Drei Panzer beschießen imaginäre Ziele, die angereiste Presse trägt Ohrenschutz und sieht aus gebührendem Abstand zu. Doch die Mondlandschaft und die Wucht der Detonation lassen die Übung beklemmend real wirken. Die Menschen, die hier trainieren, sind in wenigen Wochen schon im Einsatz - im
Verteidigungskrieg der Ukraine gegen Russland. An der Front.
Hohe Geheimhaltungsstufe auf dem Truppenübungsplatz
Die Geheimhaltungsstufe ist hoch. Zum Schutz der Identität tragen die Auszubildenden und die Ausbilder Sonnenbrillen und Schals über dem Gesicht. Sie geben sich Namen - Evheny zum Beispiel. Der 32-Jährige sagt, er kommt aus der Ostukraine, im zivilen Leben arbeite er als Elektriker. Mehr will er nicht sagen - und erzählt später doch, er habe einen Sohn, der im Sommer in die Schule komme. Nach Deutschland wäre er lieber mal gekommen, um Urlaub zu machen.
Auf die Fragen nach der Ausbildung antwortet er einsilbig - der Übersetzer fasst die Antworten nochmals zusammen. Aber ja, er hoffe, sie seien gut gerüstet. Die Ausbildung sei gut gewesen, nun seien sie bereit. Angst? Nein, habe er keine.
Einblicke in EU-Mission zur Unterstützung der Ukraine
Die
Bundeswehr gewährt mit der Übung einen Einblick in die EU-Mission zur militärischen Unterstützung der Ukraine, kurz EUMAM. Sie wurde am 17. Oktober 2022 beschlossen, startete einen Monat später. Sie ist die Ergänzung zu den Trainingsaktivitäten der Amerikaner.
24 EU-Staaten stellen Personal und Material. Bisher wurden deutschlandweit 6.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten ausgebildet. Bis Ende des Jahres sollen es 10.000 sein.
Ukrainer trainieren von morgens bis abends
Der Standort in Sachsen-Anhalt - der Hub North - ist einer der beiden Hauptausbildungsbereiche von EUMAM Ukraine in Deutschland. Ein Großteil des Trainings konzentriert sich hier.
Die Trainingstage sind lang: von morgens 7 Uhr bis abends 19 Uhr, fünf Tage die Woche. Nur so ist die Ausbildung innerhalb der kurzen Zeit, die zur Verfügung steht, zu schaffen. Sechs Wochen sind die Soldatinnen und Soldaten hier - manche von ihnen haben gerade erst die Grundausbildung durchlaufen.
Generalleutnant: Leopard-1-Panzer "duellfähig"
Generalleutnant Andreas Marlow befehligt die Truppe als EUMAM-Kommandeur des Special Training Command. Er schwärmt beinahe, wenn er von der Motivation und der Anstrengungsbereitschaft seiner Kameradinnen und Kameraden spricht.
Die Zahl der Bewerber bei der Bundeswehr ist in den ersten Monaten dieses Jahres um sieben Prozent gesunken. Verteidigungsminister Pistorius will dagegen ankämpfen.02.08.2023 | 1:43 min
Marlow erzählt, er selbst wurde 1982 auf dem Leopard 1 ausgebildet. Und klar sei das ein "alter" Panzer, aber er sei "duellfähig und als Kampfkraftverstärkung durchaus brauchbar". Und überhaupt bringe ja nicht ein Waffensystem allein die Entscheidung. Der Leopard 1, so findet er, habe durchaus hohen Gefechtswert.
Bundeswehr kann sehr gute Trainingsquote erkennen
Immer wieder - das fällt auf - wird der Leopard 1 hier gelobt. Er könne ziemlich schnell rückwärtsfahren, habe eine gute Wärmebildkamera. Und das Waffensystem habe einen Stabilisator. Es wirkt, als verteidigten sie die aus den Beständen der Industrie instandgesetzten Kampfpanzer.
Stolz auf jeden Fall sind sie hier: Die Ausbildung mache Sinn und sei konkret. Bei der Übung heute wurden 15 von 17 Zielen getroffen. Das sei eine sehr gute Quote.
Henriette de Maizière arbeitet im ZDF-Hauptstadtstudio.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.