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Polizei-Öffentlichkeitsarbeit:Nationalität von Strafverdächtigen nennen?
von Dirk Krömer
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In NRW soll die Nationalität von Straftätern künftig genannt werden. Gut so, meint Alexander Throm von der CDU im moma-Duell. Grünen-Politiker Marcel Emmerich widerspricht.
Sollen Nationalität und Herkunft von Straftätern genannt werden? Ja, sagt Alexander Throm von der CDU. Marcel Emmerich von Bündnis 90/Die Grünen spricht sich dagegen aus.22.08.2024 | 10:27 min
Die Ausländerkriminalität steigt, das hat die jüngste Veröffentlichung der Polizeistatistik gezeigt. Die Ursachen sind vielschichtig. Die Versuche, etwas dagegen zu unternehmen, ebenfalls.
Um Klarheit und Transparenz zu erhöhen, möchte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) jetzt die Polizeidienststellen in seinem Bundesland anweisen, bei Pressemitteilungen und anderen Veröffentlichungen immer die Nationalität von Verdächtigen sowie Täterinnen oder Tätern zu nennen. Ein entsprechender Erlass soll im Herbst kommen.
Emmerich: Stigmatisierung befürchtet
Marcel Emmerich (Bündnis 90/Die Grünen), Obmann seiner Fraktion im Bundestags-Innenausschuss, kritisiert diesen Vorschlag im ZDF-moma. Er sieht keinen Handlungsbedarf:
Die Nationalität sei nicht bei allen Taten ein wichtiges Merkmal, eine standardmäßige Nennung "kann auch dazu führen, dass Menschen stigmatisiert werden", sagt Emmerich.
Throm: Klarheit statt Spekulationen
Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, befürwortet das Vorhaben aus NRW. Er fordert eine entsprechende bundeseinheitliche Regelung: "Ich will nicht, dass der Polizeiführer vor Ort entscheiden muss, ob er jetzt hier die Nationalität nennen kann, darf oder soll, sondern dass es eine klare Anweisung gibt."
Bei dem Vorstoß gehe es nicht vorrangig um Verbrechensbekämpfung, kritisiert Grünen-Innenpolitiker Emmerich: Vielmehr solle durch "solche Debatten eine gerade Linie gezogen werden zwischen Ausländern und Kriminalität" - die in der Realität allerdings nicht vorhanden sei.
Holger Münch, Präsident des BKA, zur im April vorgestellten Kriminalitätsstatistik. Die Gewaltkriminalität bei Kindern und Jugendlichen besorge ihn.09.04.2024 | 5:28 min
Statt der Nationalität seien andere Risikofaktoren entscheidend, vor allem der sozioökonomische Status. "Wie viel Geld verdienen die Menschen? Haben sie Gewalterfahrungen? Das sagt zum Beispiel auch der BKA-Präsident. All diese Punkte sind wesentlich dafür, ob man kriminell wird, und nicht die Nationalität."
Die PKS ist eine sogenannte Ausgangsstatistik. Das bedeutet, dass in ihr die der Polizei bekannt gewordenen und durch sie endbearbeiteten Straftaten, einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche und der vom Zoll bearbeiteten Rauschgiftdelikte, abgebildet werden und eine statistische Erfassung erst bei Abgabe an die Staatsanwaltschaft erfolgt. Dabei ist zu beachten, dass die Zahlen auch durch das Anzeigeverhalten in der Bevölkerung beeinflusst werden und neben dem "Hellfeld" ein "Dunkelfeld" nicht erfasster Straftaten bleibt.
Nicht enthalten sind Staatsschutzdelikte, Verkehrsdelikte (mit Ausnahme der Verstöße gegen §§ 315, 315b StGB und § 22a StVG), Straftaten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden, Ordnungswidrigkeiten und Verstöße gegen strafrechtliche Landesgesetze, mit Ausnahme der einschlägigen Vorschriften in den Landesdatenschutzgesetzen.
Delikte, die nicht zum Aufgabenbereich der Polizei gehören (z.B. Finanz- und Steuerdelikte) bzw. unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und ausschließlich von ihr bearbeitet werden (z.B. Aussagedelikte), sind ebenfalls nicht in der PKS enthalten.
Die PKS trifft auch keine Aussage darüber, welchen Verlauf das bei den Justizbehörden in Gang gesetzte Verfahren nimmt, ob also eine Verurteilung erfolgt. Es sind daher auch Fälle beinhaltet, in denen das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wurde oder es zu einem Freispruch durch das Gericht gekommen ist.
Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2023
Nicht enthalten sind Staatsschutzdelikte, Verkehrsdelikte (mit Ausnahme der Verstöße gegen §§ 315, 315b StGB und § 22a StVG), Straftaten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden, Ordnungswidrigkeiten und Verstöße gegen strafrechtliche Landesgesetze, mit Ausnahme der einschlägigen Vorschriften in den Landesdatenschutzgesetzen.
Delikte, die nicht zum Aufgabenbereich der Polizei gehören (z.B. Finanz- und Steuerdelikte) bzw. unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und ausschließlich von ihr bearbeitet werden (z.B. Aussagedelikte), sind ebenfalls nicht in der PKS enthalten.
Die PKS trifft auch keine Aussage darüber, welchen Verlauf das bei den Justizbehörden in Gang gesetzte Verfahren nimmt, ob also eine Verurteilung erfolgt. Es sind daher auch Fälle beinhaltet, in denen das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wurde oder es zu einem Freispruch durch das Gericht gekommen ist.
Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2023
Throm: Strafhäufigkeit von Herkunft abhängig
Die Strafhäufigkeit hänge auch davon ab, aus welchem Land man stammt, widerspricht CDU-Mann Throm. Die Strafhäufigkeit pro 100 Staatsangehörige sei für manche Länder deutlich höher als bei Deutschen. "Und deswegen hat das schon eine Relevanz in der Öffentlichkeit und auch für die Strafverfolgung."
Für Throm ist die Staatsangehörigkeit auch von Bedeutung in der Polizeipraxis: Wenn der Täter noch flüchtig sei, helfe die Nationalität oder die Staatsangehörigkeit bei der Identifikation. "Genauso wie etwa Geschlecht, Größe, Aussehen, Alter. Das sind alles Fakten und die sollten regelmäßig genannt werden."
Laut der aktuellen Kriminalstatistik besitzen 41 Prozent der Tatverdächtigen in Deutschland nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, während ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur bei 16,5 Prozent liegt. Die Einteilung in deutsche und nicht deutsche Tatverdächtige führe allerdings leicht zu Fehlinterpretationen der Zahlen, meint der Kriminologe Tobias Singelnstein. Er ist Professor für Strafrecht an der Goethe-Universität Frankfurt.
Denn die Kategorie "nicht deutsch" vereine Menschengruppen, die nichts miteinander zu tun hätten, darunter fielen auch Touristen. Außerdem erkläre sich die Überrepräsentation auch damit, dass Ausländer oder fremd gelesene Menschen häufiger von der Polizei kontrolliert würden.
Auch spiele die unterschiedliche Alters- und Geschlechtsstruktur in dieser Gruppe eine Rolle für die Anzahl der Straftaten. Ganz entscheidend sei aber auch die soziale Lage und die Lebensbedingungen der Menschen - etwa bei Straftaten und Gewalt in Sammelunterkünften für Geflüchtete.
Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2023
Denn die Kategorie "nicht deutsch" vereine Menschengruppen, die nichts miteinander zu tun hätten, darunter fielen auch Touristen. Außerdem erkläre sich die Überrepräsentation auch damit, dass Ausländer oder fremd gelesene Menschen häufiger von der Polizei kontrolliert würden.
Auch spiele die unterschiedliche Alters- und Geschlechtsstruktur in dieser Gruppe eine Rolle für die Anzahl der Straftaten. Ganz entscheidend sei aber auch die soziale Lage und die Lebensbedingungen der Menschen - etwa bei Straftaten und Gewalt in Sammelunterkünften für Geflüchtete.
Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2023
Emmerich: Wohlstand braucht Willkommenskultur
Marcel Emmerich entgegnet: "Wir können doch nicht so tun, als läge es in der Identität, in der DNA von Ausländern, dass sie kriminell werden." Für ihn ist klar: "Der Wohlstand dieses Landes ist begründet auf Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern und deswegen immer hier ein ,Ihr' und ,Wir' zu machen zwischen Deutschen und Ausländern, das bringt uns überhaupt nicht weiter."
Natürlich müsse man gegen Kriminalität vorgehen, so Emmerich. "Aber wir wissen doch alle vor Ort, dass Läden zu machen, Restaurants schließen, weil es nicht genug Personal gibt. Wir sehen doch, dass wir Leute brauchen, dass wir Menschen integrieren müssen, auch in den Arbeitsmarkt. Und deswegen ist es doch vor allem entscheidend, dass wir hier nicht immer diese Stigmatisierung gegen Ausländer voranbringen."
Quelle: ZDF
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