Neuer Streit in der Ampel:Lindner bremst Habecks Games-Förderung aus
von Lennart Glaser und Adrian Lächele
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Eigentlich will Robert Habeck die Games-Branche durch Steuerentlastungen fördern. Doch nun widerspricht Finanzminister Lindner. Scheitert die Games-Förderung der Ampel?
Christian Lindner und Robert Habeck - neue Meinungsverschiedenheiten in Sicht?
"Wenn die ganze Planung für Jahre zerbröselt, dann ist das schon richtig brutal", sagt Spieleentwickler Jakob Braun. Mit Sorge blickt der Münchner Unternehmer auf die aktuellen Entwicklungen in der Branche. Seit drei Jahren produziert Braun mit seiner Firma Active Fungus Studios Computerspiele - aktuell drei Projekte parallel, Nachschub für mehr als 13,5 Millionen PC-Gamer in Deutschland.
Doch in Zukunft könnte das schwieriger werden. Der Grund: neuer Zoff in der Ampel.
Bisher konnten Spieleentwickler in einer schwächelnden Branche für ihre Vorhaben Unterstützung vom Bund beantragen. Über 200 Millionen Euro Fördergelder flossen in den vergangenen fünf Jahren, um deutsche Entwickler international wettbewerbsfähig zu halten.
Doch seit über einem Jahr ist der Geldhahn zu, weil das zuständige Wirtschaftsministerium schon frühzeitig alle Gelder vergeben hatte. Seit Mai 2023 können Entwickler keine neuen Anträge mehr stellen - ein Problem für viele Studios. Braun sagt:
Bei der weltweit größten Gaming-Messe werden nicht nur Videospiele, sondern auch technische Innovationen vorgestellt. KI-Technik wird auch in der Spiele-Branche wichtiger. 21.08.2024 | 1:40 min
100 Millionen Euro - bisher nicht ausgezahlt
Ende 2023 versuchte der Bundestag, Abhilfe zu schaffen. 100 Millionen Euro extra, geplant über drei Jahre, als zusätzliche Unterstützung. Statt dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck, in dessen Haus die Kompetenz für die Gaming-Szene liegt, sollte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) das Geld verwalten. Ihre Games-Förderung müsse mit dem Habecks Ministerium abgestimmt werden, teilte eine Sprecherin Roths auf Anfrage mit.
Ein Ende der Gespräche ist nicht in Sicht. Die Konsequenz: Von den versprochenen 100 Millionen Euro floss bis heute kein Cent in die Branche. Wann das passieren wird? Bisher nicht abzusehen, sagt Roths Sprecherin ZDFheute. Ein Kompetenzgerangel in der Ampel. Ein "totales Chaos", sagt Michael Zillmer vom Branchenriesen Innogames aus Hamburg.
Auch die Opposition kritisiert: "Die Ampel-Regierung ist offenbar gut darin, Versprechungen zu machen und Ankündigungen zu tätigen, scheitert aber regelmäßig an der konkreten Umsetzung", sagt die ehemalige Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär (CSU), ZDFheute.
Deutsche Entwickler von Computerspielen hatten eigentlich mit kräftiger Unterstützung aus Bundesmitteln gerechnet. Diese soll nun geringer ausfallen - Schuld sind knappe Kassen.
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Bekommt die Branche Steuererleichterungen?
Wirtschaftsminister Robert Habeck stellte am Mittwoch bei der weltweit größten Computerspielemesse Gamescom in Köln Steuerleichterungen für Entwicklerstudios in Aussicht - sogenannte Tax Credits, ab 2025. Habeck zufolge wäre dies ein bahnbrechender Erfolg für die Games-Industrie. Auch, um den internationalen Anschluss nicht zu verlieren.
Eine Idee, die Spieleentwickler Zillmer befürwortet: "Der Gedanke von den Tax Credits ist ein guter - wenn sie auch kommen."
Lindner kontra Habeck: Ampel uneins
Es dauert keine 24 Stunden, da widerspricht Finanzminister Christian Lindner (FDP) Habecks Vorstoß. Ein Sprecher des Ministeriums sagt ZDFheute:
Deutschland ist der größte Markt für Computerspiele in Europa und der fünftgrößte Markt weltweit. So steht es auf der Webseite des Bundeswirtschaftsministeriums, unter Berufung auf den Branchendienst Newzoo. Im Jahr 2023 wurden mit Computerspielen in Deutschland laut hiesigem Branchenverband fast zehn Milliarden Euro umgesetzt.
Der Umsatzanteil hiesiger Produktionen am deutschen Markt beträgt weniger als 5 Prozent, so der Branchenverband. Laut dem Nachrichtenmagazin GamesWirtschaft klingt das schlimmer als es ist. Die Branche sei hierzulande im Kern sehr klein. Keine 20 Studios gäbe es in Deutschland mit mehr als 100 Beschäftigten. Zudem erwirtschafteten etliche der hiesigen Betriebe ihren Umsatz in weiten Teilen im Ausland, etwa in Osteuropa oder Südamerika.
Traditionell kommen die größten Unternehmen aus Nordamerika, Japan und Europa. Inzwischen jedoch sind mit Tencent und NetEase gleich zwei der umsatzstärksten Medienkonzerne aus der Volksrepublik China. Beide entwickeln nicht nur selbst, sondern haben auch westliche Studios übernommen. Investoren aus Saudi-Arabien kaufen ebenfalls kräftig auf, besonders im Bereich eSport; also bei Computerspiel-Wettbewerben. Längst gibt es Befürchtungen, der wachsende Einfluss aus China und Saudi-Arabien könne zu Zensur führen.
Computerspiele gelten in Deutschland offiziell als Kulturgut. Das hat der Deutsche Kulturrat bereits 2008 entschieden und somit anerkannt. Im August 2023 begründet dessen Geschäftsführer das mit den Worten: "Es ist sehr gut, dass wichtige gesellschaftliche Debatten längst auch im Computerspielebereich geführt werden."
Lindner verweist demnach darauf, dass die Förderung auch im Rahmen des bisherigen direkten Fördermodells umgesetzt werden könne. Im Klartext: Lindner kontert Habeck. Um die Förderung der Games-Branche droht nun der nächste Ampel-Konflikt.
Spieleentwickler Michael Zillmer wirkt resigniert: "Das frustriert die ganze Branche und hat zum Teil schon kleinere Studios dazu gezwungen, aufzugeben."
Hinter der Videospielbranche steckt ein Milliardengeschäft. Sie ist ein globaler Player, der sich in den letzten 20 Jahren massiv verändert hat - teils auch auf Kosten der Gamer.