Pandemie-Bekämpfung: Was die Corona-Warn-App bewirkt hat

    Pandemie-Bekämpfung:Was die Corona-Warn-App bewirkt hat

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    Nach drei Jahren und 48 Millionen Downloads wurde die Corona-Warn-App des Bundes in den Schlafmodus versetzt. Was hat sie eigentlich gebracht? Eine Bilanz.

    Die Corona-Warn-App auf einem Smartphone.
    Die Corona-Warn-App auf einem Smartphone.
    Quelle: Oliver Berg/dpa/Symbolbild/Archiv

    In der Corona-Pandemie setzten die Bundesregierung und das Robert Koch-Institut (RKI) große Hoffnungen auf die Corona-Warn-App, die am 16. Juni 2020 in den Stores von Apple und Google veröffentlicht wurde. Knapp drei Jahre später wurde sie in den "Schlafmodus" versetzt und damit faktisch nutzlos.
    Was hat die App zur Eindämmung des Pandemiegeschehens beigetragen? Eine Bilanz:

    Wie hat die Corona-Warn-App funktioniert?

    Die App hat mit Hilfe von Bluetooth-Signalen ermittelt, welche Smartphones einander nahegekommen sind. Wurden Nutzerinnen oder Nutzer positiv auf Corona getestet, konnten sie das Testergebnis in der App teilen, damit andere User, die sich in ihrer Nähe aufgehalten hatten, mit der berühmten "roten Kachel" gewarnt werden.
    Ziel war es, die Infektionsketten möglichst schnell zu unterbinden, indem die Gewarnten rasch reagieren. Sie sollten sich dann selbst testen lassen und sich bei Bedarf dann auch isolieren.

    Warum wurde nicht auf das Ortungssystem GPS gesetzt?

    Zu Beginn der Debatte wurde tatsächlich überlegt, ob nicht klassische Ortungsinformationen wie GPS ausgewertet werden sollen. Damit wäre aber keine punktgenaue Erfassung einer riskanten Begegnung möglich gewesen.
    Außerdem warnten Datenschützer davor, dass damit sensible Standortprofile entstanden wären. Rückblickend sagt Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs (CCC):

    Die Corona-Warn-App hat gezeigt, wie eine Kontakt-Verfolgung anonym, sicher und ohne Massenüberwachung erfolgreich umgesetzt werden kann.

    Linus Neumann, CCC

    Wie viele Menschen in Deutschland haben die App aktiv genutzt?

    Verbindliche Zahlen gibt es nur für die Downloads, nämlich knapp 48,7 Millionen. Da etliche User die App beispielsweise nach einem Handywechsel mehrfach installiert haben oder manche die App auch wieder deaktiviert haben, liegt die Zahl der aktiven Anwenderinnen und Anwender niedriger. Sie dürfte nach RKI-Schätzungen in den Spitzenzeiten bei rund 33 Millionen gelegen haben.
    Dieser Wert ist im internationalen Vergleich sehr hoch. Die Bundesregierung hatte sich allerdings erhofft, dass bis zu 60 Prozent der Bevölkerung die App verwenden, also rund 50 Millionen.

    Welchen Beitrag hat die App bei der Pandemiebekämpfung gespielt?

    Eine umfassende wissenschaftliche Bewertung steht in dieser Frage noch aus. Einige Zahlen stehen aber schon fest:
    • Rund neun Millionen Menschen haben ihre Testergebnisse über die App geteilt
    • Mehr als 60 Millionen Mal wurden PCR-Testergebnisse an die App übermittelt
    • Die Resultate von Antigen-Schnelltests wurden mehr als 180 Millionen Mal über die App an die Nutzer gesendet.

    Was hat die App über die Pandemie hinaus bewirkt?

    Das Ökosystem der App hat nach Einschätzung von Experten maßgeblich zur Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland beigetragen, beispielsweise in den Gesundheitsämtern oder den Testlaboren.
    Neuartig war auch, dass ein großes Projekt mit offenem Quellcode entwickelt wurde. "Die Corona-Warn-App war mehr als nur eine Pandemie-App", sagt die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg (Linke).

