Experte zu Ukraine-Krieg: Ohne Krim für Putin "quasi wertlos"

    Experte Gressel zu Angriffskrieg:Ohne Krim Ukraine für Putin "quasi wertlos"

    von Anna Grösch
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    Wie ist die Lage an der ukrainischen Front und wie könnte der Krieg weitergehen? Militärexperte Gressel ordnet ein - und erklärt die besondere Bedeutung der Krim für den Krieg.

    Seit etwas mehr als eineinhalb Jahren wütet in der Ukraine der russische Angriffskrieg. Politikwissenschaftler Gustav Gressel beobachtet die Situation an der Front und die Strategie von Russen und Ukrainern genau. Der Militärexperte analysiert die Lage bei ZDFheute live.

    Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Gustav Gressel ...

    ...zur Situation an der Front:

    Die ukrainische Gegenoffensive geht zwar langsam voran, doch sie rückt offenbar unter anderem bei Robotyne im Oblast Saporischschja vor: "Die russischen Verteidigungslinien sind unter enormem Druck", sagt Militärexperte Gressel. Auch der Einsatz von IT und Drohnen spiele eine immer größere Rolle. Die Gegenwehr von zwei russischen Fallschirmjägerdivisionen verlangsame die Ukraine - aber aufhalten könnten sie sie nicht.
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    Der Krieg wird auch am Boden geführt: Die Ukraine ist das am stärksten verminte Land der Welt. 19.09.2023 | 11:33 min
    Man habe mittlerweile eine Art "Erste-Weltkrieg-Situation" erläutert Gressel weiter. Eine Überraschung sei kaum noch möglich.

    Das behindert sowohl die russische Seite als auch die ukrainische Seite bei ihren Offensivbewegungen.

    Gustav Gressel, Militärexperte

    Im Süden sehe man nun ein zähes Ringen mit kleinräumigen Erfolgen der Ukraine. Einen wirklich verwertbaren strategischen Durchbruch sehe man bisher jedoch nicht.

    ...wie die Moral der russischen Truppen einzuschätzen ist:

    Es gibt immer wieder Berichte über Streitigkeiten und Uneinigkeit in der russischen Armee. Gressel ordnet diese ein.

    Auf der russischen Seite gibt es einen Split zwischen der Armeeführung, dem Generalstab, dem Verteidigungsministerium und der Armee, die in der Ukraine eingesetzt ist - und die sieht, dass es so, wie die Armeeführung es sich vorstellt, nicht funktioniert.

    Gustav Gressel, Militärexperte

    Doch Russland habe Ressourcen und versuche, die Ukraine "durch Masse zu erdrücken". Putin verfolge eine langfristige Abnutzungsstrategie. Der Westen müsse sich darauf einstellen, dass der Krieg sich gewandelt habe. Und das müsse man auch im Training der ukrainischen Soldaten weitergeben.
    In der russischen Armee herrsche außerdem große Frustration, da die Kommandeure sehen, dass die Befehle und Forderungen aus Moskau nicht zu erfüllen seien, sagt Gressel. Auch an den einfachen Soldaten gehe nicht vorbei, wenn die befohlenen Angriffe aussichtlos seien. Ukrainische Soldaten hingegen hätten offenbar das Vertrauen, von ihrer Führung "nicht unnötig verheizt zu werden". Dies sei ein enormer moralischer Unterschied.

    ...zur besonderen Stellung der Krim in diesem Krieg:

    Viele ukrainische Angriffe und Schritte seien bisher gut vorbereitet worden, sagt Gressel. Die Krim spiele bei der ukrainischen Taktik eine Schlüsselrolle. Die Ukraine wolle den Krieg verkürzen und vermeiden, jeden "Quadratzentimeter" durch schwierige Offensiven zu befreien.
    Indem man der Krim den Landweg abschneide und mit Fernwaffen Versorgungspunkte angreife, könne man versuchen, Russland das Halten der Krim untragbar zu machen. Mit ihr habe der Konflikt in 2014 begonnen.

    [Die Krim] ist für Putin das wichtigste Element seiner Eroberungen. Ohne die Krim ist sozusagen der Rest der Ukraine quasi wertlos.

    Gustav Gressel, Militärexperte

    Stünde Putin vor der Situation die Krim zu verlieren, könnte er bereit sein, an den Verhandlungstisch zu gehen und Gebiete zurückzugeben.

    ..ob die Gefahr von Russland nach einem Ende des Krieges gebannt ist:

    "Eines steht fest: Die russische Armee lernt aus diesem Krieg", sagt Gustav Gressel. Die ursprünglichen Ziele seien nicht aufgegeben worden - und auch der Westen werde von Russlands Führung weiterhin als Feind betrachtet.
    "Wir müssen uns darauf einstellen, dass diese Armee (...) weiterhin eine Bedrohung für die Nato darstellen wird", mahnt der Militärexperte. Man müsse nun gemeinsam mit der Ukraine lernen, wie man dem in Zukunft begegne.
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