD gesagt. Oder auch ein Verhalten dadurch diskreditiert werden soll, dass man sagt, ja, die AfD macht das doch auch", so Wagenknecht weiter. Die Frage sei, ob etwas richtig ist. "Standing Ovations für eine Position, die sagt, keine Kompromisse, der Krieg kann nur enden mit einem vollständigen Sieg der Ukraine - ist es richtig, dem bedingungslos zu applaudieren? Oder sollte man da nicht sehr skeptisch sein und wenn es keine Möglichkeit einer Debatte gibt, dann eben einem solchen Zeremoniell besser fernbleiben?

    Wir haben das für uns so entschieden, die AfD kam danach, hat das offenbar ähnlich entschieden, das ist aber nicht unsere Aufgabe, das zu bewerten."

    Zuvor hatte das BSW erklärt, Selenskyj trage aktuell dazu bei, eine hochgefährliche Eskalationsspirale zu befördern.
    Er nehme dabei das Risiko eines atomaren Konflikts mit verheerenden Konsequenzen für ganz Europa in Kauf. "Daher sollte er im Deutschen Bundestag nicht mit einer Sonderveranstaltung gewürdigt werden", so das BSW.
    Die BSW-Politikerin Sevim Dagdelen sagte, mit dem Fernbleiben setze man "auch ein Zeichen der Solidarität mit all jenen Ukrainern, die sich einen sofortigen Waffenstillstand und eine Verhandlungslösung wünschen statt von Präsident Selenskyj als Kanonenfutter für einen nicht gewinnbaren Krieg zwangsrekrutiert zu werden".
    Mohamed Ali: "Rede-Boykott einzige Option“
    "Immer mehr Waffen, immer mehr Eskalation" sei der falsche Weg für die Ukraine, so die Parteichefin des BSW, Amira Mohamed Ali, zum Boykott der Selenskyj-Rede.13.06.2024 | 4:45 min

    Heftige Kritik an Wagenknecht und AfD

    Abgeordnete anderer Parteien kritisierten den Boykott auf das Schärfste. CDU-Chef Friedrich Merz sprach von einem Tiefpunkt in der Kultur des Parlaments. "Ich bin darüber entsetzt", so Merz.
    SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast schrieb auf X:

    Was BSW und Wagenknecht hier tun, ist peinlich und respektlos.

    SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast

    Das ganze Gerede von Frau Wagenknecht von Frieden werde absolut unglaubwürdig, kritisierte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Seine Parteikollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann spottete: "Das sind dann die Menschen, die sonst immer darauf pochen, man müsse miteinander reden."
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r) empfängt Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, zur Internationalen Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine.
    Rund 60 Staaten und auch Präsident Selenskyj nehmen in Berlin an der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine teil. Eine zentrale Frage: Wer übernimmt Investitionen im Kriegsgebiet? 11.06.2024 | 1:35 min

    Selenskyj dankt Deutschland

    Selenskyj ging in seiner Rede nicht explizit auf den Boykott durch BSW und weite Teile der AfD ein, sprach aber einen Dank aus:

    Ich danke jedem und jeder hier persönlich, die hier sind.

    Wolodymyr Selenskyj

    Selenskyj bedankte sich für die Unterstützung Deutschlands, namentlich nannte er den Kanzler. Olaf Scholz saß während der Rede ebenso im Plenum wie etwa Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
    Der ukrainische Präsident Selenskyj ist vor dem deutschen Bundestagsgebäude abgebildet.
    Der ukrainische Präsident Selenskyj ist zu Gast in Berlin. Dort nimmt er an der Wiederaufbaukonferenz teil und spricht im Bundestag. ZDFheute live zeigt die Rede und ordnet ein.11.06.2024 | 58:06 min

    "Weit entfernt von Gesprächen mit Russland"

    Der ukrainische Präsident forderte, dass Russland die volle Verantwortung für seinen Krieg gegen sein Land übernehmen muss. "Die Zeit für Kompromisse ist vorbei. Russland muss den ganzen Schaden bezahlen", so Selenskyj. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse diesen Krieg verlieren.
    Vor seiner Rede hatte Selenskyj auf die Frage von ZDFheute nach möglichen Verhandlungen gesagt: "Wir sind sehr weit entfernt von Gesprächen mit Russland." Jetzt werde die Ukraine erst einmal mit ihren Freunden in der Schweiz reden.

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