Gaza-Helfer tot: Schwere Vorwürfe gegen Israels Armee
Handyvideo aufgetaucht:Gaza-Helfer tot: Schwere Vorwürfe gegen Israel
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Nach dem tödlichen Angriff auf Sanitäter im Gazastreifen werden schwere Vorwürfe gegen Israels Armee erhoben. Das israelische Militär korrigierte seine Version der Ereignisse.
Nach dem Beschuss eines Rettungskonvois in Gaza mit 15 Toten zieht ein brisantes Handyvideo die offizielle Version Israels in Zweifel.05.04.2025 | 2:49 min
Nach dem Tod von 15 palästinensischen Sanitätern und Zivilschutzmitarbeitern im Gazastreifen durch Schüsse israelischer Soldaten bestehen erhebliche Zweifel an der Darstellung des Vorfalls durch das Militär.
Ein Kranken- und ein Feuerwehrwagen waren am 23. März nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmonds (PRCS) in Rafah von Soldaten angegriffen worden. Die Leichen konnten erst sieben Tage später aus einem Grab geborgen werden.
Die israelische Armee hatte damals behauptet, dass sich mehrere Fahrzeuge auf verdächtige Weise - ohne Koordinierung und ohne Scheinwerferlicht - israelischen Truppen genähert hätten. Soldaten hätten auf die Fahrzeuge geschossen und einige Mitglieder der Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad getötet.
Im Gazastreifen verschärft sich die Lage zunehmend: Premier Netanjahu droht mit massiven Angriffen und zugleich blockiert Israel die Hilfslieferungen nach Gaza.03.04.2025 | 1:59 min
Handyvideo widerspricht israelischer Darstellung
Inzwischen fand der Rote Halbmond bei einem der getöteten Sanitäter ein Mobiltelefon, auf dem die letzten Minuten des Rettungstrupps per Video und Audio aufgezeichnet sind. Auf dem Video sind Krankenwagen und ein Feuerwehrfahrzeug zu sehen, die deutlich markiert sind und sich mit Scheinwerferlicht und Blaulicht fortbewegen.
X-Post des PRCS
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Eine Kopie des Materials sandte die Organisation nach eigenen Angaben an den UN-Weltsicherheitsrat. Durch einen UN-Diplomaten gelangten die Aufnahmen an die "New York Times", die sie in der Nacht zum Samstag veröffentlichte. Der UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk hatte am Donnerstag gesagt, der Vorfall verstärke Sorgen, das israelische Militär begehe Kriegsverbrechen.
Die Bildaufzeichnung bricht nach weniger als einer Minute ab, als der Konvoi unter israelischen Beschuss gerät. Die Tonaufzeichnung gehe aber mehrere Minuten weiter, schrieb die "New York Times". Darauf sind unter anderem Gebete der Angegriffenen zu hören, wie sie Muslime sprechen, wenn sie sich dem Tod nahe wähnen, aber auch - nicht verständliche - Kommandorufe der israelischen Soldaten auf Hebräisch.
Israels Premier hat der Hamas gedroht, sollte sie die restlichen Geiseln nicht freilassen. Im Gazastreifen gab es Proteste für ein Ende des Krieges - teils auch gegen die Hamas.26.03.2025 | 2:43 min
Nach Einschätzung des Roten Halbmonds wurden die unbewaffneten Rettungskräfte aus nächster Nähe erschossen - und nicht, wie die israelische Darstellung behauptet, aus einer Situation heraus, in der Soldaten auf sich nähernde verdächtige Fahrzeuge feuern.
Munther Abed ist der einzige Überlebende des israelischen Angriffs auf die Rettungskräfte. Dem ZDF schildert er den Moment, der teilweise auch im Video zu sehen und zu hören ist:
Als die Schüsse losgingen, wurde alles dunkel. Plötzlich hörte ich Stimmen, die Hebräisch sprachen. Die Tür am Wagen ging auf. Es waren Spezialeinheiten der israelischen Armee, mit Uniformen, mit Waffen und Nachtsichtgeräten.
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Munther Abed, Überlebender
In Gaza protestieren Hunderte gegen den Krieg mit Israel. Warum sich die Teile der palästinensischen Bevölkerung gegen die Hamas wenden, erklärt Nahost-Experte Sascha Bruchmann.26.03.2025 | 12:53 min
Armee bestreitet Hinrichtung
Die Zeitung "Times of Israel" berichtet, die Armee habe inzwischen eingeräumt, dass ihre anfängliche Darstellung des Vorfalls von vor rund zwei Wochen inkorrekt war. Die Truppen hätten jedoch niemanden hingerichtet und auch nichts zu vertuschen versucht. Der Fall werde erneut untersucht und heute dem Generalstabschef Ejal Zamir vorgelegt, hieß es.
ZDF-Korrespondent Thomas Reichart spricht nach Bekanntwerden des Handyvideos vom "Verdacht eines Kriegsverbrechens".
Israels Armee wird die Fakten schnell offenlegen müssen. Denn was sie bisher behauptete, passt nicht zu dem, was dieses Video nun enthüllt.
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Thomas Reichart, ZDF-Korrespondent in Tel Aviv
Bereits am Mittwoch hatte die deutsche Bundesregierung die Forderungen nach einer Untersuchung unterstützt. "Auch wir finden, dass eine umfassende Untersuchung der Vorfälle notwendig ist", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Sie bezeichnete die Bilder aus Rafah als "bestürzend" und betonte, medizinisches Personal und humanitäre Helfer dürften niemals Ziel von Angriffen werden.
Mit dem Hamas-Angriff auf Israel eskalierte der Nahost-Konflikt. Anfang des Jahres konnte eine Waffenruhe vereinbart werden. Nun fliegt Israel wieder Angriffe in Gaza.