Qualifikationsendspurt:EM 2024 ohne Titelverteidiger Italien?
von Claudio Palmieri
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Das lässt in der Qualifikation zur Fußball-EM 2024 Schlimmes befürchten: Der amtierende Europameister Italien steht möglicherweise vor einem neuen Wettskandal.
Italiens Torwart Alex Meret beim EM-Qualifikationsspiel gegen Malta.
Quelle: ABACAPRESS
Drei Jungstars der Azzurri haben angeblich an illegalen Online-Sportwetten teilgenommen. Am Dienstagabend kurz nach dem Spiel im Wembley-Stadion gegen England (Anstoß 20.45 Uhr) sollen Namen weiterer Fußballer, die in den vermeintlichen Skandal verwickelt sein sollen, genannt werden.
Das hat Fabrizio Corona, der die Vorfürfe erhoben hatte, ankündigt. Der ehemalige Promi-Fotograf ist gerade erst aus sieben Jahren Haft entlassen worden. Er war unter anderem wegen Erpressung verurteilt worden.
Italiens Zeitungen trennten am Sonntag fein säuberlich das Sportliche vom Außersportlichen. "Sauerstoff nach Tagen der Apnoe" nannte die "Gazzetta dello Sport" den überzeugenden 4:0-Sieg der Azzurri gegen Malta. "Ohne Angst nach Wembley", blickte der "Corriere dello Sport" voraus.
Zwei Nationalspieler heimgeschickt
Differenzierung ist das Gebot der Stunde im Land des amtierenden Europameisters. Schon am Donnerstag verurteilte Nationaltrainer Luciano Spalletti den sich anbahnenden Wettskandal.
Die Jungnationalspieler Sandro Tonali und Nicolò Zaniolo hatte Italiens Fußballverband nach Polizeidurchsuchungen im Trainingslager gerade erst nach Hause geschickt.
Italien droht eine Affäre um illegale Fußballwetten. Nationaltrainer Luciano Spalletti hatte zwei Spieler aus dem Kader gestrichen. Am Freitag begründete er seine Entscheidung.
Nach einem verbalen Rundumschlag zur Wettcausa ging aber auch Spalletti zur Tagesordnung über. "Uns steht ein Spiel bevor. Wir müssen uns von allem befreien und handlungsfähig sein", sagte der 64-Jährige, der im August auf den nach Saudi-Arabien abgewanderten Europameister-Coach Roberto Mancini folgte.
Italien am Dienstag gegen England
Spalletti, ein Meister der diplomatischen Worte, hatte da nur das Match gegen Malta im Sinn - das lösten die Azzurri mit Bravour. Doch das Spitzenspiel der EM-Qualifikationsgruppe C gegen England ist ein anderes Kaliber.
Die Neuauflage des EM-Finals von 2021 ist für Italien die letzte Chance auf den Gruppensieg. Platz eins ist aber nicht einmal das Ziel des amtierenden Champions. Vielmehr geht der Blick nach hinten. Denn die Ukraine distanzierte am Samstag Nordmazedonien mit einem 2:0-Erfolg und ist weiter gleichauf mit den Azzurri.
Ukraine mit Pflichtaufgabe Malta
Zwar verbleibt der Ukraine eine Partie weniger als Italien. Sollten die Osteuropäer aber ihre Pflichtaufgabe in Malta am Dienstag lösen, steht ihnen am 20. November in Leverkusen ein Endspiel mit Spallettis Elf um das zweite direkte EM-Ticket in Gruppe C bevor.
Die Azzurri bekommen es am Freitag dann zu Hause mit Nordmazedonien zu tun. Ein Selbstläufer wird dieses Duell nicht: Die Südosteuropäer hatten Italien im März 2022 mit einem 0:1 aus den WM-Playoffs geschossen. Und in dieser EM-Qualifikation kamen die Italiener im ersten Spiel gegen Nordmazedonien nicht über ein 1:1 hinaus.
Wenn über Fußball in Saudi-Arabien gesprochen wird, geht es hier meist um Sportswashing und Mega-Transfers. Im Königreich selbst treffen die neuen Stars auf viel Begeisterung.
von Ralf Lorenzen
mit Video
Grundsatzdebatten in Italiens Fußball
An ein Verpassen der EM will noch niemand denken. Zu frisch sind die Wunden der zweiten Nicht-WM-Teilnahme in Folge. Zudem hinterließ das Chaos um Ex-Coach Mancini, der wenige Tage nach seinem überraschenden Rücktritt ein millionenschweres Angebot als Nationaltrainer Saudi-Arabiens annahm, eine Grundsatzdebatte über verkommene Werte und die Macht des Geldes im Sport.
Das Ausmaß des neuerlichen Wettskandals - es wäre der vierte große im italienischen Fußball nach 1980, 2006 und 2012 - ist noch nicht abzusehen, erschüttert den Calcio aber schon jetzt.
Kylian Mbappé hat Frankreich zum sechsten Sieg im sechsten Spiel geschossen. Der 24-Jährige war der überragende Spieler beim 2:1-Erfolg der Équipe Tricolore gegen die Niederlande.14.10.2023 | 2:58 min
Dritter Verdächtiger in Italiens Nationalmannschaft
Fest steht bisher nur, dass der Draht direkt zu Spielern führt. Neben Zaniolo und Tonali soll auch Juventus-Talent Nicolò Fagioli auf illegalen Plattformen unterwegs gewesen sein.
Sollten sie auf Fußballspiele gewettet haben, drohen ihnen bis zu fünf Jahre Sperre. Nur Zaniolo streitet die Vorwürfe vehement ab. Der als "Paparazzi-König" verschriene Fabrizio Corona, der den Skandal enthüllte, will in Kürze weitere Namen nennen.
Spalletti ist Italiens Fels in der Brandung
In diesen unsteten Zeiten wirkt nur Coach Spalletti wie Italiens Fels in der Brandung. Der Mann, der die SSC Neapel in der vergangenen Saison mit spektakulärem Offensivfußball zum ersten Meistertitel seit der Ära Diego Maradona führte, will seine Spielidee jetzt auch im Nationalteam umsetzen: