Nach Solingen: Darum geht es beim Krisentreffen zu Migration

    FAQ

    Ampel und Union beraten:Krisentreffen zu Migration: Darum geht es

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    Nach der Attacke von Solingen sprechen Bund, Länder und Union heute über Migration. Die Union pocht auf einen harten Kurs bei Zurückweisungen und Grenzkontrollen. Ein Überblick.

    Vor Bund-Länder-Gipfel - Treffen im Kanzleramt
    Vertreter von Bund, Ländern und Union kommen heute in Berlin zusammen, um über das weitere Vorgehen in der Asyl- und Migrationspolitik zu beraten.03.09.2024 | 2:34 min
    Vertreter der Ampel-Koalition, der Union und den Bundesländern wollen heute über Konsequenzen aus dem mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen beraten.
    Aus der Union kommen klare Forderungen an das Migrationstreffen, während die Bundesregierung vor zu hohen Erwartungen warnt. "Ich würde eher dafür plädieren, jetzt erst mal abzuwarten und nicht im Vorhinein hier große Erwartungen zu formulieren", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann im Vorfeld.

    Was fordert die Union?

    CDU-Chef Friedrich Merz gehört zwar nicht zum Teilnehmerkreis, bekräftigte am Vortag aber Forderungen nach einer deutlichen Verringerung der Migration nach Deutschland. Nicht das Waffenrecht und Abschiebungen seien das eigentliche Problem, sagte der Unionsfraktionschef.

    Das eigentliche Problem ist der nach wie vor ungesteuerte Zuwanderungsdruck.

    Friedrich Merz, CDU-Chef

    Gerald Knaus
    Man müsse "Ländern etwas Attraktives anbieten". Dies sei "letztlich der beste und auch der politisch am wenigsten kostenreiche Weg", erklärt Gerald Knaus, Migrationsforscher.03.09.2024 | 5:39 min
    Er pochte auf Zurückweisungen an den deutschen Staatsgrenzen. "Wenn es morgen zu keiner Einigung kommt, dann brauchen wir nicht weitere Gespräche zu führen", sagte Merz in Osnabrück.
    Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU), hatte in der vergangenen Woche eine "Zeitenwende in der Migrationspolitik" verlangt. Am Montag listete er die Unionsforderungen noch einmal auf.
    Auch BSW-Chefin Sahra Wagenknecht fordert eine harte Linie in Migrationsfragen. "Statt Pseudolösungen braucht es das politische Ende der unkontrollierten Migration", sagte sie der "Welt". "Diejenigen, die bereits im Land sind, aber abgelehnt wurden, verlieren auch ihren Anspruch auf Unterhalt." Auch wer aus einem sicheren Drittstaat einreise, habe keinen Anspruch auf Asyl und auch nicht auf Leistungen der Steuerzahler.
    sgs Wagenknecht
    Die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen seien auch "ein Signal für eine andere Außenpolitik“, sagt die Vorsitzende des BSW, Sahra Wagenknecht. 01.09.2024 | 3:33 min

    Was plant die Ampel?

    Die Bundesregierung hat vergangene Woche ein "Sicherheitspaket" verabschiedet - als Reaktion auf die Messerattacke in Solingen mit drei Toten. Es soll Grundlage für die Beratungen beim Migrationsgipfel sein. Das Paket sieht folgende Maßnahmen vor:

    • eine härtere Gangart bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer,
    • Schritte zur entschiedeneren Bekämpfung des islamistischen Terrors,
    • Verschärfungen beim Waffenrecht
    Vorgesehen ist außerdem:
    • Dass Schutzsuchende, für die ein anderes europäisches Land zuständig ist, in Deutschland keine Leistungen mehr erhalten (wenn dieses Land zur Rücknahme bereit ist, also sogenannte Dublin-Fälle).
    • ein Verbot von Springmessern und
    • ein leichterer Ausschluss vom Schutz in Deutschland für Migranten, die eine Straftat begangen haben.
    • eine Verbesserung des oben schon erwähnten Dublin-Verfahrens (also die Regelungen zur Abschiebung von Asylsuchenden in andere europäische Staaten, die für sie zuständig sind). Dies war beim mutmaßlichen Attentäter von Solingen der Fall gewesen, der eigentlich nach Bulgarien hätte abgeschoben werden sollen.

    Das Dublin-Verfahren regelt, dass jeder Asylbewerber nur in dem EU-Land einen Asylantrag stellen darf, den er als erstes betreten hat. So soll sichergestellt werden, dass jeder Asylantrag nur von einem EU-Mitgliedstaat geprüft wird. Die Dublin-III-Verordnung gilt seit 2014 in den EU-Mitgliedstaaten sowie in Norwegen, Island, der Schweiz und Liechtenstein.

    Hält ein Mitgliedstaat einen anderen für zuständig, kann er ein Übernahme- beziehungsweise Wiederaufnahmeersuchen stellen. Stimmt dieser Staat zu, erhält der Antragsteller einen entsprechenden Bescheid. Er kann einen Eilantrag dagegen stellen; andernfalls vereinbaren die Mitgliedstaaten die Überstellung.
    Wird sie nicht binnen sechs Monaten durchgeführt, geht die Zuständigkeit an jenen Mitgliedstaat über, der um Übernahme ersucht hat. Taucht der Antragsteller unter oder befindet er sich in Strafhaft, kann sich diese Frist verlängern. In bestimmten Fällen sieht Dublin III eine Abschiebehaft vor, etwa bei ungeklärter Identität, verspäteter Antragstellung oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit.

    Die Verordnung der EU in voller Länge finden Sie hier.

    Quelle: KNA

    Wer nimmt an dem Treffen teil?

    An dem Treffen im Bundesinnenministerium sollen für die Bundesregierung unter anderem teilnehmen:
    Für die Unionsfraktion wird unter anderem Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) erwartet. Für die Länder vertritt Hessen die Unionsseite und Niedersachsen die SPD-Seite. Kommunizieren will die Regierung nach dem Gespräch nicht. Geplant sei eine vertrauliche Runde.
    Schaltgespräch mit Nancy Faser
    "Wir setzen hier den Rechtsstaat durch“, sagt Innenministerin Nancy Faeser über die Abschiebungen nach Afghanistan. „Die Menschen haben ihr Recht verwirkt hier Asyl zu bekommen.“ 30.08.2024 | 6:49 min

    Wie sind Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern geregelt?

    Migration und innere Sicherheit fallen in weiten Teilen in die Zuständigkeit der Länder. Zwar entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) über Asylanträge, die Ausländerämter sind aber Behörden der Länder. Auch Abschiebungen sind am Ende Ländersache, auch wenn sie sich bei der Durchführung Unterstützung der Bundespolizei holen.

    Was sagt die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung?

    Reem Alabali-Radovan, warnte vor einem "einseitigen Fokus auf Verschärfungen in der Migrationspolitik". Das "Sicherheitspaket" solle den Schutz vor Terror, Gewalt und Kriminalität stärken, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wichtig ist, dass dies ohne Generalverdacht und Pauschalierungen erfolgt."
    Asylpolitik: Forderungen versus Praxis
    Nach dem Attentat in Solingen werden die Stimmen für eine Asylwende lauter. An Umsetzungsvorschlägen fehlt es nicht – dafür jedoch an praktischen und rechtlichen Voraussetzungen.26.08.2024 | 3:05 min
    Quelle: dpa

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