Speerwerfer Weber will Medaille - mit besonderer Technik
Leichtathletik-WM - Speerwerfen:Weber will Medaille - mit besonderer Technik
von Susanne Rohlfing
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Speerwurf-Europameister Julian Weber ist die deutsche Medaillenhoffnung für den letzten Tag der Leichtathletik-WM. Sein Markenzeichen: Das Peace-Zeichen als Technik.
Speerwerfer mit spezieller Technik: Julian Weber peilt bei der WM in Budapest eine Medaille an.
Quelle: imago
Wer ganz genau hinschaut, wenn Julian Weber sein Sportgerät abfeuert, kann eine Auffälligkeit entdecken. Der Europameister beschreibt sie so:
Also nicht zwischen Daumen und Zeigefinger, sondern zwischen Zeige- und Mittelfinger. Das war einst eine Notlösung. Er hatte sich beim Handball einen Trümmerbruch im Daumen zugezogen, der ihm die Teilnahme an der U20-EM 2013 zu vermiesen drohte. Weber gewöhnte sich schnell um - und wurde damals Europameister.
Vom Handball zum Speerwerfen
Das Handballspielen gab der Mainzer daraufhin auf. Der Wumms im Arm, den er sich mit dem kleinen Ball angeeignet hatte, verschaffte ihm beste Aussichten in der Leichtathletik. Bis 2016 ging seine Entwicklung dann auch stetig voran, er steigerte sich bis auf 88,29 Meter.
Danach bremsten Weber immer wieder Verletzungen aus. Dem Mainzer musste eine Sehne im Ellenbogen transplantiert werden, dreimal wurde er am linken Stemmfuß operiert, der Rücken meuterte mit einem Bandscheibenvorfall. "Ich musste mich immer wieder zurückkämpfen", sagt Weber.
Schadensbegrenzung für den abgehängten DLV
In Deutschland, der großen Werfer-Nation, fiel das nicht weiter auf. Andere rückten in den Fokus. Thomas Röhler wurde 2016 Olympiasieger und 2018 Europameister, Johannes Vetter holte sich 2017 den WM-Titel und 2019 WM-Bronze, Andreas Hofmann gewann 2018 EM-Silber. Und alle drei knackten die 90-Meter-Marke. Vetter kratze mit 97,76 Metern sogar an den utopisch scheinenden 100 Metern, Röhlers Bestleistung steht bei 93,90 Metern, Hofmann kam schon auf 92,06 Meter.
Weber kämpfte in ihrem Schatten mit seinem Körper - und ist nun bei der WM in Budapest die letzte Speerwurf-Hoffnung einer einst erfolgsverwöhnten Nation. Zudem lastet auf ihm der Druck, am letzten Wettkampftag im Finale möglichst noch etwas Schadensbegrenzung zu betreiben für den so gnadenlos von einer breiten Weltelite abgehängten Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Die drei deutschen 90-Meter-Speerwerfer fehlen in Budapest allesamt nach Verletzungen.
Holprige Qualifikation
Die Qualifikation in Ungarn verlief am Freitag noch etwas holprig für Weber. Mit 82,39 Metern scheiterte er knapp an der direkten Qualifikations-Weite (83,50 Meter), schaffte es am Ende als Vierter aber doch souverän ins Finale. An die Spitze setzte sich Olympiasieger Neeraj Chopra aus Indien mit 88,77 Metern.
Weber trug es mit Gelassenheit. Zum einen werfe er lieber am Abend als am Morgen - und:
Technik mit Erfolg angepasst
Weber ist wieder da, wo er vor seiner Verletzungsserie ab 2017 aufgehört hat. Das untermauerte er in der vergangenen Saison mit einem Wurf auf 89,54 Meter - endlich mal wieder eine Bestleistung. Und dann krönte er sich in München zum Europameister.
Dass es aktuell besser laufe für ihn, liege vor allem daran, "dass ich inzwischen so gut mit meinem Körper klarkomme". Nach den drei Fußoperationen habe er seine Technik angepasst. Darin ist er gut. Das hat er ja schon als Junior mit der Umstellung auf den Peace-Abwurf gezeigt.
Webers nächstes Ziel: Olympia 2024
Sein nächstes Ziel ist es nun, in den erlesenen Kreis der 90-Meter-Werfer aufzusteigen. "Ich weiß, dass ich die draufhabe", sagt er. "Gefühlt hatte ich die schon 2017 drauf." Vor den vielen Verletzungen.
Ob es aber schon in Budapest klappen wird, darauf will Weber sich nicht festlegen. Schön wäre es. Genauso wie eine Medaille. Aber: "Falls es dieses Jahr noch nichts wird, gibt es in der nächsten Saison ja auch noch ein ganz schönes Ziel, wo man 90 Meter werfen könnte." Die Olympischen Spiele in Paris. Dann hoffentlich auch wieder mit einem starken deutschen Speerwurf-Team.