Fazit der Leichtathletik-EM 2024:Mihambo glänzt - deutsches Team durchwachsen
von Susanne Rohlfing
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Nur Weitspringerin Malaika Mihambo sticht bei der EM in Rom mit ihrem Sieg heraus. Daneben gab es viele solide Leistungen - aber lediglich Rang zwölf im Medaillenspiegel.
Leichtathletin Malaika Mihambo springt 7,22 Meter und gewinnt damit die einzige deutsche Goldmedaille bei der Europameisterschaft in Rom.
Quelle: dpa/Oliver Weiken
Einen Tag vor dem Start der Europameisterschaften in Rom schwappte eine Erfolgsmeldung über den Atlantik: Zehnkämpfer Leo Neugebauer hatte bei den US-College-Meisterschaften im amerikanischen Eugene an der magischen 9.000-Punkte-Marke gekratzt. Auf eine EM-Teilnahme verzichtete der 23-Jährige deshalb, das war lange bekannt und abgestimmt. Aber die Meldung konnte doch nur ein gutes Omen sein, oder?
Deutscher Zehnkämpfer Leo Neugebauer bei der Leichtathletik-WM 2023 in Budapest
Quelle: IMAGO
Malaika Mihambo holt einzige Gold-Medaille
Ein mächtiger Schubser für die Sportlerinnen und Sportler des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), die nach der katastrophalen WM im vergangenen Jahr in Budapest bei der EM zurück in die Erfolgsspur finden und Selbstbewusstsein tanken wollten für das nächste Großevent, die Olympischen Spiele in Paris. Doch wie das so ist mit Vorzeichen, sind sie nicht wirklich verlässlich und manchmal mehr Wunsch als Wirklichkeit.
Nach fünf EM-Tagen mit lediglich sechs Medaillengewinnen und ohne Sieg hingen die Köpfe schon recht tief. Erst in den finalen Wettbewerben am Mittwochabend gelang den Deutschen ein versöhnlicher Abschluss: Es wurden fünf weitere Medaillen eingesammelt, darunter Gold durch Weitspringerin Malaika Mihambo.
Weitspringerin Malaika Mihambo hat am Schlusstag der Leichtathletik-EM die erste Goldmedaille für den DLV errungen. Mit 7,22 m sprang die Olympiasiegerin Weltjahresbestleistung.12.06.2024 | 15:05 min
Die 30 Jahre alte Olympiasiegerin, zweimalige Weltmeisterin und nun auch zweimalige Europameisterin zimmerte mit 7,22 Metern den zweitbesten Sprung ihrer Karriere in den Sand. Nur bei ihrem WM-Sieg 2019 in Doha flog sie weiter, auf 7,30 Meter. Wie so oft zuvor war Mihambo in Rom im entscheidenden Moment topfit und hoch konzentriert. Sie schillerte, wie Sportstars eben schillern. Und wie es deutsche Leichtathletinnen und Leichtathleten immer seltener tun.
Dem Deutschen Team fehlt das Schillern
Gina Lückenkemper, Titelverteidigerin über 100 Meter, war mit ihrem fünften Platz in 11,07 Sekunden "völlig fein". Das Niveau in Europa habe nun mal extrem angezogen, sagte sie. Zehnkampf-Titelverteidiger Niklas Kaul legte mit 8.547 Punkten einen durchaus ansprechenden Wettkampf hin - und wurde doch nur Vierter. Vor zwei Jahren in München hatten ihm zwei Punkte weniger zum EM-Sieg gereicht.
Die Höhepunkte des Tages. Unter anderem mit dem Weitsprung der Frauen, Speerwerfen der Männer, Stabhochsprung der Männer und den Staffeln über vier Mal 100 und 400 Meter.13.06.2024 | 15:05 min
Auch Speerwerfer Julian Weber war in Rom als Titelverteidiger angetreten und führte am Mittwochabend sogar bis zum letzten Durchgang. Doch dann übertrumpfte der Tscheche Jakub Vadlejch mit einem Glanz-Wurf auf 88,65 Meter die soliden 85,94 Meter des Deutschen.
Junge Athleten wecken Hoffnung
Solide - das war der Auftritt der deutschen Leichtathletinnen und Leichtathleten in Rom durchaus. In der Nationenwertung, in die nicht wie im Medaillenspiegel nur die ersten drei, sondern die ersten acht Plätze eingehen, schafften es die Deutschen auf Rang drei hinter Italien und Frankreich.
Dabei weckten junge Athletinnen und Athleten wie die 21 Jahre alte Weitspringern Mikaelle Assani auf Rang vier oder der 22 Jahre alte Hammerwerfer Merlin Hummel, ebenfalls auf Rang vier, Hoffnungen für die Zukunft.
Aber was braucht es, um nicht nur solide, sondern herausragend zu sein? Um zu schillern wie Malaika Mihambo? Oder wie Stabhochspringer Armand Duplantis, der am Mittwoch ganz am Ende der Wettbewerbe die verbliebenen Zuschauer noch mit seinen Weltrekordversuchen verzauberte - auch wenn die 6,25 Meter an diesem Abend zu hoch waren für den Schweden.
Armand Duplantis feiert seinen Sieg beim Stabhochsprung.
Quelle: Imago
Oder wie der italienische Hochspringer Gianmarco Tamberi, die niederländische 400-Meter-Hürdensprinterin Femke Bol, der norwegische Mittel- und Langstreckenläufer Jakob Ingebrigtsen? Sicherlich zuallererst ein Ausnahmetalent.
Fokus auf Olympia in Paris
Aber dann eben auch die Nervenstärke, das eigene Können abrufen zu können, wenn es drauf ankommt. Und das Knowhow, so zu trainieren, dass das möglich wird. Wer schillern will, braucht Selbstvertrauen und Persönlichkeit und muss dann und wann über sich hinauswachsen. Da kommt viel zusammen.
Und so lautete rund fünf Wochen vor dem Start der Olympischen Spiele in Paris das EM-Fazit von DLV-Sportvorstand Jörg Bügner auf der Verbandsplattform "leichtathletik.de":
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