    Sie war ein großartiges Beispiel für eine neue Art, Software der öffentlichen Hand zu entwickeln: als Open Source und in einem wirklich offenen Prozess, gemeinsam mit der kompetenten Zivilgesellschaft. Nur so konnte sie zur weltweit erfolgreichsten Corona-App werden.

    Anke Domscheit-Berg, Linken-Politikerin

    Domscheit-Berg bemängelt aber, dass die Änderung nicht von Dauer gewesen sei. Weder die alte noch die neue Bundesregierung habe diesen fortschrittlichen Ansatz je bei einem anderen Software-Projekt wiederholt.

    Wie teuer war die App?

    Die Abschlussrechnung steht ebenfalls noch aus. Die Kosten dürften aber bei über 220 Millionen Euro liegen, deutlich mehr als ursprünglich geplant. Die Mittel flossen vor allem an den Softwarekonzern SAP und die Deutsche Telekom (T-Systems) für die Entwicklung und Wartung der App sowie den Betrieb eines Call-Centers für die Anwender.
    Ob sich dieser Aufwand gelohnt hat, ist umstritten. Andrew Ullmann, der gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagt:

    Die Corona-Warn-App war nicht der Gamechanger der Pandemie. Keiner kann bisher genau sagen, wie viele Erkrankungen durch sie verhindert wurden.

    Andrew Ullmann, FDP-Politiker

    Die App habe aber auch einen Beitrag geleistet. "Sie hat vor allem angedeutet, was im Bereich der Digitalisierung im Gesundheitswesen machbar ist, wenn man den Willen hat und die Mittel dazu bereitstellt."
    Für SAP-Technikchef Jürgen Müller steht dagegen fest, dass die App zusammen mit anderen Tools maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die Menschen in Deutschland "die Pandemie gemeinsam gemeistert haben". Im Netzwerk LinkedIn schrieb er:

    Für mich ist (die Corona-Warn-App) ein weiterer Beweis dafür, dass Technologie allen zugute kommt.

    Jürgen Müller, SAP

    Warum wird die App nun in den "Schlafmodus" versetzt?

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte, ein aktiver Weiterbetrieb ergebe keinen Sinn "bei der geringen Inzidenz, die wir zurzeit haben". Außerdem gebe es eine hohe Bevölkerungsimmunität, so dass die Krankheit nicht mehr so schwer verlaufe. Der Minister appelliert aber an die User, die App nicht von ihren Smartphones zu löschen.

    Es kann sehr gut sein, dass wir sie für Covid wieder nutzen müssen. Es kann aber auch sein, dass wir sie weiterentwickeln für andere Infektionskrankheiten.

    Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister

    Welche neuen Gefahren drohen denn?

    Dass eine neue Pandemie bevorsteht, ist aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht nur eine Frage der Zeit, sondern auch der Vorbereitung. Deshalb hat die UN-Gesundheitsbehörde in Genf eine Reihe von Krankheiten besonders im Auge, die entweder das größte Potenzial für Epidemien oder gar Pandemien haben oder für die noch keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen wurden. Darunter sind bekannte Namen wie:
    • Ebola
    • Zika
    • Covid-19
    • Lassafieber
    • Atemwegserkrankungen MERS-CoV und SARS
    • Krim-Kongo-Fieber und das Rifttalfieber, bei denen Blutungen auftreten können
    • Nipah-Virus, das Gehirnhautentzündung verursachen kann
    Ganz unten auf der Liste steht der ominöse Eintrag "Krankheit X". Damit ist eine Erkrankung gemeint, die bislang nicht im Menschen beobachtet wurde und deshalb noch nicht als Pandemie-Kandidatin bekannt ist.
    Laut der WHO werden 60 Prozent aller neuen Infektionskrankheiten von Tieren zu Menschen übertragen. [Ursprung des Coronavirus: Marderhunde für die Pandemie verantwortlich?]
    Quelle: Christoph Dernbach und Albert Otti, dpa

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