Unicef Foto des Jahres 2024:Gesichter, die das Leid des Krieges zeigen
von Kai Remen
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Zum ersten Mal prämiert Unicef mit dem "Foto des Jahres" gleich zwei Fotografinnen. Sie zeigten das Leid der Kinder, jeweils in Israel und den palästinensischen Gebieten.
Erstmals belegten 2024 bei den Unicef Fotos des Jahres zwei Bilder zugleich den ersten Platz.
Quelle: Avishag Shaar-Yushuv, Israel / Samar Abu Elouf, Palästina
Es ist eine kleine Besonderheit, die Elke Büdenbender am Donnerstag im Haus der Bundespressekonferenz verkündet. Die Schirmherrin von Unicef Deutschland präsentiert das Gewinnerbild im internationalen Fotowettbewerb "Unicef Bild des Jahres". Die Besonderheit: Es ist nicht ein Gewinnerbild - es sind zwei.
Zum ersten Mal in der 25-jährigen Geschichte des Preises teilen sich zwei Fotografinnen den ersten Platz. Die Botschaft dahinter ist eine politische, eine vereinende, eine innehaltende, eine zutiefst menschliche.
Unicef setzt sich auf der ganzen Welt für Kinder ein. Über die Aufgaben des Kinderhilfswerks der Vereinigten Nationen.11.12.2021 | 1:24 min
Der Nahost-Konflikt und das Leid der Kinder
Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel im Oktober 2023 und mit dem anschließenden Krieg in Nahost dominieren Totenzahlen, Angriffe, Zerstörung und Militärs die Schlagzeilen der Medien und auch deren Bilder. Ein vermeintliches "Israel gegen Palästina" wird regional und weltweit von Unterstützern sowie Brandstiftern ausgetragen.
Auf dem Gewinnerbild von Avishag Shaar-Yashuv ist der kleine Stav zu sehen, einer der Überlebenden des Überfalls der Hamas am 7. Oktober 2023 auf die Siedlung des Moschav Netiv HaAsara.
Quelle: Avishag Shaar-Yushuv, Israel
In genau dieser Zeit prämiert Unicef, das UN-Kinderhilfswerk, eine israelische Fotografin und eine palästinensische Fotografin gemeinsam. Die Fotos von Avishag Shaar-Yashuv und Samar Abu Elouf sind auf verschiedenen Seiten einer Grenze entstanden und zeigen doch das Gleiche. Es sind die Kinder, die besonders unter dem mörderischen Krieg litten und leiden. Es sind Kindergesichter, die den Schmerz und die Trauer zeigen.
Quelle: Avishag Shaar-Yushuv, Israel
... porträtierte in ihrer Arbeit "Portraits of the survivors" einige Wochen nach dem Überfall der Hamas israelische Kinder. Sie waren nach der Vertreibung aus ihren Häusern in Hotels oder provisorischen Unterkünften untergebracht. Eines davon ist der achtjährige Stav. Der Junge ist einer der Überlebenden des Überfalls der Hamas am 7. Oktober 2023 auf die Siedlung des Moschav Netiv HaAsara. Aufgenommen wurde das Bild am 22. Oktober 2023 in einem Hotel im Kibbuz Maale HaHamisha.
Quelle: Unicef
Quelle: Samar Abu Elouf, Palästina
... begleitete im Zuge ihrer Arbeit "Wounded children of Gaza" Kinder aus Gaza, die mit den Folgen physischer und psychischer Verletzungen sowie dem Verlust ihrer Familien und Freunde belastet sind. Ihr Foto zeigt die elfjährige Dareen und den fünfjährigen Kinan. Ihre Eltern und 70 weitere Familienmitglieder der Geschwister kamen bei einem israelischen Luftangriff auf ein Wohnhaus ums Leben. Das gemeinsame Portrait der beiden palästinensischen Kinder entstand in einem Hospital in Katar, in das sie zur medizinischen Versorgung aufgenommen worden waren.
