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Parteitag in Berlin:Braucht es die Linke noch?
von Andrea Maurer
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Die Linkspartei ist im Überlebenskampf. Spaltung von Wagenknecht, gesellschaftlicher Rechtsschwenk, schlechte Umfragewerte. Droht das Ende der Linken im Bundestag?
"Mission Silberlocke": Die Linken-Politiker Dietmar Bartsch, Gregor Gysi und Bodo Ramelow (v.l., Archivbild)
Drei Partei-Oldies sollen die Linkspartei retten. Das war die Nachricht, mit der es die Linkspartei in den letzten Wochen zurück in die mediale Öffentlichkeit geschafft hat. Die ehemaligen linken Fraktionschefs Gregor Gysi und Dietmar Bartsch und der ehemalige linke Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, werfen sich in eine vielleicht letzte Schlacht für ihre Partei.
Hoffen auf drei Direktmandate für die Linke
Sie haben die Aktion "Mission Silberlocke" genannt, ein PR-Scoop auch deswegen, weil die Linke zuletzt immer jünger, progressiver und feministischer (manche sagen 'woker') geworden war und nun doch alle Hoffnung nochmal auf drei "alte weiße Männer" setzt.
Die Linkenpolitiker Gregor Gysi, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow wollen bei der Bundestagswahl antreten. Ihr Ziel: Jeweils ein Direktmandat, um die Linke im Bundestag zu halten.20.11.2024 | 1:34 min
"Wenn wir zehn Prozent hätten in den Umfragen, dann würde es die Mission Silberlocke sicherlich nicht geben", sagte Dietmar Bartsch gegenüber ZDFheute.
Die Hoffnung: Drei Direktmandate können die Linkspartei im Bundestag retten, denn - so sagt es der Spitzenkandidat und Parteichef der Linken, Jan van Aken: "Das Schöne ist ja, wenn drei drin sind, dann ist die ganze Partei drin." So wie zuletzt 2021, als die Linke nur auf 4,9 Prozent kam, aber dank dreier Direktmandate wieder ins Parlament einziehen konnte.
Abspaltung vom BSW hat die Linke "kannibalisiert"
Seitdem aber ist die Lage noch desolater. Die Abspaltung von Sahra Wagenknecht und ihren Leuten hat nicht den erhofften Aufschwung gebracht. Bei den drei ostdeutschen Landtagswahlen hat das BSW die Linke, wie Bodo Ramelow es selbst sagt, "kannibalisiert".
Schon bei der Wahl in Sachsen haben der Linken zwei Direktmandate den Einzug in den Landtag gesichert. Ohne diese wäre die Partei an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. 02.09.2024 | 5:35 min
Die beiden neuen Parteichefs, Ines Schwerdtner und Jan van Aken, sind erst seit Oktober im Amt. Die Partei wurde von den vorgezogenen Neuwahlen kalt erwischt.
Der Politikwissenschaftler Benjamin Höhne, der an der TU Chemnitz lehrt, formuliert die offene und alles entscheidende Frage nach der Abspaltung so:
Spitzenkandidat van Aken: Soziales Profil und markante Sätze
Im aktuellen ZDF-Politbarometer kämen die Linke und das BSW zusammen auf acht Prozent:
Das ZDF-Politbarometer vom 10. Januar 2025: Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre..."
Quelle: ZDF
War die Spaltung also ein Fehler? Ja, sagt Dietmar Bartsch: "Ich habe die Abspaltung immer als einen großen Fehler gesehen. Es ist so, dass Spaltungen in der Linken immer den Konservativen genutzt haben."
Nein, sagt Jan van Aken: "Ich bin sehr froh, dass Sahra Wagenknecht weg ist, weil sie uns jahrelang geschadet hat, und jetzt steht die Linke wieder klar da, wir haben klare Positionen."
Zusammen mit der linken Gruppenvorsitzenden im Bundestag, Heidi Reichinnek, versucht Jan van Aken nun als Spitzenkandidat in diesem kurzen und harten Wahlkampf mit sozialem Profil und markanten Sätzen zu punkten.
"Wir gehen mit klaren Forderungen in den Wahlkampf", sagt Linken-Spitzenkandidat Jan van Aken. "Keine Stimme ist verschenkt."08.01.2025 | 5:16 min
Wahlkampf mit radikaler Umverteilungspolitik
Schon bei seiner Wahl zum Vorsitzenden im Oktober machte er eine klare Ansage: "Mein Name ist Jan van Aken und ich will, dass es keine Milliardäre mehr gibt." Bei Amtsantritt kürzte er sich selbst das Gehalt um die Hälfte auf 2.850 Euro: "Wir sind der Überzeugung, dass abgehobene Gehälter auch zu einer abgehobenen Politik führen", sagte er damals, und: "Wir beiden möchten die Welt verändern, und da reicht ein durchschnittliches Gehalt vollkommen aus."
In den nächsten Wochen setzt die Partei auf Haustürwahlkampf - und eine radikale Umverteilungspolitik. Mieten deckeln, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und Hygieneprodukte abschaffen, das Kindergeld auf 379 Euro erhöhen - das sind Kernthemen im Wahlprogramm, über das der Parteitag heute abstimmt.
In ihrem Wahlprogramm nimmt die Linke vor allem Preise und Mieten in den Blick. Sie sollen in angespannten Wohnlagen die Mieten für die nächsten sechs Jahre eingefroren werden.09.12.2024 | 1:32 min
Finanziert werden sollen die Entlastungen der "großen Mehrheit", wie es heißt, durch eine Belastung der Reichen: Vermögenssteuer, höhere Körperschaftssteuer, Gemeindewirtschaftssteuer und Finanztransaktionssteuer.
Themen der Linken dringen kaum durch
"Druck von links" im Parlament, nennen Jan van Aken und Dietmar Bartsch als Grund, die Linke nicht abzuschreiben. "Wenn jetzt SPD und Grüne soziale Dinge versprechen, ist eins auch klar: Wenn die Linke nicht im Bundestag ist, dann werden sie nichts davon umsetzen", so van Aken. Ähnlich sieht es Bartsch:
Bodo Ramelow will seine Partei im Bundestag halten. "Ich möchte das Urbane mit dem ländlichen Raum verbinden", so Ramelow.20.11.2024 | 4:12 min
Allein: Die Linke dringt mit ihren sozialen Themen bislang kaum durch. Und so muss sie nun mit den drei alten Herren Gysi, Bartsch und Ramelow vorrangig auf einen Personenwahlkampf setzen.
Sechs Stunden sind für den Parteitag angesetzt. Neben den Spitzenkandidaten Heidi Reichinnek und Jan van Aken wird auch die "Silberlocke" Gregor Gysi reden.
Danach bleiben sechs Wochen bis zur Bundestagswahl, bei der es für die Linkspartei um alles geht - und gesellschaftlich auch um die Frage, ob mit linken Umverteilungsideen aktuell Wählerinnen und Wähler zu gewinnen sind.
Andrea Maurer ist Redakteurin im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.
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