Haftbefehle gegen Netanjahu, Galant und Hamas-Führer

    Internationaler Strafgerichtshof:Haftbefehle gegen Netanjahu und Hamas-Führer

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    Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehl gegen Regierungschef Netanjahu, Ex-Verteidigungsminister Galant und Hamas-Führer Deif erlassen. Es geht auch um Kriegsverbrechen.

    Völkerstrafrechtlerin Prof. Stefanie Bock bei ZDFheute live.
    Der internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehl gegen Israels Regierungschef Netanjahu erlassen. Wie er sich auswirken könnte, erklärt Völkerstrafrechtlerin Prof. Stefanie Bock.21.11.2024 | 8:06 min
    Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, seinen früheren Verteidigungsminister Joav Galant und Hamas-Führer Deif erlassen.
    Ihnen würden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, teilte der Gerichtshof mit. Auch gegen den Militärchef der islamistisch-terroristischen Palästinenserorganisation Hamas, Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri (genannt Deif), sei Haftbefehl erlassen worden.
    Die israelische Armee hatte Anfang August seinen Tod gemeldet. Israelische und palästinensische Behörden könnten jedoch nicht sicher feststellen, ob Deif getötet wurde oder noch lebt, heißt es in der Mitteilung.
    SGS Reichart
    Der Internationale Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl gegen den israelischen Regierungschef Netanjahu erlassen. ZDF-Reporter Thomas Reichart erklärt, was das bedeutet.21.11.2024 | 2:01 min
    Die Richter in Den Haag stimmten einem Antrag des Chefanklägers Karim Khan vom Mai zu. Khan hatte am 20. Mai Haftbefehle gegen Netanjahu, seinen damaligen Verteidigungsminister Galant sowie gegen drei Anführer der Hamas beantragt. Zwei von ihnen, der Hamas-Führer im Gazastreifen Jahia Sinwar, und der politische Hamas-Chef Ismail Hanija, wurden in den vergangenen Monaten von Israel getötet.

    Netanjahu: "Antisemitische Entscheidungen"

    Netanjahu bezeichnete die internationalen Haftbefehle gegen sich und Ex-Verteidigungsminister Galant laut seinem Büro als "antisemitische Entscheidungen" von "voreingenommenen Richtern".
    Die Opposition sehe das ähnlich, sagt Thomas Reichert, Leiter des ZDF-Studios in Tel Aviv. "Sie betonen, dass Israel sich gegen die Angriffe von Terrororganisationen verteidige."

    Die ersten Reaktionen zeigen, dass das ein schwerer Schlag für Israel ist. Die Empörung ist quer durch die Lager groß.

    Thomas Reichert, ZDF-Korrespondent

    Israel hatte zuvor Beschwerde gegen die Beantragung der Haftbefehle eingereicht. Diese wiesen die Richter zurück. Auch die USA als Israels wichtigster Verbündeter hatten sich gegen die Haftbefehle ausgesprochen. Andere Länder wie etwa Frankreich stärkten dem Strafgerichtshof dagegen den Rücken. 

    Was Netanjahu, Galant und Deif vorgeworfen wird

    Der Strafgerichtshof teilte mit, die Kammer habe hinreichende Gründe für die Annahme gefunden, dass Netanjahu und Galant jeweils als Mittäter strafrechtliche Verantwortung für mehrere Verbrechen tragen. Dazu zählten das Aushungern als Methode der Kriegsführung, Mord und Verfolgung.
    Familie in Gaza
    Internationale Experten warnen eindringlich vor einer bevorstehenden Hungersnot im Gazastreifen. Die WHO fordert schnelles Handeln, um Zugang zu humanitärer Hilfe zu ermöglichen.09.11.2024 | 0:19 min
    Die Kammer ist außerdem der Auffassung, dass beide der Zivilbevölkerung im Gazastreifen mindestens vom 8. Oktober 2023 bis zum 20. Mai 2024 vorsätzlich und wissentlich überlebenswichtige Güter vorenthalten haben, darunter Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und medizinische Hilfsgüter sowie Treibstoff und Strom. Netanjahu und Galant hätten die humanitäre Hilfe unter Verletzung des humanitären Völkerrechts behindert, schreibt der Strafgerichtshof.
    Zum Haftbefehl gegen Deif teilte der IStGH mit, als oberster Befehlshaber des militärischen Flügels der Hamas sei er verantwortlich für Verbrechen wie Mord, Ausrottung, Folter, Vergewaltigung und Geiselnahme gewesen. Diese Taten habe er teils selbst begangen, teils befohlen oder veranlasst.
    Der Strafgerichtshof sieht Deif als einen der Drahtzieher hinter dem Massaker vom 7. Oktober.



    Haftbefehl könnte Reisen erschweren

    Der IStGH hat keine eigene Polizei, um seine Haftbefehle durchzusetzen, er ist deshalb auf die Kooperation der 124 Mitgliedstaaten angewiesen. Sie sind theoretisch verpflichtet, die Gesuchten festzunehmen, sobald sie sich in ihrem Staatsgebiet aufhalten.
    Dies könnte Reisen von Netanjahu und Galant erschweren. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wies darauf hin, dass die Entscheidung des Strafgerichtshofs für alle Vertragsstaaten bindend sei, "also auch für alle EU-Mitgliedsstaaten".
    Brussels, Belgium, 13 November 2024: Borrell spricht vor dem Europäischen Parlament in Brüssel
    Der EU-Außenbeauftragte Borrell schlug angesichts der Menschenrechtsverletzungen vor, die Gespräche mit Israel auszusetzen. 15.11.2024 | 1:49 min

    ZDF-Korrespondent: "Riesiges Dilemma" für Deutschland

    Für Deutschland bedeuteten die Haftbefehle gegen israelische Politiker ein "riesiges Dilemma", erklärt ZDF-Korrespondent Reichert. Eigentlich müsse Netanjahu verhaftet werden, wenn er nach Deutschland kommt.

    Berlin ist aber der größte Unterstützer Israels neben den USA - und es ist schlecht vorstellbar, dass ausgerechnet in Deutschland ein Politiker aus Israel verhaftet würde.

    Thomas Reichert, ZDF-Korrespondent

    Die USA sind kein Mitglied des IStGH, dort müssen die Haftbefehle also nicht vollstreckt werden. Auch Israel erkennt den Strafgerichtshof nicht an. Die palästinensischen Gebiete sind dagegen Vertragsstaat. Bereits 2021 hatte das Gericht festgestellt, dass es auch für Gebiete zuständig sei, die seit 1967 von Israel besetzt sind.
    Der Krieg zwischen Israel und der Hamas war durch deren beispiellose Terror-Attacke auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem 1.160 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Von ihnen werden noch immer einige festgehalten, viele sind mutmaßlich tot.

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