Landtagswahl Sachsen: Kein Koalitionspartner für die CDU?
Eine Woche vor der Wahl:Offen, wie Sachsen regiert werden soll
von Stefan Kelch
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In einer Woche wird in Sachsen ein neuer Landtag gewählt. Doch es gibt keine klaren Optionen für stabile Bündnisse nach der Wahl. Das zeigt auch das aktuelle ZDF-Politbarometer.
In gut einer Woche steht die Landtagswahl an. Die neueste Umfrage des ZDF-Politbarometers zeigt, die CDU führt knapp vor der AfD.23.08.2024 | 1:03 min
Die CDU liegt laut dem jüngsten ZDF-Politbarometer zur Wahl in Sachsen weiter knapp vor der AfD - aber komfortabel sieht anders aus. Sie könnte die Mehrheit durchaus auch verlieren. Der täglich im Land herumreisende Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) empfiehlt, strategisch zu wählen. Was er damit meint, ist natürlich klar: CDU wählen.
Am 1. September wird in zwei ostdeutschen Bundesländern gewählt. In Sachsen führt die CDU, in Thüringen könnte die AfD stärkste Kraft werden. Das zeigt das Politbarometer Extra.
Exklusiv
Kretschmer will Weg für Sachsen selbst bestimmen
Unermüdlich wütet Kretschmer gegen die Migrations- und Energiepolitik der Bundesregierung. In diesen Themen sieht er die Hauptursache dafür, dass sich immer mehr Wähler von den etablierten Parteien abwenden und dass dies die radikalen Ränder stärkt.
"Erste Instrumente haben wir mit den Grenzkontrollen und den Bezahlkarten", so Michael Kretschmer, Spitzenkandidat der CDU zur Migration. "Aber es muss natürlich weitergehen."20.08.2024 | 8:37 min
Seinen Ausweg nennt er "Sächsischen Weg". "Wir in Sachsen lassen uns weder von rechts noch von links, weder aus Berlin noch aus Brüssel sagen, wie wir zu leben haben. Wir bestimmen unseren Weg selbst", sagt Kretschmer.
Bleibt die Frage, mit wem die CDU ab September regieren kann oder will. Denn es müsse "ja irgendeine Regierungsbildung geben und die Partei und der Ministerpräsident werden versuchen, sich eine Mehrheit zu organisieren", sagt Politikwissenschaftler Hans Vorländer.
Sachsen hat sich seit der Wende in vielen Bereichen stark verändert. Hier sind einige Eckdaten zur Bevölkerung und zur wirtschaftlichen Situation.21.08.2024 | 0:49 min
Wenige Koalitionsoptionen für CDU
Viele Optionen gibt es nicht mehr: Die CDU hat die AfD als Koalitionär ausgeschlossen; das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zwar nicht ausdrücklich, das Bündnis ist der CDU aber unheimlich - eine "Wundertüte oder Blackbox", sagt Kretschmer.
Es würde nach derzeitigem Stand auch für die jetzige Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD reichen. Aber mit den Grünen will Kretschmer möglichst nicht noch mal - und die SPD muss es erst einmal in den Landtag schaffen. Und ob es letztlich für Schwarz-Rot reicht, ist mehr als fraglich.
Prof. Oliver Lembke von der Universität Bochum rechnet nicht damit, dass diese Wahl wirklich stabile Bündnisse hervorbringen könnte. Welche Koalitionen überhaupt möglich wären, wenn die CDU nicht mit dem BSW zusammenkommt, beantwortet er knapp mit: "Ja, nichts!"
CDU muss vermutlich Blockadehaltung aufgeben
Politikwissenschaftler Janek Treiber von der TU Dresden geht davon aus, dass die CDU-Granden "an der einen oder anderen Stelle einfach die eigene Blockadehaltung aufgeben müssen, gerade auch die schwierige Haltung zum BSW". Alternativ müsse die CDU in Sachsen "ihre ablehnende Haltung gegenüber den Grünen wieder etwas zurückfahren", so Treiber.
Wenn in Sachsen am 1. September gewählt wird, ist die große Frage, ob die CDU weiter regieren kann. Bei welchen Koalitionen im Land würde es überhaupt inhaltlich passen? Wo nicht?
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Für jede der Parteien geht es um viel. Große Vokabeln werden bemüht: Schicksalswahl und Richtungsentscheidung. Für jede Partei bedeutet das allerdings etwas anderes.
AfD: "Wir wollen regieren"
Die AfD ist überzeugt, dass an ihr kein Weg vorbeiführt. "Wir wollen kein Stück vom Kuchen, wir wollen die Bäckerei. Wir wollen regieren, weil wir es können", sagt Spitzenkandidat Jörg Urban.
Die Grünen und die SPD hoffen auf mehr als die sechs beziehungsweise sieben Prozent, die ihnen Umfragen derzeit zuschreiben. Das BSW bereitet sich auf eine Regierungsbeteiligung vor. Zumindest sammelt es im Hintergrund geeigneten Sachverstand für den Fall der Fälle. "Wir sind jedenfalls gewappnet", sagt Spitzenkandidatin Sabine Zimmermann.
Miteinander reden ist oft kaum möglich - die Gräben sind tief. Eva Schulz spricht vor der Landtagswahl in Sachsen mit Anhängern und Gegnern der AfD. Wie kommt Sachsen wieder zusammen?05.08.2024 | 30:50 min
Martin Dulig: Sachsen sind Nörgler
Die Themen sind gesetzt. Es sind Krieg und Frieden, Bildung und Migration. Die Parteien mussten umsteuern, weil sich im Wahlkampf der letzten Wochen herausgeschält hat: Die Themen der Wähler sind nicht immer die Themen der Parteien.
Letztere würden gern über die Erfolge sprechen, zumindest insofern sie an der Regierung beteiligt waren. Doch das verfängt nicht. Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) resümiert: "Im Nörgeln sind die Sachsen Champions League."
SPD, Grüne und FDP bangen in Sachsen und Thüringen darum, die Fünf-Prozent-Hürde zu erreichen.20.08.2024 | 7:45 min
Politprominenz soll Wähler für Landtagswahl mobilisieren
Die gesamte Bundesprominenz der verschiedenen Parteien wird in der kommenden Woche durch Sachsen reisen. Bei der CDU Parteichef Friedrich Merz, CSU-Chef Markus Söder sowie NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst. Für die SPD kommt Kanzler Olaf Scholz, für die Grünen die Bundesminister Annalena Baerbock und Robert Habeck. Bei der AfD statten die Parteichefs Tino Chrupalla und Alice Weidel dem Bundesland einen Besuch ab, beim BSW ist es Parteichefin Sahra Wagenknecht.
Sie alle wollen von den Bühnen der Marktplätze herab ihrer Parteiklientel einen letzten Booster geben: für den 1. September, wenn Sachsen wählt.
Stefan Kelch ist Reporter im ZDF-Landesstudio Sachsen.
Quelle: ZDF
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