Luftschlag im Raum Chan Junis - Dutzende Tote gemeldet

Bei einem israelischen Luftangriff auf den Großraum von Chan Junis im Süden des Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben 90 Menschen getötet worden. 300 weitere seien bei der Attacke am Samstag verletzt worden, teilte das von der radikal-islamistischen Terrororganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium mit. Zuvor war von 71 Toten und 289 Verletzten die Rede gewesen. Unabhängig waren die Angaben nicht zu überprüfen.

Aus israelischen Regierungskreisen hieß es, der Luftangriff habe dem Anführer des militärischen Arms der Hamas, Mohammed Deif, gegolten. Das bestätigte ein israelischer Regierungsvertreter. Dabei ist Israel sich nach Angaben von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu noch nicht sicher, ob Deif, tatsächlich getötet wurde. "Es besteht noch keine absolute Gewissheit", sagte er auf einer Pressekonferenz. Aus Hamas-Kreisen verlautete nun, der Hamas-Militärchef sei "wohlauf".

Der Angriff habe außerdem den Kommandeur der Hamas-Brigade in der Stadt Chan Junis, Rafa Salama, zum Ziel gehabt, hieß es. Auch er sei laut israelischem Militär "Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober" gewesen. Die Hamas bestritt laut einer Erklärung einen israelischen Angriff auf ihre Führung nahe der Stadt Chan Junis im Süden des Küstengebiets.

Deif gilt vielen Experten als der Chefstratege hinter dem von der Hamas angeführten Terrorattacke im Süden Israels am 7. Oktober 2023. Der 58-Jährige ist einer der meistgesuchten Männer der Hamas. Er soll Angriffe auf Israel aus dem Tunnelsystem der Hamas im Gazastreifen geplant haben. Schon seit über 30 Jahren soll er für die Miliz tätig sein.

Nach Angaben der israelischen Armee fand der Angriff in Chan Junis in einem "offenen Gebiet, das von Bäumen, mehreren Gebäuden und Hangars umgeben war", statt.

Ein Vertreter des Militärs räumte in einem Online-Briefing für Journalisten ein, dass das getroffene Objekt in der von Israel so deklarierten humanitären Zone westlich von Chan Junis gelegen habe.

"Es war aber eine abgezäunte, bewachte Hamas-Basis, besetzt mit Terroristen", fügte er hinzu. Das Militär sei sich auch sehr sicher, dass sich zum Zeitpunkt des Angriffs keine israelischen Geiseln in dem Objekt befunden hätten.

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom Mai haben dort zwischen 60.000 und 75.000 Menschen Schutz gesucht, vor allem nach dem Beginn der israelischen Offensive in der Stadt Rafah ganz im Süden des Gazastreifens. Hilfsorganisationen warnten vor prekären Lebensbedingungen in dem Lager.

Nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa gab es am Morgen mehrere heftige Angriffe in der Gegend. Mitarbeiter im nahe gelegenen Nasser-Krankenhauses berichteten, dass es nicht mehr ausreichend Betten gebe, um die große Zahl der Verletzten nach den Angriffen aufzunehmen.

Der Krieg im Gazastreifen war vor mehr als neun Monaten durch einen Großangriff von Kämpfern der Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1.195 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion auf den Überfall geht Israel seither militärisch im Gazastreifen vor.