Trotz internationaler Kritik: Kann Netanjahu machen, was er will?

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    Trotz internationaler Kritik:Kann Netanjahu machen, was er will?

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    Israels Präsident Benjamin Netanjahu löste im Juni das Kriegskabinett auf. Der Unmut wächst - laut Berichten auch in seinem eigenen Sicherheitsapparat.

    Christian Sievers im Schaltgespräch mit Alica Jung und Elmar Theveßen
    Sehen Sie hier das Gespräch mit Alica Jung und Elmar Theveßen in voller Länge.04.08.2024 | 5:10 min
    Israel und der Iran schüren mit ihren jüngsten Drohungen die Furcht, dass im Nahen Osten bald ein größerer Krieg ausbrechen könnte - mit Folgen weit über die Region hinaus. Unklar bleibt, wann der Vergeltungsschlag des Iran und seiner Verbündeten erfolgen könnte. Viele fürchten: sehr bald.
    Mit Blick auf die Spannungen mehren sich Berichte, dass in Israels Sicherheitsapparat der Unmut über Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wächst. Es ist von heftigen Auseinandersetzungen mit den Geheimdienstchefs die Rede.

    Warum streiten die Geheimdienstchefs mit Netanjahu?

    Israelische Medien berichten von tiefen Zerwürfnissen zwischen Netanjahu, seinem Armeechef und den Inlands- und Auslandsgeheimdienstchefs, sagt ZDF-Reporterin Alica Jung in Tel Aviv. Ein Großteil des Sicherheitsapparats fordere demnach, "das Momentum zu nutzen und endlich einen Deal mit Hamas über die Freilassung der Geiseln abzuschließen".
    Angst vor Flächenbrand in Nahost
    Eine schwere Provokation Israels – so ordnet das iranische Regime die Tötung von Hamas-Führer Hanija in Teheran ein. Damit wächst die Sorge vor einer weiteren Eskalation.01.08.2024 | 3:03 min
    In den Medienberichten werde der Mossad-Chef des Auslandsgeheimdienstes zitiert, der gesagt haben soll, dass es einen fertigen Deal gebe, Israel müsse ihn nur annehmen. Netanjahus Büro dementiert das.
    Kritik, die seit Wochen ganz offen geäußert werde, komme von Verteidigungsminister Joav Galant. Er beziehe sich in seiner Kritik auf die Zeit nach einem Krieg in Gaza. Er fordere, dass Netanjahu eine Debatte im Kabinett über einen Nachkriegsplan zulassen sollte.

    Die Frage, wie lange Galant nach so einer Kritik noch im Amt bleibt, darüber gibt es hier schon Gerüchte. Demzufolge soll Netanjahu schon seine Nachfolge planen.

    Alica Jung, ZDF-Reporterin

    Kann Netanjahu machen, was er will?

    Das zu Beginn des Krieges gebildete Kriegskabinett, hat Netanjahu im Juni aufgelöst. Auch Oppositionsmitglieder seien Teil des Kabinetts gewesen, sagt ZDF-Reporterin Jung. Nachdem sie großen Unmut geäußert hatten, seien sie ausgestiegen.
    Sie hatten kritisiert, dass es an einem Deal fehle und Netanjahu Entscheidungen verzögere. "Seitdem gibt es das Kriegskabinett nicht mehr, es gibt aber das Sicherheitskabinett", so Jung. Das soll eigentlich über die Belange des Landes entscheiden.
    Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
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    Aber: Das Kabinett übertrug die Entscheidungsgewalt an Netanjahu und an Verteidigungsminister Galant. "Die beiden haben sich nicht mehr viel zu sagen, sie sind sich nicht grün", sagt Jung.

    Somit hat Netanjahu eine Art Carte blanche.

    Alica Jung, ZDF-Reporterin

    Wie viel Einfluss haben die USA auf Netanjahus Entscheidungen?

    Die USA hätten "offenbar wenig bis keinen" Einfluss auf Netanjahus Entscheidungen, schätzt ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen ein. "Das steigert natürlich den Frust hier. Joe Biden fühlt sich persönlich hinters Licht geführt." In einem Telefonat mit Netanjahu am Donnerstag soll ein Kraftausdruck gefallen sein. Das habe eine Vorgeschichte.
    Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht vor der israelischen und amerikanischen Flaggen  im Eisenhower Executive Office Building im Weißen Haus.
    US-Präsident Biden und Vizepräsidentin Harris empfingen Israels Premier Netanjahu zu Gesprächen in Washington. Es ging auch um ein mögliches Ende des Gaza-Kriegs. 26.07.2024 | 1:30 min
    Eine Woche zuvor war Netanjahu im Weißen Haus. Biden forderte von ihm "ganz offenbar Nachbesserungen bei den Verhandlungen in Sachen Geiseln und Waffenstillstandsdeal und, dass das von der israelischen Seite blockiert wird".
    Netanjahu habe das bestritten. Daraufhin hätten Biden und Netanjahu offenbar einen "Deal entworfen", der von Israel noch hätte abgesegnet werden müssen. Dann, wenige Tage später, "Angriffe, die zum Tod von mehreren Terror-Führern" geführt haben. "So hat man hier im Weißen Haus den Eindruck [Netanjahu] ist unbelehrbar", sagt Theveßen.

    Der Geisel-Deal ist Netanjahu nicht das wichtigste, sondern er will vor allen Dingen seine militärischen Ziele durchsetzen.

    Elmar Theveßen, ZDF-Korrespondent

    Ex-US-Präsident Trump empfängt Israels Regierungschef Netanjahu
    Nicht nur wegen stockender Verhandlungen beim Geisel-Deal, wächst die Kritik an Israels Premier Netanjahu. Derweil rüstet sich Israel für einen Krieg an mehreren Fronten.04.08.2024 | 2:51 min

    Wie groß ist Sorge, dass USA in Krieg mit Iran reingezogen werden?

    "Die Sorge ist sehr groß", so ZDF-Korrespondent Theveßen. Zwar solle Biden Netanjahu hinter den Kulissen klar gemacht haben, "diesmal würde man noch helfen, aber dann in Zukunft nicht mehr". Doch es sei "illusorisch zu glauben, dass die USA Israel nicht mehr beistehen würden, wenn es um die Existenz geht". Man hoffe, dass diese Eskalation ähnlich derjenigen im April sei. Damals seien fast alle der etwa 300 Raketen aus dem Iran abgefangen worden.
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    "Wenn es dabei bliebe, und man dann den Geisel-Deal vorantreiben kann, dann ist man vielleicht wieder auf richtigem Fahrwasser", sagt Theveßen. "Aber wenn das nicht passiert, dann hören wir hier, könnte es sein, dass man hinterher einen großen Preis von Netanjahu verlangen wird", indem die USA "eine politische Lösung mit den Palästinensern an Netanjahu vorbei" suchen würden.
    Die Gespräche führte heute-journal-Moderator Christian Sievers, zusammengefasst von ZDF-Redakteurin Katharina Schuster.

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