Quelle: Unicef
In Gaza wurde sehr viel zerstört. Es gibt zu wenig Wasser, Lebensmittel, Medikamente. Viele Menschen leben in Flüchtlingscamps. Dort hat "logo!" nachgefragt, wie es den Kindern geht.07.10.2024 | 1:47 min
"Die Universalität des kindlichen Leids"
Die Bilder würden zum Innehalten auffordern, erklärt Elke Büdenbender in ihrer Laudatio. Gemeinsam stünde man empathisch an der Seite der Kinder. Dieses Mitgefühl sei Voraussetzung dafür, nach Verständigung zu suchen. Das könnten die Fotos leisten.
Gewinnerbild zwei der Fotografin Samar Abu Elouf zeigt die Geschwister Dareen und Kinan, die bei einem israelischen Luftangriff auf ein Wohnhaus ihre Eltern und einen Großteil ihrer Familie verloren haben.
Quelle: Samar Abu Elouf, Palästina
Die Werke würden einem gleichermaßen die Worte rauben und zum Nachdenken anregen, begründet Prof. Klaus Honnef, Vorsitzender der Jury, die Entscheidung. Selten habe er so furchtbare Bilder von äußerlich nahezu unverwundeten Kindern gesehen. Das von den Kindern Erlebte überschreite den Horizont des Vorstellbaren.
Der Krieg in Nahost ist vor allem für die Menschen schwierig, die nichts direkt damit zu tun haben. "logo!" hat geschaut schauen, wie es den Kindern in Israel damit geht.07.10.2024 | 1:42 min
Weitere Preise für französische Fotografen
Der zweite Preis des Wettbewerbs geht an den französischen Fotografen Pascal Maitre. Er dokumentierte die Ausbreitung der Viruserkrankung Mpox in der Demokratischen Republik Kongo. Auf seinem Foto ist der sieben Monate alte Japhet zu sehen. Wie viele der 40.000 in dem Land vermuteten Fälle, kämpfte auch der Junge mit der lebensgefährlichen Erkrankung.
Der zweite Platz bei den Unicef Fotos des Jahres 2024: Der kleine Japeth, der an der Viruserkrankung Mpox leidet.
Quelle: Pascal Maitre, Frankreich (The VII Foundation, für Paris Match)
Ebenfalls ausgezeichnet wurde die französische Fotografin Maylis Rolland. Sie zeigt auf ihren Fotos das "zerbrechliche Leben" von Frühgeburten im Universitätskrankenhaus der französischen Stadt Rennes und erhält dafür den dritten Preis. Ihr Foto zeigt den Säugling Gabin, der nach 25 Schwangerschaftswochen geboren wurde und noch unter einer Atemmaske, das Gesicht seiner Mutter Doriane berührt.
Auf dem dritten Platz der Unicef Fotos des Jahres 2024 ist eine junge Mutter mit ihrem frühgeborenen Sohn zu sehen, der - noch mit Atemmaske im Gesicht - das Gesicht seiner Mutter berührt.
Quelle: Maylis Rolland, Frankreich (Agentur Hans Lucas)
Ausstellung aller prämierten Fotos
Seit dem Jahr 2000 prämiert das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen außergewöhnliche Fotos und Fotoreportagen. Im Zentrum stehen seit jeher Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern weltweit. Die prämierten Werke werden bis Ende Januar 2025 im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin zu sehen sein. Anschließend sind sie vom 30. Januar bis 27. April 2025 für die allgemeine Öffentlichkeit im Willy-Brandt-Haus zugänglich.
Die Fotos sind Mahnung, Erinnerung und Hoffnung, gerade in den dunkelsten Zeiten, die Kinder nicht zu vergessen. Ihre Erfahrungen, Verletzungen und Verluste kann man in den jungen Gesichtern sehen. Man darf nur eines nicht: wegschauen.
Quelle: ZDF
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