"Großes Russland": Wirbel um Papst-Aussage

    Vatikan reagiert auf Kritik:"Großes Russland": Wirbel um Papst-Aussage

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    Gerichtet an junge russische Katholiken spricht Papst Franziskus von den "Erben der großen Mutter Russlands". Es folgt ein "Macht weiter damit". Die Aussagen sorgen für Empörung.

    Papst Franziskus
    Papst Franziskus bei seiner Videoansprache an katholische Jugendliche in St. Petersburg.
    Quelle: dpa

    Nach heftiger Kritik aus der Ukraine an einer Ansprache des Papstes an junge russische Katholiken ist der Vatikan um Schadensbegrenzung bemüht. Franziskus hatte die Jugendlichen in St. Petersburg etwa als "Erben der großen Mutter Russlands" bezeichnet.
    Mit den "spontanen" Bemerkungen habe der Pontifex die jungen Menschen ermutigen wollen, "das Positive an Russlands großem kulturellen und spirituellen Erbe zu bewahren und zu fördern", erklärte Vatikansprecher Matteo Bruni am Dienstag.

    Vatikan-Sprecher: Ging nicht darum, "imperialistisches Verständnis Russlands" zu verherrlichen

    Die Aussagen dienten nicht dazu, "das imperialistische Verständnis Russlands zu verherrlichen", fügte der Vatikan-Sprecher hinzu.
    In einer online übertragenen Videoansprache an katholische Jugendliche in St. Petersburg gerichtet bezeichnete Papst Franziskus sie in freier Rede wörtlich als "die Kinder des großen Russlands, der großen Heiligen, der Könige, Peter des Großen, Katharina der Großen, und eines russischen Volkes mit großer Kultur und Menschlichkeit".

    Ihr seid Erben der großen Mutter Russland; macht weiter damit.

    Papst Franziskus

    Papst wollte auf historische Zeiträume hinweisen

    Als er die Zaren Peter den Großen und Katharina die Große erwähnt habe, habe Franziskus lediglich die positiven Seiten der geistlichen und kulturellen Geschichte Russlands hervorheben wollen, erklärte Bruni. Franziskus habe die Beiden genannt, um auf historische Zeiträume hinzuweisen.
    Franziskus hatte sich in der Videokonferenz mit Katholiken aus Russland am Freitag zunächst auf einen vorbereiteten Text bezogen. Er ermutigte russische Jugendliche, "Handwerker des Friedens" zu sein und "in diesem Winter des Kriegs" für Versöhnung zu sorgen.

    Ukrainisches Außenamt spricht von "imperialistischer Propaganda"

    Das Medienportal des Vatikans hatte über die Ansprache des Papstes im Rahmen des Russischen Jugendtages berichtet, deren Wortlaut oder das Video jedoch nicht veröffentlicht. Es hieß lediglich, Franziskus habe die Jugendlichen dazu aufgerufen, "Friedensstifter" zu sein und "Samen der Versöhnung zu säen".
    Nach Bekanntwerden des genauen Inhalts nannte der Sprecher des ukrainischen Außenamts, Oleg Nikolenko, die Wortwahl des Papstes "sehr unglücklich".
    Mit dieser Art "der imperialistischen Propaganda" rechtfertige der Kreml den Tod von tausenden Ukrainern und die Zerstörung hunderter ukrainischer Städte. Es sei "sehr bedauerlich", dass diese Ideen "bewusst oder unbewusst" aus dem Munde des Papstes kämen, erklärte Nikolenko.

    Kreml würdigt Worte des Papstes

    Auch das Oberhaupt der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine, Swjatoslaw Schewtschuk, warf dem Papst daraufhin vor, sich mit Peter und Katharina einige der schlimmsten Beispiele für russischen Imperialismus und Nationalismus ausgesucht zu haben.

    Wir fürchten, dass diese Worte von einigen als Ermutigung für genau diesen Nationalismus und Imperialismus verstanden werden, der die eigentliche Ursache für den Krieg in der Ukraine ist.

    Swjatoslaw Schewtschuk, Oberhaupt griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine

    Kreml-Sprecher Dmitri Peskow begrüßte bei seinem Pressebriefing am Dienstag die Worte des Papstes.
    Die Nachrichtenagentur Tass zitiert ihn mit den Worten: "Der Papst kennt die russische Geschichte, und das ist sehr positiv." Es sei "eine wirklich tiefe Geschichte mit tiefen Wurzeln".

    Botschaft des Vatikans in Kiew: Aussagen fehlinterpretiert

    Die Botschaft des Vatikans in Kiew sprach indes von einer Fehlinterpretation der Aussagen des Papstes und bekräftigte, Franziskus sei "ein entschiedener Gegner und Kritiker jeglicher Form von Imperialismus oder Kolonialismus, bei allen Völkern und in allen Situationen".
    Der Vatikan hatte immer wieder bekräftigt, dass er sich im Ukraine-Krieg nicht auf die Seite einer der Konfliktparteien stelle. Er wolle auf der Suche nach einer friedlichen Lösung ein neutraler Akteur bleiben.
    Zu Beginn des Jahres benannte Papst Franziskus einen hochrangigen Kardinal für Friedensverhandlungen, welcher seitdem sowohl nach Kiew als auch nach Moskau reiste.
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    Update
    Quelle: KNA, AFP, AP

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