Der Geruchssinn: Fünf Fakten zum Riechen von Gerüchen
Fünf Fakten zum Riechen:Was unser Geruchssinn alles kann
von Jana Sepehr
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Gerüche begleiten uns täglich. Sie wecken Erinnerungen, die tief in unserem Gehirn verankert sind. Fünf Fakten, die die Besonderheiten unseres Geruchssinns zeigen.
Durch den Geruchssinn können verschiedenste Gerüche wahrgenommen und voneinander unterschieden werden. Doch wie funktioniert die Nase beim Riechen?
Quelle: dpa
Welche Gerüche haben Sie heute bewusst wahrgenommen? Selten erinnern wir uns daran, denn meist läuft das Riechen unterbewusst ab. Doch wenn wir erst einmal einen fiesen, gefährlichen oder schönen Geruch in der Nase haben, weckt er sofort eine Emotion und Erinnerungen. Diese fünf Fakten zeigen die Besonderheiten unseres Geruchssinns:
1. Gerüche sind eng mit Erinnerungen und Emotionen verknüpft
Zimt, Spekulatius, Nelken - diese Gerüche verbinden hierzulande viele Menschen mit der Weihnachtszeit. Wie wir Gerüche empfinden, ist zum Teil angeboren, zum Teil erlernt. Zudem haben Düfte häufig eine kulturelle und kontextuelle Komponente.
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Der erste Kontakt mit einem Geruch entscheidet häufig darüber, womit wir ihn assoziieren. Je tiefgreifender die emotionale Erfahrung ist, desto eher schreiben wir den Geruch einem bestimmten Erlebnis zu. Dann weckt der Geruch, wenn wir ihn wahrnehmen, immer wieder diese Erinnerung.
Das liegt daran, dass die Geruchsrezeptoren direkt mit dem limbischen System im Gehirn kommunizieren. In diesem Teil des Gehirns werden auch Emotionen verarbeitet und Erinnerungen gebildet und gespeichert. "Diese direkte Verbindung erklärt, warum Gerüche häufig schnell und intensiv Erinnerungen und Emotionen hervorrufen", sagt der Neurowissenschaftler und Geruchsforscher Johannes Frasnelli.
Evolutionsbiologisch gesehen gilt der Geruchssinn als unser ältester Sinn. Die komplexeren Sinne wie Sehen oder Hören entstanden deutlich später mit der Entwicklung komplexerer Nervensysteme. Das Riechsystem ist mit älteren Teilen des Gehirns verbunden, dem limbischen System, das auch für Emotionen zuständig ist. Der Thalamus und das Zwischenhirn hingegen haben sich erst deutlich später entwickelt.
Hören und Sehen bestimmen unseren Alltag sehr. Aber auch der Geruchssinn hat großen Einfluss und kann unterschiedliche Gefühle hervorrufen - bei jedem andere.
Anne Frieda Müller, Wien
2. Wenn wir schlafen, schläft auch unser Geruchssinn
Pusten wir ein Streichholz aus, riechen wir den Rauch sofort. Doch beim Schlafen können wir uns auf unseren Geruchssinn nicht verlassen. Während wir durch Geräusche, ein Schütteln oder einen Lichtstrahl geweckt werden können, ist der Geruchssinn nicht aktiv.
Das liegt daran, dass er nicht mit dem Thalamus, dem sogenannten "Tor zum Bewusstsein", verbunden ist. "Auch deshalb können wir Düfte im Schlaf erst dann wahrnehmen, wenn die Gerüche so stark sind, dass sie in der Nase kratzen oder wir husten müssen", sagt Geruchsforscher Johannes Frasnelli.
3. Warum Tiersekrete und Ausscheidungen im Parfüm gut riechen
Amber, Bibergeil, Walkotze, Moschus und Zibet sind Ausscheidungen von Tieren, die in der Parfümindustrie eingesetzt werden. Unverdünnt riechen die Stoffe nach Kot oder Tier, verdünnt und in Kombination mit anderen Duftstoffen verleihen sie einem Parfüm eine süßliche Note.
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Nahezu jeden Gestank können wir als angenehm wahrnehmen, wenn er genug verdünnt wird. Andersherum kann jeder Duft als unangenehm wahrgenommen werden, wenn die Konzentration zu stark ist.
Ob wir einen Geruch eher angenehm oder unangenehm empfinden, hängt neben der Konzentration hauptsächlich noch von drei weiteren Faktoren ab: der chemischen Zusammensetzung, der Erwartungshaltung und unserer Erfahrung.
Chemische Zusammensetzung: Während Schwefelverbindungen häufig eher unangenehm nach faulen Eiern riechen, empfinden wir Gerüche, die Benzol enthalten, tendenziell als angenehm blumig oder fruchtig.
Erwartungshaltung: Ist es Käse oder Stinkefuß? Wenn wir wissen, dass es sich um einen Käse in der Einkaufstüte handelt und nicht um die Füße des Sitznachbarn, können wir den Geruch besser ertragen oder gar mit etwas Positivem assoziieren.
Erfahrung: Wer nach einem Grünkohlessen schon einmal eine Lebensmittelvergiftung hatte, dem wird bei dem Geruch oft schon übel. Wenn das Essen jedoch mit positiven Erfahrungen besetzt ist, wird man den Geruch lieben.
4. Riechrezeptorzellen bilden sich ständig nach
Riechrezeptorzellen sind, wie alle Rezeptorzellen, Nervenzellen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Nervenzellen haben sie eine Besonderheit: Sie werden ständig neu gebildet. "Alle sechs Wochen bis sechs Monate erneuern sie sich komplett", sagt Frasnelli. "Das ist eine Ausnahme im Nervensystem."
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Dass manche Menschen dennoch ihren Geruchssinn lebenslang verlieren, kann unterschiedliche Gründe haben. Durch einen starken Befall mit einer Viruserkrankung wie Covid können auch die Stammzellen, aus denen sich die Riechrezeptorzellen neu bilden können, befallen sein. Diese können sich dann nicht wieder erholen.
Bei einem Schädel-Hirn-Trauma hingegen können die Nervenfasern abreißen, die die Nase mit dem Gehirn verbinden. "Wenn dann Vernarbungen entstehen, können sich die nachgebildeten Nervenzellen nicht mehr mit dem Gehirn verbinden."
Laut Frasnelli gibt es Forschungsgruppen, die versuchen, Stammzellen aus der Riechschleimhaut zu gewinnen und sie etwa ins Rückenmark einzusetzen. Die Hoffnung ist, dass sie dort zu Rückenmarksnervenzellen werden. "Mit dieser Forschung steht man noch ganz am Anfang, aber es macht große Hoffnung, eines Tages unter anderem Querschnittsgelähmten helfen zu können."
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von Sabine Meuter
mit Video
5. Krankheiten können den Körpergeruch beeinflussen
Metabolische Krankheiten, aber auch Bakterien und Viruserkrankungen können den Körpergeruch verändern. Wenn wir eine Fiebererkrankung haben, verändert sich unser Schweißgeruch.
Das sei laut Frasnelli evolutionär sinnvoll: "Es hilft uns, uns von Kranken fernzuhalten."
Körpergeruch ist das Resultat spezifischer Schweißdrüsen, die sich im Achsel- und ano-genitalen Bereich befinden. Anders als im restlichen Körper, wo der Schweiß hauptsächlich leicht salziges Wasser zur Regeneration von Körpertemperatur und Elektrolythaushalt produziert, erzeugen die apokrinen Schweißdrüsen einen Duftcocktail, der den Körpergeruch ausmacht. Jeder Mensch hat einen einzigartigen Geruch, nur bei eineiigen Zwillingen ist er identisch.
Auch Stress und Angst können unseren Körpergeruch beeinflussen: Wenn man Angst verspürt, ändert sich die Zusammensetzung von Schweiß. "Wenn ein anderer Mensch diesem Geruch ausgesetzt ist, verspürt er ebenfalls eher Angst", so Frasnelli. Zusätzlich hängt der Geruch von der Ernährung ab. Gewürze wie Curry oder auch Knoblauch können ihn beeinflussen.
Quelle: ZDF
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